100. DFB-Länderspiel - na und? Angerer, die Tiefenentspannte
30.06.2011, 14:37 Uhr
Fast immer mit Mütze, nur nicht im Tor: DFB-Keeperin Nadine Angerer.
(Foto: dpa)
Sie ist locker und extrem ehrgeizig zugleich, hasst Gegentore und trägt fast immer eine Mütze. Wenn die deutschen Fußballerinnen heute bei der WM gegen Nigeria spielen, tun sie das zum hundertsten Mal mit Nadine Angerer im Tor. Die Jubilarin will von großem Bohei aber nichts wissen. Lieber bleibt sie ohne Gegentor.
Nadine Angerer nimmt’s locker. "Das wusste ich gar nicht", sagt sie und lächelt, als wisse sie: Es gibt Wichtigeres. Aber da sie nun mal bei der Fußball-Weltmeisterschaft mitspielt, bekommt sie für ihr Jubiläum besonders viel Aufmerksamkeit. 44.825 Zuschauer werden heute Stadion dabei sein, wenn das deutsche Nationalteam ab 20.45 Uhr (im n-tv.de Liveticker) gegen Afrikameister Nigeria sein zweites Gruppenspiel absolviert. Und im Tor steht Nadine Angerer. Zum hundertsten Mal seit ihrem Debüt 1996. "Ja. Schön. Hat aber keine besondere Bedeutung."
Dabei ist es ein schöner Zufall, dass das Spiel in Frankfurt stattfindet, der Stadt, in der sie lebt und seit zwei Jahren für den FFC Fußball spielt. Und Nadine Angerer, die sich außerhalb des Spielfeldes selten ohne Mütze sehen lässt ("Ich besitze ein Dutzend") und Natze genannt wird "seitdem ich denken kann", räumt dann auch ein: "Insofern freue ich mich."
Und immerhin bringen es bisher nur drei Spielerinnen im WM-Kader auf mehr Partien: Kerstin Garefrekes (127), Ariane Hingst (173) und natürlich Kapitänin Birgit Prinz, die mit ihren 213 Länderspielen wohl jetzt schon einen Rekord für die Ewigkeit aufgestellt hat. Das wird auch Nadine Angerer nicht mehr schaffen – obwohl sie schon seit 15 Jahren zum Kreis der Besten gehört. Doch zehn lange Jahre war sie nur die zweitbeste.
"Wenn sie ausfällt, haben wir ein Problem"

Nach sechs Turnieren als Nr. 2 ist Angerer inzwischen unumstrittene Stammkraft im DFB-Tor.
(Foto: dpa)
Im Tor stand Silke Rottenberg, und zwar so sicher, dass Nadine Angerer bereits überlegte, ob sie das mit der internationalen Karriere nicht lieber lassen solle. Zwar war hatte sie von sechs großen Turnieren jeweils eine Medaille nach Hause gebracht, allerdings keine Minute gespielt. Ein klarer Hinweis darauf, dass niemand ihre Tiefenentspannung mit fehlendem Ehrgeiz verwechseln sollte. Doch vor der WM 2007 in China verletzte sich die Konkurrentin, ein Kreuzbandriss.
Und Nadine Angerer nutzte ihre Chance, wie sie sie besser nicht hätte nutzen können. Sie blieb das ganze Turnier über ohne Gegentor. Das hatte vor ihr noch keine Frau und auch kein Mann geschafft. Im Endspiel hielt sie sogar einen Elfmeter der Brasilianerin Marta. Deutschland war Weltmeister und sie wurde zur besten Torhüterin des Turniers gewählt.
"Sie ist absolute Weltklasse"
Wie wichtig Nadine Angerer für die Mannschaft ist, hatte Bundestrainerin Silvia Neid vor der WM noch einmal betont: "Sie ist absolute Weltklasse. Wenn sie ausfällt, haben wir ein Problem." Das mit dem Zu-Null-Rekord hatte sich zwar gleich im Eröffnungsspiel gegen Kanada erledigt, als Christine Sinclair im ausverkauften Berliner Olympiastadion zum 1:2 traf. Aber es war nicht ihr Fehler. Aber froh, dass sie jetzt nicht mehr ständig danach gefragt wird, ist sie auch nicht.

Gegen Kanada riss Angerers Serie von sechs WM-Spielen ohne Gegentreffer. "Schön blöd" findet sie das.
(Foto: AP)
Völlig abwegig findet sie auch die Frage, ob es nicht schön sei, dass der Druck jetzt weg ist. "Blöde Frage, tschuldigung. Schön blöd, dass ich den Gegentreffer bekommen habe." Denn dadurch sei es noch mal unnötig spannend geworden. Sagt die Mannschaftssportlerin die mal über sich gesagt hat, dass sie nichts mehr hasst als ein Tor zu kassieren.
Aber es gibt für sie Wichtigeres als ihre persönlichen Rekorde. Zum Beispiel ein Sieg heute Abend gegen Nigeria in Frankfurt. Und das möglichst ohne Gegentreffer. Wäre ja auch wirklich blöd, so zu ihrem Jubiläum.
Quelle: ntv.de