Episches WM-Drama im Viertelfinale USA ringen Brasilien nieder
10.07.2011, 20:30 Uhr
US-Star Abby Wambach erzwang mit ihrem Ausgleich in der 122. Minute das Elfmeterschießen gegen Brasilien - und sorgte so dafür, dass das WM-Halbfinal-Abo der USA verlängert wurde.
(Foto: AP)
Das Viertelfinale zwischen den WM-Favoriten USA und Brasilien ist beste Fußballwerbung. Die packende Partie bietet das erste Turnier-Eigentor, einen Doppelschlag der Weltfußballerin, irreguläre Strafstöße, ein unglaubliches Ausgleichstor samt Elfmeterdrama zum Schluss, einen tragischen Pechvogel - und ein Happy End für das eigentlich schon geschlagene Team.
Zwei Tore von Star-Fußballerin waren Marta zu wenig: Die USA haben Brasiliens Traum vom ersten WM-Titel zerstört und mit dem sechsten Einzug ins Halbfinale ihre einmalige Serie fortgesetzt. In einem packenden Viertelfinale gewann der Weltranglisten-Erste in Dresden das Giganten-Duell mit der Nummer drei der Welt trotz 55-minütiger Unterzahl mit 5:3 (2:2, 1:1, 1:0) im Elfmeterschießen. Stürmerin Abby Wambach hatte die USA mit einem Treffer in der Nachspielzeit der Verlängerung vor dem Aus bewahrt, sie wuchtete den Ball in der 122. Minute per Kopf zum 2:2 ins Tor und erzwang die Entscheidung vom Punkt. Den entscheidenden Elfmeter verwandelte dann Alex Krieger.
"Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Das ist das perfekte Beispiel dafür, was die USA darstellen: Wir haben niemals aufgegeben. Das ist unglaublich, ich bin einfach nur glücklich", sagte Wambach: "Der Weg ist nun vorgezeichnet. Wir wollen jetzt auch dieses Turnier gewinnen." Durch den Triumph im Nachsitzen erreichten die USA ihr sechstes WM-Halbfinale in Serie. Dort trifft der Weltranglisten-Erste nun am Mittwoch in Mönchengladbach auf Frankreich. Fehlen wird dann US-Verteidigerin Rachel Buehler, sie sah in der 65. Minute wegen einer Notbremse gegen Marta die Rote Karte.
Daiane, die tragische Figur

Im Spiel jubelte Brasiliens Weltfußballerin Marta zweimal. Nach dem Spiel jubelte sie nicht mehr.
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Die fünfmalige Weltfußballerin Marta hatte vor 25.598 Zuschauern im ausverkauften Rudolf-Harbig-Stadion beide Treffer zur glücklichen 2:1-Führung der Brasilianerinnen erzielt. Durch ihren verwandelten Foulelfmeter (68.) und den Treffer in der 92. Minute, kurz nach Anpfiff der Verlängerung, stockte Marta ihre WM-Bilanz auf 14 Tore auf und stellte den Rekord von Birgit Prinz ein, auch wenn die Bestmarke letztlich wertlos war. Der große Pechvogel auf brasilianischer Seite war aber Abwehrspielerin Daiane. Sie brachte die USA mit einem Eigentor in der 2. Minute in Führung, verlor vor dem 2:2-Ausgleich das Kopfball-Duell gegen Wambach und scheiterte im Elfmeterschießen schließlich an US-Keeperin Hope Solo.
Durch Daianes Blitz-Eigentor nach nur 1:19 Minuten schien für die US-Frauen bereits sehr zeitig alles wie geplant zu laufen. "Wir müssen die Anfangsoffensive von Brasilien abfangen und selbst das erste Tor machen", hatte Mittelfeldakteurin Carli Lloyd vorab als Matchplan ausgegeben: "Dann werden wir gewinnen." Shannon Boxx war auf der rechten Seite bis fast zur Torauslinie durchgelaufen. In ihre flache Hereingabe rutschte die brasilianische Verteidigerin und lenkte den Ball unhaltbar für ihre Schlussfrau Andreia ins eigene Netz. Es war das erste Eigentor der WM.
USA mit viel Respekt
Dennoch brachte die frühe Führung nicht die erhoffte Souveränität ins Spiel des Weltranglisten-Ersten. Fahrig bis unsicher agierte das Team der schwedischen Trainerin Pia Sundhage. Deutlich war der Respekt vor den starken individuellen Qualitäten der Brasilianerinnen zu sehen.
Doch auch die konnten in den ersten 45 Minuten in keiner Weise überzeugen. Die Spielerinnen von Trainer Kleiton Lima wirkten mitunter lustlos. Weltfußballerin Marta fiel mehr durch gestikulieren und reklamieren auf als durch konstruktive Aktionen und sah für ihre fortwährende Meckerei auch Gelb. Zudem ließen zahlreiche Unterbrechungen durch Fouls sowie auf beiden Seiten ungenaues Passspiel kaum Spielfluss aufkommen.
Viele Schüsse, wenig Zwingendes
Torchancen waren zwar nicht Mangelware, aber nur selten zwingend. Auf US-Seiten verfehlte ein Kopfball von Amy Wambach (12.) ebenso das Ziel wie ein Distanzschuss von Amy Le Peilbet (17.) oder ein harmloser Flachschuss von Shannon Boxx (43.). Die besten Chancen für Brasilien hatten Aline (22.) mit einem Kopfball ans Außennetz und Fabiana, deren Schuss in der 38. Minute auf der Latte landete. Die im bisherigen Turnierverlauf offenbarten Schwächen beider Teams in der Defensive zeigte sich auch im Viertelfinale, blieben aber weitgehend ohne Folgen. Brasiliens Cristiane scheiterte mit einem Schlenzer an US-Torfrau Hope Solo (61.), Carli Lloyd auf der Gegenseite mit einem Kopfball an der Latte (63.).
Verwirrung herrschte dann beim Elfmeter nach einem Foul von Rachel Buehler an Marta, die für die Notbremse im Strafraum Rot sah. Hope Solo parierte zunächst den Strafstoß von Cristiane. Schiedsrichterin Jacqui Melksham (Australien) entschied jedoch auf Wiederholung. Den zweiten Versuch verwandelte dann Marta (68.). Für die fünfmalige Weltfußballerin war es der 13. WM-Treffer.
Anschließend stemmten sich die US-Frauen in Unterzahl gegen ein weiteres Tor und retteten sich in die Verlängerung. Dort setzte erneut Marta mit ihrem 14. WM-Treffer das erste Aufrufezeichen - aber das US-Team setzte den grandiosen Schlusspunkt.
Quelle: ntv.de, cwo/dpa