Katharina Bauers besondere Story Erst der Defibrillator macht Olympia möglich
18.05.2021, 17:05 Uhr
4,70 Meter müssen her, um sich für Tokio zu qualifizieren.
(Foto: imago images/Beautiful Sports)
Katharina Bauer ist eine der besten deutschen Stabhochspringerinnen. Doch die Leichtathletin ist nicht nur wegen ihrer Leistungen eine außergewöhnliche Erscheinung. Sie tritt nämlich mit einem Defibrillator an. Es ist nicht die einzige Herausforderung, die die 30-Jährige gemeistert hat.
"Ich bin eine Kämpferin", sagt Katharina Bauer. Und wer ihre Geschichte kennt, weiß, dass das nicht einfach so dahergeredet ist. Mehrere Herz-Operationen, Trümmerbruch im Handgelenk, schlimmer Bandscheibenvorfall. Aber Bauer ist immer noch da, die Stabhochspringerin mit Defibrillator will sogar zu den Olympischen Spielen in Tokio (23. Juli bis 8. August). "Ich weiß, was ich durchgestanden habe", sagt Bauer: "Und ich weiß, dass ich stark bin."
In Bauers Leben geht es viel um Widrigkeiten und Rückschläge, aber noch mehr darum, niemals aufzugeben, die Hoffnung nicht zu verlieren und an seinen Träumen festzuhalten. Denn trotz allem "habe ich gemerkt, egal, was auch auf mich zukommen wird: Es geht immer weiter, man muss immer dranbleiben", sagt die 30-Jährige: "Und irgendwann kommt Tag X, an dem die Sonne scheint und du wieder lachen kannst."
Eine Höhe von 4,70 Meter muss Bauer für Olympia meistern, bei 4,65 Meter liegt die Bestleistung der deutschen Hallenmeisterin von 2018 - dabei ist Bauer seit Kindertagen herzkrank. "Als ich sieben Jahre alt war, wurde bei einer Untersuchung festgestellt, dass ich zusätzliche Herzschläge habe, etwa 5000 bis 7000 am Tag. Das war noch relativ ungefährlich, musste nur überwacht werden", sagt Bauer.
Die Eltern bremsen die kleine Katharina nicht, sie ermutigen sie. "Meine Mama hat immer zu mir gesagt: Du bekommst ganz viel Liebe, du bist gesund, und du bist wunderbar, so wie du bist. Sie haben mich immer unterstützt", sagt Bauer. Nach dem Abitur dann die erste Herz-OP. Acht Jahre später folgt der Schock. Bauer bewirbt sich 2016 bei der Bundeswehr, beim Gesundheits-Check stellt sich heraus, "dass die Anzahl der Extra-Herzschläge auf 18.000 angestiegen ist - was lebensbedrohlich ist", sagt Bauer. 2017 folgt die nächste OP, "um die Stellen im Herzmuskel, an denen die zusätzlichen Schläge entstehen, veröden zu lassen".
Der beste Tag ihres Lebens kommt noch
Ein halbes Jahr lang geht das gut, doch die Extra-Schläge steigen wieder dramatisch an, dennoch wird sie deutsche Meisterin. "Bei einem EKG wurde dann aber ein Schlag gefunden, der den plötzlichen Herztod auslösen kann. Das kann man nicht operieren, dieses Risiko ist immer da", sagt Bauer: "Man kann den Patienten nur absichern - und deswegen die Entscheidung für den Defibrillator."
Seit drei Jahren trägt Bauer ihren "Defi", ihren kleinen Lebensretter, unter der Haut, vier Jahre soll er noch halten, dann muss ein neuer her. Das Karriereende stand natürlich im Raum, doch Bauer biss sich durch. Wie nach dem Handbruch vor den Spielen in Rio. Oder nach dem Bandscheibenvorfall im Frühjahr 2019 ("Am Morgen wusste ich, dass gleich die Hölle anfängt"), als sie es doch noch zur WM nach Doha schaffte.
Die Qualifikation für Tokio soll Bauers sportliches Leben krönen, auch wenn es das Olympia, von dem sie als Kind träumte, wegen Corona nicht geben wird. "Das wissen wir alle. Und es hat wehgetan, das zu spüren und sich das ehrlich einzugestehen", sagt die 30-Jährige, die für den "letzten Kick" noch auf Fans bei den Wettkämpfen im Sommer hofft.
Sollte sie es dann wirklich nach Tokio schaffen, wäre es "ein magischer Moment, den ich nie vergessen würde", aber nicht der beste Tag ihres Lebens. Der soll noch kommen. Vielleicht wird es ihre "Hochzeit oder die Geburt meines ersten Kindes", sagt Bauer. Die Kämpferin will noch viel erleben.
Quelle: ntv.de, tsi/sid