Sport

Körper vollständig bedeckt Fußballerinnen gegen Iran

Beim Stichwort Iran denkt man derzeit in Deutschland angesichts der weltpolitischen Lage in erster Linie an den umstritten Staatspräsidenten Mahmud Ahmadinedschad und das viel diskutierte Atomprogramm. An Frauenfußball denkt sicher zunächst einmal niemand. Das könnte sich allerdings in Kürze ändern. Denn am 1. Juni wird Irans Nationalmannschaft zu einem Freundschaftsspiel gegen die Spielerinnen des deutschen Verbandsligisten BSV Al Desimspor in Berlin erwartet.

"Ich bin sehr froh, dass es klappt mit dem Visum. Die deutsche Botschaft hat uns zugesagt. Meine Freude ist riesig", meinte Mit-Organisatorin und Desimspor-Spielerin Marlene Assmann. Warum die Freude über das Zustandekommen der Partie bei der Multi-Kulti-Truppe aus der Hauptstadt so groß ist, verrät ein Blick auf die nicht allzu lange Geschichte des Frauenfußballs im Iran.

Vor rund einem Jahr standen sich die beiden Teams bereits in Teheran gegenüber und trennten sich damals 2:2. Diese Partie war das erste Frauen-Fußballspiel in einem iranischen Stadion seit der islamischen Revolution im Jahr 1979. Bis zu diesem Spiel waren die Fußballerinnen des Iran dazu gezwungen, in der Halle und unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu spielen.

Auch bei der Begegnung vor rund 1.000 Zuschauerrinnen im April 2006 mussten sich die Spielerinnen den strengen Regeln des Islam unterordnen. In die Arena durften nur Frauen. Selbst die Ehemänner der Spielerinnen durften nicht auf die Tribüne. Auch Urs Zanetti, der Entwicklungs-Chef des Weltverbands FIFA, blieb außen vor. "Ich hätte Männerbesuch vielleicht durchsetzen können. Aber wichtig ist erst einmal, dass überhaupt gespielt wird. Alles andere ergibt sich", sagte Zanetti damals.

Körper vollständig bedeckt

Doch nicht nur das Männer-Verbot ist für westliche Maßstäbe nur schwer zu verstehen. Auch das Spiel selbst wird von einer anderen Vorgabe beeinflusst: Der Körper muss vollständig bedeckt sein, das Tragen eines Schleiers ist Pflicht. Beim Hinspiel agierte Desimspor in kompletter Montur, die vom Vater des früheren Bundesliga-Profis Ali Daei in dessen Schneiderei angefertigt worden war. Mittlerweile haben sich sogar Sportartikel-Hersteller (adidas und Nike) auf den Bedarf eingestellt und produzieren so genannte Sportschleier, die rutschfest sind.

"In Berlin wird unser Team diesmal wohl wie gewohnt westlich spielen, auch Männer sind willkommen", erklärte Filmstudentin Assmann, die auf 5.000 Zuschauer im Kaltenbachstadion in Berlin Kreuzberg hofft und derzeit noch an ihrem Dokumentarfilm über die Iran-Reise arbeitet. Der Gegenbesuch kam auch deshalb zu Stande, weil der Berliner Fußball-Verband (BFV), der Deutsche Fußball-Bund (DFB) und der iranische Verband zusammengearbeitet haben - der Iran zahlt die Flüge, Bus und Hotel besorgt der Klub gemeinsam mit dem BFV.

Auf das interkulturelle Treffen in Berlin freut sich auch Irans Nationaltrainerin Scharzad Mozafar, für die das Thema Schleier und Körperbedeckung im Vergleich zum sportlichen Stellenwert kaum eine Rolle spielt: "Uns stört die Bekleidung nicht. Wichtig ist es zu spielen. Denn schließlich ist Frauenfußball ein Weltsport mit einer WM und der Teilnahme an Olympischen Spielen."

Von Rainer Hennies, sid

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen