Sport

Lob und Zweifel im Sportausschuss Fall Pechstein sorgt für Aufregung

Dass Eisschnellläuferin Claudia Pechstein keine Sportförderung mehr bekommt, finden die Vertreter im Bundestag-Sportausschuss mehrheitlich gut. Gleichzeitig ist aber auch gewachsenes Verständnis für die Situation der Athletin spürbar, die viele Wissenschaftler nicht für eine Doperin halten.

Claudia Pechstein bei ihrer Comeback-Pressekonferenz am 8. Februar 2011 in Berlin.

Claudia Pechstein bei ihrer Comeback-Pressekonferenz am 8. Februar 2011 in Berlin.

(Foto: REUTERS)

Bundesinnenminister Thomas de Maiziere hat für den Ausschluss von Claudia Pechstein aus der Sportförderung des Bundes viel Lob erhalten - Pechsteins Manager Ralf Grengel reagierte mit bissigen Kommentaren verärgert über Aussagen einiger Politiker. Der Fall Pechstein sorgte im Sportausschuss des Deutschen Bundestages für helle Aufregung.

Zunächst hatten Sportpolitiker von CDU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen die Entscheidung von de Maiziere unterstützt, die Eisschnellläuferin nach Ablauf ihrer Sperre nicht mehr in die Fördergruppe aufzunehmen. Lediglich die Linken forderten einen Sonderstatus für die 38-Jährige und die Rückkehr in die Förderung. "Ich will ausdrücklich die Entscheidung des Ministers begrüße"', sagte Winfried Herrmann von den Grünen. Pechstein sei ihrem Dienstherrn in den letzten zwei Jahren auf der Nase herumgetanzt und habe die nötige Treue und Loyalität vermissen lassen. Der Sportausschuss folge den Urteilen der Sportgerichte und könne keine Glaubensgemeinschaft nach dem Motto sein: "Claudia, wir glauben Dir!"

"Erwarte ich, dass sie zum Dienst antritt"

Pechstein will ihre Affäre bis zu den Olympischen Spielen 2014 fortsetzen.

Pechstein will ihre Affäre bis zu den Olympischen Spielen 2014 fortsetzen.

(Foto: dapd)

De Maiziere hatte festgelegt, Pechstein müsse nach Ende ihres Urlaubs am 11. März wieder den Dienst bei der Bundespolizei antreten: 'Sie bekommt eine letztmalige Chance, zum Dienst anzutreten. Der Jahresurlaub endet nach der WM, und danach gibt es auch keinen Urlaub mehr. Dann erwarte ich, dass sie zum Dienst antritt." Die fünfmalige Olympiasiegerin will jedoch ihre sportliche Karriere über diesen Winter hinaus fortsetzen. Das hatte sie am Dienstag auf einer Pressekonferenz anlässlich des Endes ihrer Zweijahresperre noch einmal ausdrücklich betont.

Auch Klaus Riegert (CDU) schloss sich dem Lob für die BMI-Entscheidung an. "Der Dienstherr war langmütig und nicht kleinkariert." Die Entscheidung sei nachvollziehbar. Dennoch müsse man auch die menschliche Komponente beachten. "Pechsteins verzweifelten Versuch vor den Gerichten zeigen, dass sie sich in einer Sackgasse verrannt hat." Allerdings zeigte Riegert auch Verständnis für Pechstein: "Ich habe kein gutes Gefühl und würde öffentlich das Urteil gegen Claudia Pechstein nicht verteidigen." Wenn Pechstein ihre letzten rechtlichen Chancen wahrnehme und Recht bekomme, "wäre uns allen sehr viel wohler", meinte er.

Martin Gerster von der SPD lobte ebenfalls die Haltung des BMI, hätte sich aber ein früheres Eingreifen gewünscht: "Ich habe gehört, Pechstein sei seit zwei Jahren nicht im Dienst gewesen, hat hohe Ausfallzeiten. Da wäre es richtig gewesen, früher einzugreifen."

Petermann zweifelt Grengel empört sich

Widerspruch kam von FDP und Linken, die aufgrund medizinischer Gutachten mehr Verständnis für Pechstein forderten. Jens Petermann von der Linken bezeichnete die Urteile im Fall Pechstein als "sehr fragwürdig" und forderte einen Sonderstatus für sie in Sachen Förderung. "Die Forderung nach einer politischen Rehabilitierung Pechsteins halte ich für unprofessionell", konterte Grünen-Politiker Winfried Hermann: "Das wäre ein völlig unangemessener Eingriff in das System."

Pechsteins Manager Ralf Grengel, der wie Gerd Heinze, der Präsident der Deutschen Eisschnelllauf-Gemeinschaft DESG, die Aussprache von der Gästetribüne verfolgte, zeigte sich verwundert. "Ich bin bestürzt, wie ahnungslos einige Ausschuss-Mitglieder in einem Fall sind, der weltweit Beachtung gefunden hat." Er griff Grünen-Politikerin Viola von Cramon-Taubadel an, die behauptet hatte, Pechstein habe die gebotenen Möglichkeiten zu medizinischen Untersuchungen nicht genutzt.

Hämatologen zweifeln Urteil an

"Ich verstehe, dass man das System nicht grundsätzlich infrage stellen kann. Aber man kann akzeptieren, was weltweit anerkannte Hämatologen nachgewiesen haben", sagte Grengel und fügte hinzu: "Der Schutz des Systems steht über dem Schutz der Athleten, auch wenn es Deutschlands erfolgreichste Wintersportlerin ist."

Am Dienstag hatte der Münchner Hämatologe Stefan Eber an der Pechstein-Pk teilgenommen und erklärt, die Eisschnellläuferin leide an einem seltenen Membrandefekt der roten Blutkörperchen (zum Gutachten als pdf). Durch diese erblich bedingte Blutanomalie, eine Xerozytose, steige die Zahl der Retikulozyten in ihrem Blut, was von der ISU fälschlicherweise und mit durchaus fragwürdiger Beweisführung auf Doping zurückgeführt worden war.

Auf einer Pressekonferenz im März 2010 war Pechstein schon einmal von Wissenschaftlern entlastet worden, damals wurde eine Sphärozytose diagnostiziert. Titel der Veranstaltung: "Der Fall Pechstein - aus medizinischer Sicht geklärt".

Quelle: ntv.de, cwo/dpa/sid

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