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UCI-Kuhhandel mit Kalbsfleisch Fall Contador wird zum Skandal

Lügen, dubiose Machenschaften und ein fauler Kompromiss: Der Dopingfall Alberto Contador zieht immer weitere Kreise und bringt den Radsport-Weltverband schwer unter Beschuss. Der agiert, da ohnehin alle Glaubwürdigkeit verspielt ist, gänzlich ungeniert und will den Spanier angeblich nicht zwei Jahre, sondern nur drei Monate sperren.

Alberto Contador wäre nicht der erste dpoende Radstar, der vom Radsport-Weltverband UCI nichts zu befürchten hat.

Alberto Contador wäre nicht der erste dpoende Radstar, der vom Radsport-Weltverband UCI nichts zu befürchten hat.

(Foto: dapd)

Der Rad-Weltverband UCI will die Affäre Contador schnell abhaken und den Spanier offenbar nur für drei Monate aus dem Verkehr ziehen. Wie die spanische Zeitung "El Pais" berichtet, soll die UCI mit dem dreimaligen Toursieger bereits Ende August diesen faulen Kompromiss ausgehandelt haben. Demnach habe es bei einem Treffen in Puertollano kurz nach dem Ergebnis der positiven Dopingprobe eine Verständigung beider Seiten auf eine dreimonatige Sperre gegeben. Voraussetzung sei gewesen, dass Contador eine vorläufige Sperre akzeptiere.

Contador behauptet nun sogar, der Weltverband hätte ihn zur Verschwiegenheit gedrängt. "Die UCI bat mich, niemandem etwas zu erzählen. Alles hatte den Anschein, dass alles in Ordnung ist und eine interne Lösung gefunden wird", sagte Contador dem dänischen Fernsehen TV2. Deshalb habe er auch seinen künftigen Teamchef Bjarne Riis nicht über den Dopingfund informiert, was er inzwischen bedauere. Auch wenn die diskrete Lösung wegen undichter Stellen scheiterte, Contadors neue Aussagen kaum glaubwürdiger sind als seine Erklärung für den Dopingbefund und es inzwischen sogar Indizien geben soll, die auf Eigenblut-Doping des Spaniers hindeuten, scheint Contador relativ unbeschadet aus dem Fall herauszukommen. "Es wird keinen Fall Contador geben. In einigen Tagen legen wir die Angelegenheit zu den Akten", soll UCI-Präsident Pat McQuaid am Rande der WM im australischen Geelong zu Vertrauensleuten gesagt und einen Zeitraum von "acht bis zehn Tagen" genannt haben.

Direkt mit den schweren Vorwürfen konfrontiert, wird der sonst so gesprächige Ire wortkarg. "Ich werde mich zu Contador nicht mehr äußern", sagte McQuaid dem SID und verwies auf das laufende Verfahren. Trifft die Meldung vom Kuhhandel aber zu, hätte der Skandal eine neue Qualität erreicht.

Vertuschen statt aufklären

Ein trauriges Bild hat die UCI in den letzten Tagen ohnehin abgegeben. Erst wurde der positive Dopingfall über einen Monat geheimgehalten, obwohl die B-Probe ausgewertet war. Dann gab es eine Mitteilung, in der das Kölner WADA-Labor wegen seines ausgefeilten Testverfahrens fast schon getadelt wurde. Und schließlich plaudert Contador auf einer Pressekonferenz munter aus, dass auch die medizinische Kommission der UCI eine Nahrungsmittelverunreinigung für wahrscheinlich halte.

Sollte es nun tatsächlich nur zu einer dreimonatigen Sperre kommen, würde Contador dies überhaupt nicht treffen, da diese Ende November ausliefe und er seine Saison längst beendet hat. Zugleich wären mit einem entsprechenden Urteil auch die juristischen Hindernisse aus dem Weg geräumt, da Contador in A- und B-Probe positiv getestet worden war und somit ein Freispruch für die UCI schwer zu vermitteln ist.

Bei der Dopingkontrolle am 21. Juli sollen auch Weichmacher in Contadors Probe gefunden worden sein. Ein Indiz für Blutdoping?

Bei der Dopingkontrolle am 21. Juli sollen auch Weichmacher in Contadors Probe gefunden worden sein. Ein Indiz für Blutdoping?

(Foto: Reuters)

Der kleine Madrilene war am zweiten Ruhetag der Tour de France positiv auf Clenbuterol getestet worden. Contador hatte dies auf kontaminiertes Fleisch zurückgeführt und auf die geringe Konzentration des Kälbermastmittels in seiner Urinprobe verwiesen. Doch hinter dem scheinbar harmlosen Dopingfall könnte viel mehr stecken. Erst am Freitag hatte die französische Sporttageszeitung "L'Equipe" davon berichtet, dass die Wissenschaftler in Köln bei der Analyse von Contadors Probe auch Rückstande von kunststoffähnlichen Resten gefunden haben, wie sie nach Bluttransfusionen häufig festzustellen sind. Diese Spuren von Weichmachern könnten von einem Plastikbeutel mit Eigenblut stammen, das wiederum noch Spuren von Clenbuterol aufwies. Dies wäre eine mögliche Erklärung für Contadors positiven Dopingbefund.

Wada hält sich noch bedeckt

Fraglich ist, wie die Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) sich bei einem freispruchähnlichen Urteil verhält. Die geringe Menge an Clenbuterol ist für sie kein Grund für einen laschen Umgang mit dem Fall. "Es heißt nicht, dass nicht betrogen wurde", betonte Wada-Generaldirektor David Howman. Da es keine Grenzwerte für Clenbuterol, aber positive A- und B-Proben von Contador gibt, liegt für die Wada eindeutig ein Dopingfall vor, der eine zweijährige Sperre nach sich ziehen muss.

Laut "El Pais" hatte die UCI ursprünglich geplant, den Fall diskret zu lösen. Bereits am 24. August hatte Contador Kenntnis von seiner positiven A- und B-Probe erhalten. Eine Mitteilung an die Öffentlichkeit, wie es sonst üblich ist, war aber ausgeblieben. Erst als die ARD nach eigenen Recherchen Wind von der Angelegenheit bekommen hatte, wurde der Fall in einer Nacht- und Nebelaktion publik gemacht. Contador hatte dennoch ausreichend Zeit, sich für den Fall der Fälle seine Verteidigungsstrategie samt passender Geschichte zurechtzulegen. Die allerdings wird von namhaften Experten angezweifelt.

Im Dopingfall Alberto Contador besteht akute Verdunkelungsgefahr durch den Radsport-Weltverband UCI.

Im Dopingfall Alberto Contador besteht akute Verdunkelungsgefahr durch den Radsport-Weltverband UCI.

(Foto: AP)

Arge Zweifel bestehen auch an der Seriösität der UCI, die sich durch ihr fragwürdiges Vorgehen im Fall Contador erneut massiven Vertuschungs-Vorwürfe ausgesetzt sieht. Erst im Mai hatte Floyd Landis behauptet, dass Lance Armstrong einst ein "finanzielles Abkommen" mit dem damaligen UCI-Chef Hein Verbruggen getroffen habe, um einen positiven Test verschwinden zu lassen. Daraufhin musste die UCI einräumen, zwei Spenden von 100.000 und 25.000 Dollar erhalten zu haben. Transparenz bleibt für den Radsport-Weltverband dennoch ein Fremdwort.

In Spanien sollen sich inzwischen auch schon die Behörden für den Fall interessieren und Ermittlungen aufgenommen haben. Diese wollen aber lediglich den Ursprung des Kalbsfleisches herausfinden, das Contador den Kuhhandel mit der UCI ermöglichte.

Quelle: ntv.de, cwo/sid/dpa

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