Nigeria meldet Nationalteam ab Weltverband prüft Sanktionen
01.07.2010, 17:59 UhrIn Frankreich ist der Fußball zur Staatsaffäre verkommen, in Nigeria meldet der Präsident das Nationalteam ab. Die WM in Südafrika hat in beiden Ländern heftige Konsequenzen nach sich gezogen. Der Weltverband Fifa schaut genau hin, hält Sanktionen aber für verfrüht.

Nigeria Spieler Yussuf Ayila sitzt nach dem 2:2-Unentschieden gegen Südkorea im WM-Vorrundenspiel der Gruppe B in Durban enttäuscht am Boden.
(Foto: dpa)
Die staatlichen Eingriffe in den Fußball in Frankreich und Nigeria haben die Fifa alarmiert, Strafen müssen beide Länder aber vorerst noch nicht befürchten. "Wir sind noch weit davon entfernt, Sanktionen zu ergreifen. Weitere Schritte werden ergriffen, sobald dies erforderlich ist", sagte Mediendirektor Nicolas Maingot zum Fall Nigeria und kündigte Untersuchungen an.
In dem westafrikanischen Land hatte Präsident Goodluck Jonathan in einem beispiellosen Schritt den nationalen Fußball- Verband aufgelöst und die Nationalmannschaft für die kommenden zwei Jahre von allen internationalen Wettbewerben zurückgezogen. Der Grund: Die schlechte Leistung der Super Eagles bei der WM in Südafrika. Den Fußball-Weltverband informierte die nigerianische Regierung offiziell per Brief.
Fifa steckt in einem Dilemma
"Wir untersuchen diese Angelegenheit", sagte Maingot. Auf die Frage, ob Nigeria von der WM 2014 in Brasilien ausgeschlossen werden könnte, antwortete der Franzose: "Es ist viel zu früh, dazu Stellung zu nehmen. Wir werden uns die Zeit nehmen, diesen Fall zu prüfen." Die Fifa steckt dabei in einem Dilemma. Die härteste Strafe, die die Statuten des Verbandes vorsehen, ist ein Ausschluss. Nigeria hat sich jedoch erst einmal selbst ausgeschlossen.
Bei einer Einmischung der Politik in Fußball-Belange fährt der mächtige Weltverband unter seinem Vorsitzenden Joseph Blatter einen rigorosen Kurs und hat schon mehrfach nationale Verbände vorübergehend ausgeschlossen. "Ich wiederhole immer wieder die offizielle Position: Die Fifa besteht darauf, dass die Sportverbände unabhängig sind", betonte Maingot.
In Nigerias Fußballverband NFF regiert das Chaos. Die Zeitung "Next" berichtete, dass Präsident Jonathan angeordnet habe, die Büros des Verbandes zu versiegeln und die Mitarbeiter nach Hause zu schicken. Bewaffnete Polizisten sicherten den Eingang der NFF- Zentrale. Nach dem Willen des Präsidenten soll ein neues "Nigeria Football House" erbaut werden, in dem in Zukunft die Nigeria Football Association residiert. "Das sind die Anweisungen des Präsidenten", zitierte "Next" dessen Sprecher Ima Niboro.
"Wir sind eine souveräne Nation"
Aus dem Umkreis von Sportminister Ibrahim Bio war nach Angaben der Zeitung zu hören, dass man den Brief an die Fifa nicht aus Angst vor Sanktionen, sondern aus Höflichkeit geschrieben habe. "Wir sind eine souveräne Nation und haben ein Recht, unsere Angelegenheiten zu regeln, ohne dass uns von außen etwas diktiert wird", zitierte "Next" einen Mitarbeiter des Sportministers, der anonym bleiben wollte.
In den vergangenen Jahren zählte der zweimalige Afrika-Champion und Olympiasieger 1996 zu den führenden Mannschaften Afrikas. Bei der WM in der Kap-Republik boten die "Super Eagles" aber eine dürftige Vorstellung. Nach Niederlagen gegen Argentinien (0:1) und Griechenland (1:2) sowie einem Remis gegen Südkorea (2:2) war das WM-Turnier für die Mannschaft von Trainer Lars Lagerbäck beendet.
Staatsaffäre auch in Frankreich
Auch die Franzosen waren nach einer katastrophalen Vorrunde heimgeflogen. Die Aufarbeitung des sportlich wie disziplinarisch desaströsen Auftritts ist in Frankreich zur Staatsaffäre geworden. Auch hier hatte Fifa-Präsident Blatter Staatspräsident Nicolas Sarkozy und andere Politiker vor jeder Form der Einmischung in die Angelegenheiten des nationalen Verbandes gewarnt.
"Wir prüfen diesen Fall genauso gründlich und haben von Anfang an unsere Position klargemacht", bekräftigte Maingot am Donnerstag nochmals. WM-Chefplaner Danny Jordaan erklärte: "Was in Frankreich passiert, ist in gleicher Weise eine Intervention wie in Nigeria. Die Fifa hat klare Regeln, wie sie damit umgeht.
Quelle: ntv.de, Wolfgang Müller, dpa