WM-Kapitänin Birgit Prinz Superstar ohne Allüren
20.06.2011, 16:31 UhrSie hält so ziemlich jeden Rekord im Frauenfußball, ihre Trophäensammlung passt in keine Vitrine und um ein Haar wäre sie die erste Frau im bezahlten Männerfußball gewesen. Bei ihrem letzten großen Turnier droht ihr nun die Bank. Doch Birgit Prinz bleibt gelassen.
Birgit Prinz ist eine Ikone des Frauenfußballs. So etwas wie der Franz Beckenbauer der Damen. Nein, Gerd Müller trifft es besser. Am ehesten vielleicht eine Kreuzung aus "Kaiser" und "Bomber": Sagen wir, sie ist der weibliche Franz Müller.
Ihr erstes Länderspiel machte Prinz 1994. Damals war sie noch für den FSV Frankfurt aktiv und wurde beim Länderspiel in Kanada im zarten Alter von 16 Jahren eingewechselt. Das war in der 72. Minute, nur 17 Minuten später erzielte die Mittelstürmerin den Siegtreffer für die DFB-Frauen. Der Startschuss zu einer steilen Karriere. Abgesehen von einem kurzen Gastspiel in den USA, wo sie für Carolina Courage in 15 Partien zwölf Buden machte, war die 33-Jährige immer in ihrer hessischen Heimat aktiv. Für den FSV und den 1. FFC Frankfurt mischte sie die Bundesliga auf – eine überragende Quote von 266 Toren in 244 Spielen spricht für ihre Bomber-Qualitäten.
"Birgit Prinz hat einen tollen Körper"
Die sagenhafte Treffsicherheit blieb auch der Männerwelt nicht verborgen: Lauciano Gaucci, exzentrischer Präsident des italienischen Profiklubs AC Perugia, versuchte 2003 tatsächlich, die damalige Weltfußballerin für sein Herrenteam zu verpflichten. "Birgit Prinz sieht gut aus, hat einen tollen Körper und als Fußballerin ist sie sehr tüchtig", gab sich Gaucci begeistert. Prinz fühlte sich geehrt, winkte aber ab: "Die Vergleiche zwischen mir und männlichen Weltklassespielern sind zwar schmeichelhaft, treffen aber, wie ich glaube, nicht die Realität", gab sich Prinz bescheiden.
  Für den 1. FFC Frankfurt traf Prinz in der Bundesliga 181-mal in 150 Spielen.
(Foto: picture alliance / dpa)
Nicht zuletzt diese Anekdote macht Birgit Prinz zur Lichtgestalt des Frauenfußballs. Sie ist eine Frau der Superlative. Neben ihrer unerreichten Torquote ist sie Rekordnationalspielerin und traf mit dem Adler auf der Brust in 212 Begegnungen 128-mal ins Schwarze. Prinz ist außerdem Doppelweltmeisterin, fünffache Europameisterin und dreifache Medaillengewinnerin bei Olympia. Mit ihren Klubs holte sie neun Deutsche Meisterschaften, zehnmal den DFB-Pokal und dreimal den UEFA-Cup. Ganz nebenbei ist die Spielführerin der Nationalmannschaft zweifache Weltfußballerin. Von dieser Trophäensammlung träumt selbst der Kaiser.
"Ich mache mich nicht verrückt"
Doch wie Jogi Löw setzt auch Bundestrainerin Silvia Neid zu allererst auf das Leistungsprinzip. Und genau deshalb droht Prinz bei der Weltmeisterschaft im eigenen Land ein schweres Los. Nach einer Bänderdehnung wusste Prinz zuletzt nicht mit gewohnten Leistungen zu überzeugen. Die deutsche Senkrechtstarterin Alexandra Popp sprang für ihre Spielführerin in die Bresche und schoss Norwegen mit einem Doppelpack im Alleingang ab. Nun droht Prinz die Bank, weil auch sie nicht mehr die Jüngste ist und Deutschland offenbar große Talente in der Hinterhand hat.
Doch Prinz wäre nicht Prinz, wenn Silvia Neid nun ein Fall "Ballack" drohen würde. Die Spielführerin sieht im Gegensatz zu ihrem männlichen Ex-Kollegen ein, dass das Team inzwischen auch ohne sie zurecht kommt. Prinz hat die Zeichen richtig gedeutet und bereits vor Monaten ihr internationales Karriereende nach der Weltmeisterschaft angekündigt. Ob Prinz nun in der Startelf steht oder nicht – zum Abschluss soll im DFB-Dress auf jeden Fall ihr persönliches WM-Triple her. Natürlich wolle "jede spielen, das ist doch klar", sagt Prinz. Doch sie bleibt gelassen: "Ich mache mich nicht verrückt."
Nachdem ihr Wechsel nach Perugia nicht zustande kam, weil sie befürchtete, nur aus PR-Gründen verpflichtet zu werden, sagte Prinz: "Wenn ich wegen meiner guten Leistungen auf dem Fußballplatz im Mittelpunkt stehe, dann kann ich damit prima leben und umgehen. Aber nur zum Glamour-Girl eigne ich mich nicht so besonders." Prinz weiß, wer sie ist. Sie ist weder Glamorgirl noch Kaiser, kein Bomber, und schon gar nicht Franz Müller. Birgit Prinz ist Birgit Prinz. Und das ist auch gut so.
Quelle: ntv.de