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Wüsten-Showdown in Dubai "Faules Genie" will Carlsen WM-Krone klauen

Magnus Carlsen macht sich Notizen.

Magnus Carlsen macht sich Notizen.

(Foto: imago images/ANP)

Magnus Carlsen gegen Jan Nepomnjaschtschi: Der große Kampf um die WM-Krone im Schach beginnt am Freitag. Die Vorbereitung führt die Kontrahenten auch nach Deutschland. Den einen zum BVB, den anderen zu Bayern München. Experten erwarten einen der spektakulärsten WM-Kämpfe der Geschichte.

Für diese Gelegenheit unterbrach Magnus Carlsen sogar seine ihm heilige Vorbereitung. Stolz posierte der Schachweltmeister mit seinem norwegischen Landsmann und Fußballstar Erling Haaland für die Kameras, der Ausflug ins Dortmunder Westfalenstadion diente vor den Titelkämpfen in Dubai als wohltuende Ablenkung. Ab Freitag verteidigt Carlsen gegen den Herausforderer Jan Nepomnjaschtschi, der Teile seiner Vorbereitung beim FC Bayern München absolvierte, die WM-Krone - das Duell verspricht Spektakel. Das "faule Genie" will Carlsen vom Thron stoßen.

Wenn bei dem mit zwei Millionen Euro dotierten Turnier Bauern, Pferde und Türme ins Gefecht geschickt werden, dann blüht die Rivalität der beiden Kontrahenten wieder auf. Bereits in ihrer Kindheit lieferten sich Carlsen und Nepomnjaschtschi epische Schach-Schlachten - mit dem besseren Ausgang für den heute 31 Jahre alten Russen. Ein Sieg, vier Niederlagen, sechs Remis: Die Bilanz gegen den Weltranglistenfünften ist Carlsens schlechteste gegen einen Topspieler. Erst vor zwei Jahren gelang dem heute 30-Jährigen in Zagreb der erste Erfolg über Nepomnjaschtschi, der sich im April beim Kandidatenturnier in Jekaterinburg durchgesetzt hatte. "Er ist einer derjenigen, die mich überspielen können", sagte Carlsen damals anerkennend.

"Derjenige, der sich nicht erinnert"

Wohlwissend, dass er seinem Herausforderer höchstpersönlich tiefe Einblicke in sein Spiel gewährte. Bevor sich Carlsen vor acht Jahren gegen den Inder Viswanathan Anand erstmals zum Weltmeister krönte, gehörte Nepomnjaschtschi zwischen 2011 und 2013 zu seinen Sekundanten. Gemeinsam tüftelten sie an neuen Stellungen und Zügen, das Verhältnis gilt bis heute als freundschaftlich. In Dubai wird die Beziehung jedoch vorübergehend auf Eis gelegt. Bis zu 14 Partien mit klassischer Bedenkzeit könnten absolviert werden - und damit zwei mehr als seit 2006 üblich.

Nepomnjaschtschi, "der sich nicht erinnert", fordert Carlsen heraus.

Nepomnjaschtschi, "der sich nicht erinnert", fordert Carlsen heraus.

(Foto: imago images/ITAR-TASS)

Bei Gleichstand würden vier Schnellschach-Tiebreaks folgen, in denen sich Carlsen bei den letzten beiden WM-Kämpfen gegen den Russen Sergej Karjakin (2016) und den US-Amerikaner Fabiano Caruana (2018) mühelos durchgesetzt hatte. Die schnelle Variante gehört zu Carlsens großen Stärken. In der letzten regulären Partie gegen Caruana gab er sogar eine bessere Stellung auf, um nach dem zwölften Unentschieden im zwölften Spiel den Tiebreak zu erzwingen. Doch auch Nepomnjaschtschi, dessen Nachname übersetzt so viel wie "derjenige, der sich nicht erinnert" bedeutet, kombiniert rasend schnell.

Vorbereitet hat sich der Russe beim FC Bayern München. In der Basketball-Abteilung. Dabei ging es insbesondere um Fitness und Ausdauer, die für ein solch langes Duell unabdingbar sind. Nepomnjaschtschi bekam zum Schluss sogar noch ein Trikot mit seinem Namen, immerhin 16 Buchstaben, und der Nummer 90 für sein Geburtsjahr geschenkt. "Ich bin auf angenehme Weise geschockt von der Gastfreundschaft und der Anteilnahme all derjenigen, die mich hier empfangen haben", sagte er zum Abschied.

Vater fällt vom Dach

Trotz Carlsens verblüffender Dominanz erwarten viele Experten eines der wohl spektakulärsten WM-Duelle der vergangenen Jahre. "Entweder wird der Wettkampf ganz knapp entschieden oder er geht unentschieden aus", sagte Ullrich Krause, Präsident des Deutschen Schachbunds (DSB): "Im Schnellschach sollte es dann aber eine Entscheidung geben. Ich würde sagen, dass die Chancen 60/40 für Carlsen stehen." Die monatelange Vorbereitung des Titelträgers wurde auf der Zielgeraden jedoch empfindlich gestört. Vater Henrik Carlsen stürzte vor wenigen Tagen in der Heimat vom Dach und verletzte sich dabei am Knöchel.

Das wichtigste Teammitglied des Dauer-Siegers wird seinen Sohn trotzdem vor Ort unterstützen. Wer Carlsen neben seinem Edelhelfer zur Seite steht, verriet er wie gewohnt nicht. Auch Nepomnjaschtschi, der das Schachspielen mit vier Jahren erlernte und von Krause liebevoll ein "faules Genie" genannt wird, hielt sich bedeckt. Krause geht davon aus, dass "es nicht viele sind. Vielleicht zwei oder drei Spieler. Denn das Thema der Sekundanten gehört zu den bestgehüteten Geheimnissen in der Schachwelt".

Quelle: ntv.de, sue/sid

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