Ex-Stars drücken die Daumen "Eine Riesenchance!"
14.08.2009, 18:03 UhrDeutschlands Leichtathletik-Helden vergangener Tage drücken den WM-Teilnehmern in Berlin die Daumen, in ihren Prognosen schwanken die Alt-Stars aber zwischen Skepsis und Zuversicht.

Der deutsche Zehnkämpfer Willi Holdorf beim Weitsprung bei den Olympischen Spielen von Tokio 1964. Er glaubt an bis zu sieben Mediallen bei der WM in Berlin für das deutsche Team.
(Foto: dpa)
"Die deutsche Mannschaft wird auf jeden Fall erfolgreicher sein als in Peking. Ich tippe auf fünf bis sieben Medaillen", sagte Willi Holdorf, Zehnkampf-Olympiasieger von 1964, in einer dpa-Umfrage. Für Dieter Baumann kommt die WM für das junge Team des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) zwei Jahre zu früh: "Ich glaube nicht, dass die Mannschaft schon so gesattelt ist", sagte der Goldmedaillengewinner über 5000 Meter von Barcelona 1992. Er rechne damit, "dass die Sportart aus dem Stimmungstief herausfindet".
"So schnell bekommt Deutschland keine Leichtathletik-WM mehr. Berlin ist eine Riesenchance, eine Riesenmotivation, ein Impuls für die Zukunft!", meinte Klaus Wolfermann, Speerwurf-Olympiasieger von 1972. "Der Heimvorteil reißt da sicher den einen oder anderen Athleten zusätzlich mit. Unserer WM-Mannschaft traue ich drei bis fünf Medaillen zu." Die ehemalige Weltklasse-Kugelstoßerin Astrid Kumbernuss sieht die deutsche Leichtathletik beim WM-Heimspiel gar am Scheideweg. "Bei Olympia in Peking haben wir den Tiefpunkt erlebt. Ein Jahr später können wir wieder einiges gerade rücken. Berlin - das ist die Chance!", erklärte die Olympiasiegerin und Weltmeisterin.
Hoffen auf Berlin
"Es war schon erschreckend, wie die Deutschen 2008 bei den Olympischen Spielen in Peking im Weltvergleich abgeschnitten haben. Die WM in Berlin ist nun Motivation für das ganze Team", betonte Renate Stecher, dreimalige Sprint-Olympiasiegerin und 1973 die erste Frau der Welt über 100 Meter unter 11 Sekunden. In den 20 Jahren seit der Wende habe sich die Leichtathletik hierzulande "nicht sehr weit entwickelt". Den DLV-Sprintern wünscht sie, "dass sie in Berlin ins Halbfinale kommen und sich dann vielleicht auch im Finale zeigen".

Klaus Wolfermann sieht Berlin als Riesenchance.
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Für den Laufbereich auf den Mittel- und Langstrecken sieht Baumann nach der Absage von Marathon-Ass Irina Mikitenko allerdings schwarz: "Ich hoffe, dass einer von unseren beiden 1500-Meter-Läufern Carsten Schlagen und Stefan Eberhardt ins Finale kommt. Das wäre schon hervorragend." Der Schwabe ist in Berlin für seinen langjährigen Ausrüster engagiert, aber auch die meisten anderen "Altstars" wie Holdorf und Heinz Fütterer (77) lassen sich die WM nicht entgehen. "Die deutsche Nationalmannschaft hat sich etwas gebessert, ist aber in den Läufen unheimlich schwach", sagte der "Weiße Blitz", der am 31. Oktober 1954 in Japan mit handgestoppten 10,2 Sekunden den Weltrekord von Jesse Owens über 100 Meter einstellte.

Für Astrid Kumbernuss steht die deutsche Leichtathletik am Scheideweg.
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"Wir haben gute junge Athleten. Vor der WM 1993 in Stuttgart habe ich auch nicht erwartet, dass es so gut läuft. Damals wurde der Erfolg zum Selbstläufer. Ich hoffe, dass es auch in Berlin so kommen wird", sagte Heide Rosendahl, die Olympia-Heldin von München 1972, deren Sohn Danny Ecker im Stabhochspringen die WM-Teilnahme verpasst hat.
Etwas kritischer sieht es der dreimalige Hürden-Europameister Harald Schmid. "Wo die deutsche Leichtathletik vor der WM steht? Das ist schwer zu sagen. Geht man nach der Weltbestenliste, steht sie nicht so gut da. Ein paar Lichtblicke wird es bei der WM aber mit Sicherheit geben", sagte der 51-Jährige aus Gelnhausen. "Wenn Christina Obergföll ihre Bestleistung zeigt. Wenn Sebastian Bayer tatsächlich so gut ist. Oder wenn Ariane Friedrich ihre Form nicht verliert."

Dieter Baumann ist skeptisch.
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Für den früheren Weltklasse Mittel- und Langstreckler Thomas Wessinghage scheint sich die olympische Kernsportart hierzulande im Aufwind zu befinden. "Bleibt zu hoffen, dass dieser Trend anhält und dann auch dauerhaft zu mehr Medienpräsenz führt." Ex-Zehnkämpfer Paul Meier, 1993 umjubelter WM-Dritter, meinte: "Ich finde, dass es viel Positives gibt. Ob es bei der WM richtig aufwärts gehen wird, hängt auch von der Stimmung in Berlin ab. Mir fallen heute spontan mehr deutsche Medaillenkandidaten ein als vor einem Jahr."
Quelle: ntv.de, Ulrike John und Ralf Jarkowski, dpa