"Von der Arbeit direkt zur Bahn" Handy-Verkäufer ist plötzlich schnellster Mann der Welt
07.07.2023, 20:07 Uhr
Cordell Tinch ist so schnell in die Weltspitze aufgestiegen, dass es noch kaum Fotos von ihm gibt.
(Foto: Instagram/Cordell Tinch)
Die 13-Sekunden-Marke ist die Grenze zur absoluten Weltspitze über 110 Meter Hürden. Cordell Tinch hat sie in diesem Jahr durchbrochen - obwohl er erst seit wenigen Monaten wieder geregelt trainiert. Der 22-jährige Amerikaner bringt eine außergewöhnliche Geschichte mit.
Cordell Tinch ist aktuell der schnellste Mann der Welt. Zumindest über 110 Meter Hürden. Mit 12,96 Sekunden steht der Noch-22-Jährige wenige Tage vor seinem 23. Geburtstag auf Platz eins der Weltjahresbestenliste. Dabei hat er vor etwas mehr als einem halben Jahr noch "ein bisschen was von allem gemacht: Kabel installiert, in einer Papierfabrik gearbeitet und Handys verkauft", wie "NBC Chicago" berichtet. Vom Leistungssport war der US-Amerikaner zu jener Zeit weit entfernt. Ab und zu habe Tinch Basketball gespielt, mit regelmäßigem Training aber hatte das wenig zu tun, als ihn ehemalige Teamkollegen anriefen.
"Ich dachte, die wollen mich verarschen", wird Tinch in dem Bericht zitiert, aber der Gedanke an eine Rückkehr zur Leichtathletik ließ ihn von da an nicht mehr los. Rückkehr deshalb, weil er schon in der High School als Ausnahmesportler aufgefallen war. Zunächst im American Football, doch als sein Leichtathletik-Coach zur University of Kansas wechselte, ging Tinch mit. Gewann einen College-Titel über 110 Meter Hürden, schien auf dem besten Weg, sogar Profi werden zu können.
"Das hat das Feuer in mir neu entfacht"
Dann aber habe es Probleme rund um seinen Uni-Wechsel gegeben, schildert er bei "NBC Chicago", und gepaart mit dem Beginn der Corona-Pandemie habe er den Fokus verloren. Auch ein Wechsel zu einer kleineren Uni habe keine Besserung gebracht. Stattdessen stellte Tinch seine sportlichen Ambitionen zurück, verdingte sich mit den oben bereits erwähnten Jobs. Die wollte er gar nicht unbedingt machen, erklärt er. An "unzähligen Tagen" und in "vielen Gesprächen", sei es darum gegangen, ob "das wirklich das ist, was du machen willst?" Die Antwort "war immer 'Nein'" - doch er habe keinen Ausweg aus seiner Situation gefunden.
Bis zu jenem Anruf im Januar, als ein ehemaliger Teamkollege ihn auf der Suche nach einem Trainingspartner kontaktierte. Tinch sagt zu. "Ich bin von der Arbeit direkt auf die Bahn gegangen", berichtet er "NBC Chicago", schon wenige Wochen später debütiert er. Gewinnt in der Halle gleich zwei Titel in der zweiten College-Liga, läuft sich in die Rekordbücher. "Das hat das Feuer in mir neu entfacht", sagt Tinch, die Leichtathletik sei das, was er machen wolle.
Er beendet seine neu begonnene Uni-Laufbahn, um Profi zu werden - nachdem er im Juni in 12,96 Sekunden die schnellste Zeit über 110 Meter Hürden sprintet, die je ein Student in den USA gezeigt hat. Jetzt kämpft er bei den US-Meisterschaften darum, für die Weltmeisterschaften in Budapest (19. bis 27. August) nominiert zu werden, wo er dann gemeinsam mit Titelverteidiger Grant Holloway sogar einen Doppelsieg anpeilen könnte. Auch im Weitsprung gehört Tinch mit seiner Bestleistung von 8,21 Meter zu den Anwärtern aufs WM-Ticket. Es wäre ein ungewöhnlicher Doppelstart. Schon allein, weil Cordell Tinch gerade noch "Mobilfunkverträge und brandneue iPhones" verkauft hat.
Quelle: ntv.de, tsi