Lachen und Scherzen der Favoriten F1-Schmusekurs in Sao Paulo
18.10.2007, 17:47 UhrSie feixten, lachten und scherzten: Vor dem spannenden WM-Finale gingen die beiden McLaren-Mercedes-Konkurrenten Lewis Hamilton und Fernando Alonso bestens gelaunt auf Schmusekurs. Der erwartete Schlagabtausch blieb aus und auch auf der Strecke soll es trotz der brisanten Ausgangslage sportlich hart, aber fair zugehen. "Keiner von uns beiden will einen Crash, wir wollen beide das Ziel erreichen", betonte Hamilton drei Tage vor dem Großen Preis von Brasilien.
Und Probleme wollen die beiden Rivalen auch nie gehabt haben. "Wir hatten von Beginn an ein gutes Verhältnis", sagte Titelverteidiger Alonso bei der offiziellen Formel-1-Pressekonferenz in Sao Paulo. WM-Spitzenreiter Hamilton ließ sich nicht lange bitten und spielte verbalen Doppelpass mit auf einmal recht zahmen Spanier: "Die Beziehung ist jetzt so gut wie sie immer war."
Von Angriffslaune war auch beim wortkargen Ferrari-Verfolger Kimi Räikkönen, der ebenfalls noch WM-Chancen hat, nichts zu spüren: "Ich versuche das Beste zu geben und zu gewinnen." Dem sonst stets unterkühlten "Iceman" huschte sogar das eine oder andere Lächeln übers Gesicht, und er scherzte mit seinem Nachbarn und Teamkollegen Felipe Massa.
So spaßig wie bei der Gute-Laune-Runde dürfte es spätestens bei der Qualifikation zum letzten und alles entscheidenden Rennen der Saison nicht mehr zugehen. "So ein Finale wie das jetzt in Brasilien ist schon ein Knaller", urteilte Renn-Rentner Michael Schumacher auf seiner Internetseite. "Ich kann mich noch gut an die Anspannung vor solchen Wochenenden erinnern, und ehrlich gesagt, bin ich ganz froh, dass ich das Rennen diesmal von der Couch zu Hause aus verfolgen kann", so der vor einem Jahr zurückgetretene Rekord-Champion.
Statt im Fernsehsessel würde Formel-1-Boss Bernie Ecclestone den früheren Superstar gern im Cockpit beim ersten Titel-Dreikampf seit über zwei Jahrzehnten erleben. "Ja, ich vermisse ihn und würde es lieben, ihn zurück in der Formel 1 zu sehen. Ganz besonders bei dem aktuellen WM-Stand", sagte der Brite.
Dieser WM-Stand spukt auch in den Köpfen der drei Titelanwärter herum. Der Engländer Hamilton führt mit 107 Punkten. Alonso ist Zweiter mit 103 Zählern vor Räikkönen (100). Die Rechenspiele reichen sogar bis zum möglichen ersten Punkte-Patt in der 57-jährigen Grand- Prix-Geschichte. "Zuvor ist man zu den Rennen gegangen und wollte halt seinen Job machen. Nun konzentriert man sich darauf, wie viel Punkte man braucht. Es ist dieser Titel-Gedanke", konstatierte Alonso, der seine beiden Triumphe 2005 und 2006 auf dem Kurs in Interlagos unter Dach und Fach gebracht hatte.
"In den vergangenen beiden Jahren lag ich auch vorher vorne, diesmal bin ich hinten, das ist der größte Unterschied", räumte der Asturier allerdings ein. Er hoffe aber, "meinen guten Erinnerungen eine weitere hinzufügen. Ich liebe diesen Ort." Alonso, der auch den Sonderbeobachter in der Silberpfeil-Box für nicht notwendig erachtet, schwärmt für die Buckelpiste, der schärfste Konkurrent Hamilton kennt sie nicht. Nach der Pressekonferenz ging er den mit einer neuen Asphaltdecke präparierten Kurs zum Kennenlernen ab. Von Anspannung aber auch bei dem 22-Jährigen nach eigener Aussage keine Spur. "Ich fühle mich frisch, entspannter als vor dem vergangenen Rennen", betonte der Brite, der als erster Neuling in seinem ersten Jahr gleich zum Titel rasen kann.
Gewinnt er in Sao Paulo, ist ihm dieser Rekord und der als jüngster Champion sicher. Wird er Zweiter ebenfalls. Bei einem dritten Rang dürfte Alonso nicht über den zweiten Platz hinauskommen. Der Triumph am Ende einer spektakulären Saison mit Spionage-Affäre, Rekord-Geldstrafe und Machtkämpfen um die Vorherrschaft im eigenen Team mit Alonso, bedeute ihm auch mit Blick auf seine englische Heimat sehr viel. "Ich bin stolz, in so einer Position für das Land zu sein, ich hoffe sehr, dass ich gewinne", sagte Hamilton.
Das will das Ferrari-Duo verhindern. Räikkönen kam in Brasilien bereits drei Mal auf den zweiten Rang. Im Vorjahr triumphiert Kollege Massa in seiner Heimatstadt. Im dramatischen Dreikampf könnte der Nebendarsteller eine gewichtige Rolle übernehmen als Puffer zwischen Räikkönen und den silbernen Rivalen. Denn oberste Priorität hat auch für Massa der Titelgewinn eines Ferrari-Piloten, nachdem die Italiener wegen der Disqualifikation von McLaren-Mercedes infolge der Spionage-Affäre als Team-Weltmeister feststehen: "Natürlich wäre ich glücklich, wenn mein Team auch diesen WM-Titel gewinnt."
Von Jens Marx, dpa
Quelle: ntv.de