Frankreich und Südafrika hoffen auf ... ... das "Wunder von Bloemfontein"
22.06.2010, 10:32 UhrFrankreich und Südafrika spielen wohl nur noch um die Ehre -allein ein deutlicher Sieg lässt beiden Teams eine minimale Chance zum Einzug in die K.o.-Runde. Nach Intrigen, Sittenverfall und kollektiver Wut muss vor allem der Vizeweltmeister sein ramponiertes Image aufpolieren.

Les Bleus - les les misérables!
(Foto: REUTERS)
Auflösungserscheinungen in Frankreich, Resignation in Südafrika - dennoch hoffen die Equipe Tricolore und der WM-Gastgeber im Duell der Frustrierten noch auf das "Wunder von Bloemfontein". Nur ein deutlicher Sieg lässt beiden Teams (16.00 Uhr im ZDF und im n-tv.de-Liveticker) eine minimale Möglichkeit auf den Einzug in die K.o.- Runde, doch mehr denn je geht es für die tief gefallene "Grande Nation" und die "Bafana Bafana" um die Ehre. "Der letzte Eindruck ist der, der hängen bleibt. Deshalb müssen meine Spieler noch einmal eine Topleistung abrufen", sagte Südafrikas Trainer Carlos Alberto Parreira.
Vor allem die Franzosen müssen nach Anelkas Rauswurf und dem Trainingsboykott ihr ramponiertes Image wieder aufpolieren. In der Heimat herrschen Fassungslosigkeit und Entsetzen über die Chaostage im französischen Camp. Das Fiasko im tausende Kilometer entfernten Südafrika dominierte sämtliche Titelseiten.
"Die ganze Welt lacht uns aus"
Die Intrigen und der Sittenverfall beim Vize-Weltmeister sind in der Heimat sogar zum Politikum geworden. Gut zwei Jahrhunderte nach der französischen Revolution fordert die "Grande Nation" wieder ein Köpferollen. "Die ganze Welt lacht uns aus, dieser Mummenschanz muss sofort aufhören", forderte Einwanderungsminister Eric Besson empört. Im Fernsehen war der Weltmeister-Trainer von 1998, Aimé Jacquet, den Tränen nahe. "Tiefer kann man nicht stürzen", klagte er. Das schlechte Image werde Frankreich über Jahre hinaus verfolgen. Ex- Nationalspieler Claude Makelele schimpfte: "Mein Gott, man muss doch das Nationaltrikot respektieren!".
Zidane: Alles bleibt möglich!
Auch andere Ex-Nationalspieler sind entsetzt. "Das alles lässt glauben, dass sie verrückt geworden sind und dass sie sich nicht der Konsequenzen und der Schäden bewusst sind, die ihre Entscheidung anrichtet und auch nichts des Bildes, das sie vom französischen Fußball vermitteln, nach Frankreich und ins Ausland", sagte Ex- Nationalspieler Bixente Lizarazu zur Meuterei.
Jacquet hofft, dass die "Bleus" beim letzten Vorrundenspiel gegen Südafrika wenigstens noch um die Ehre kämpfen. Dass die Franzosen noch das "Wunder von Südafrika" schaffen und ins Achtelfinale einziehen könnten, daran glaubt niemand, zumal sie darauf hoffen müssen, dass Uruguay und Mexiko im Parallelspiel nicht Remis spielen. Nur Ex- Weltmeister Zinedine Zidane meint: "Auch wenn das viele zum Lachen bringen sollte: Ich hoffe, Frankreich noch im Finale zu sehen. Alles bleibt möglich", sagte Zidane.
Bafana Bafana braucht viele Tore
Den Trubel im französischen Lager haben die Südafrikaner natürlich zur Kenntnis genommen. Doch während die heimischen Medien ("The Star": Französische Fehde gibt Südafrika Hoffnung) daraus Mut für die "Bafana Bafana" schöpfen, glaubt Parreira nicht an einen Vorteil für seine Mannschaft. "Was da passiert ist, wird das Spiel nicht beeinflussen. Wenn die Spieler den Platz betreten, wissen sie: Wir müssen gewinnen. Und sie werden alles dafür tun", sagte der 67- Jährige.
Von seinen eigenen Akteuren erwartet er das gleiche. Doch ausgerechnet die chronisch offensivschwachen Südafrikaner sind auf ein Treffer-Festival angewiesen, um doch noch das erste Vorrunden-Aus eines Gastgebers in der WM-Historie zu verhindern. "Wir haben noch eine Chance", beschwor Trainer Carlos Alberto Parreira Spieler und Landsleute.
"Wir müssen rausgehen und so viele Tore wie möglich schießen", forderte Torwart Moneeb Josephs, der den rotgesperrten Itumeleng Khune ersetzen wird. "Wir sind bereit, das Land stolz zu machen. Unsere Niederlage gegen Uruguay ist Geschichte", sagte Josephs.
Parriera appelliert an das Ehrgefühl
Parreira wird sein Team im Vergleich zum desillusionierenden Auftritt gegen die "Urus" gleich auf fünf Positionen ändern. Als sicher gilt, dass sich Parreira dem Druck der Öffentlichkeit beugt und mit Bernhard Parker vom niederländischen Meister FC Twente Enschede einen zweiten Stürmer bringt. "Wir haben schon beim Confederations Cup gut zusammengespielt, deshalb bin ich optimistisch, dass wir ein paar Tore machen werden", sagte Katlego Mphela, der sich bislang als einzige Spitze aufgerieben hat.
Parreira appelliert vor seinem wohl letzten Spiel auf der Bank der "Bafana Bafana" an das Ehrgefühl seiner Spieler. "Auch wenn wir es selbst nicht mehr in der Hand haben: Wir wollen die Nation noch einmal stolz machen", sagte der Brasilianer, der nach der WM in seine Heimat zurückkehren wird.
Quelle: ntv.de, dpa