Sport

Auffällige Blutwerte bei Radprofi Gerdemann: Kein Doping

Wer hätte das gedacht? Der Radsport schreibt einmal wieder Schlagzeilen. Und Überraschung: Doping ist das Thema. Diesmal ist es der Deutsche Linus Gerdemann, der zu verbotenen Mitteln gegriffen haben soll. Die Szene tut das, was sie in solchen Fällen immer tut: Sie täuscht Hektik vor und heuchelt Entsetzen.

Unter Verdacht: Linus Gerdemann.

Unter Verdacht: Linus Gerdemann.

(Foto: dpa)

Linus Gerdemann, 27 Jahre alt, fährt für Milram, ist Kapitän der Mannschaft und gilt als die Gallionsfigur eines dopingfreien Radsports. Nun soll er im ersten Halbjahr 2006 auffällige Blutwerte gehabt haben – berichtet zumindest die ARD. Demnach soll es bei Gerdemann erhebliche Schwankungen in der Hämoglobinkonzentration gegeben haben. Das kann ein Hinweis auf Blutdoping sein. Die Ausdauerleistung eines Sportlers hängt direkt mit der Menge an Hämoglobin im Blut zusammen. Beim Blutdoping erhöht der Sportler die Hämoglobinkonzentration, indem er sich per Infusion rote Blutkörperchen zuführt.

Die ARD hatte nun von auffälligen Blutwerten Gerdemanns und vor zwei Jahren zurückgetretenen Jan Ullrich in ihrer T-Mobile-Zeit berichtet, die aus einem von der Universität Hamburg erstellten und von der Freiburger Staatsanwaltschaft in Auftrag gegebenen Blutgutachten hervorgehen. Dabei soll es sich um von den Teamärzten erstellte Blutwerte der T-Mobile-Profis handeln.

Keine juristischen Konsequenzen

Wie aus dem Bericht der Untersuchungskommission weiter hervorgeht, wurden Blutwerten häufig Phantasienamen zugeordnet. Bei den Hämoglobinwerten von Gerdemann war dies offenbar nicht der Fall. "Wenn existierenden Rennfahrern Blutwerte zugeordnet worden sind, spricht viel dafür, dass es auch tatsächlich ihre Blutwerte waren", sagte Hans Joachim Schäfer, Vorsitzender der Kommission. Schäfer räumte aber ein, dass der Milram-Kapitän zumindest juristisch wohl keine Folgen zu fürchten habe. "Ich halte es für wahrscheinlich, dass das Blut nicht mehr existiert"

Damit ist das Thema eigentlich vom Tisch. Der ARD-Bericht, in dem der Bayreuther Sportphysiologe Walter Schmidt Gerdemanns Hämoglobinwerte "auf den ersten Blick" als "nicht normal" bezeichnete, dürfte dem 27- Jährigen aber nicht geschmeckt haben. Und die Experten streiten sich, ähnlich wie bei der Eisschnellläuferin Claudia Pechstein, um die Interpretation der Gerdemann'schen Werte. Argumentative Schützenhilfe bekommt er vom Münsteraner Sportmediziner Klaus Völker, für den Gerdemanns Daten im "normalen Bereich" liegen. "Solche Schwankungen können auftreten nach einem Infekt oder nach Dehydrierung", sagte Völker der Tageszeitung "Westfälische Nachrichten".

Eine gute Idee hatte derweil Rudolf Scharping. Der Präsident des Bundes Deutscher Radfahrer forderte, ganz der Ex-Politiker, Linus Gerdemann zum Handeln auf: "Für uns gibt es derzeit nichts anderes, als Herrn Gerdemann darauf hinzuweisen, dass er sich sachkundig machen und sich dann äußern soll."         Und was sagt Linus Gerdemann? Er sagt: "Das sagt mir jetzt überhaupt nichts." Er sei ja kein Mediziner. Manipulationen könne er aber ausschließen.

Auch andere Profis sind nervös

Aber auch andere Radprofis haben allen Grund, nervös zu werden. Es geht um die Tour de France 2008 und darum, dass die französische Anti-Doping-Agentur AFLD die Dopingproben von 40 Fahrern nochmals und mit verfeinerten Methoden untersuchen will, primär auf das Epo-Mittel Cera. Offenbar stand der überführte Bernhard Kohl den Dopingfahndern hilfreich bei. Dem Österreicher wurde eine Startliste vorgelegt, auf dieser waren dopingverdächtige Fahrer mit einem Kreuz markiert.

"Ich rechne damit, dass einige Namen kommen", sagte der Heidelberger Anwalt Michael Lehner der "Süddeutschen Zeitung". "Da wird ein Sturm kommen." Sein Mandant, Stefan Schumacher, war in Nachtests zur Tour 2008 positiv auf Cera getestet worden war. Alles bleibt also, wie es ist: Der Radsport schreibt einmal wieder Schlagzeilen.

Quelle: ntv.de

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