Neun Deutsche auf der Profitour Im Darts beginnt eine neue Zeitrechnung
15.01.2024, 20:13 Uhr
Lukas Wenig ist das heißeste Eisen der deutschen Neulinge auf der Darts-Profitour.
(Foto: Jonas Hunold / PDC Europe)
Lukas Wenig, Paul Krohne, Tim Wolters: Dieses deutsche Trio hat sich sensationell Startplätze auf der Tour der Profidart-Organisation PDC gesichert. Bekannte Namen wie Profi Max Hopp oder Darts-Queen Fallon Sherrock sind dagegen gescheitert.
Deutschland ist die neue Nummer drei im Darts: Nur die Hochburgen England und die Niederlande werden ab diesem Jahr von noch mehr Spielern auf der Profi-Tour der Professional Darts Corporation (PDC) vertreten. Das ist das Ergebnis der sogenannten Qualifying School im nordrhein-westfälischen Kalkar, die am Sonntagabend im zum Wunderland umfunktionierten "Schnellen Brüter", dem nie in Betrieb gegangenen Kernkraftwerk neben der niederländischen Grenze, zuende gegangen ist. Lukas Wenig, Paul Krohne und Tim Wolters schnappten sich am letzten Tag die sogenannte Tourkarte für die PDC, das goldene Ticket für die Darts-Elite.
Zusammen mit den arrivierten Top-32-Spielern Gabriel Clemens und Martin Schindler, Shootingstar Ricardo Pietreczko und WM-Überraschung Florian Hempel sowie Daniel Klose und Pascal Rupprecht, die sich vor einem Jahr die Tourkarte gesichert hatten, gehen nun erstmals insgesamt neun Deutsche bei der PDC an den Start. Und spielen dort gegen die Stars der Szene: Weltmeister Luke Humphries, Michael van Gerwen, Peter Wright, Teenager-Sensation Luke Littler.
Nur Darts-Mutterland England (45) und die Niederlande (24) sind mit noch mehr Spielern auf der Profitour vertreten. Deutschland (9) ist an Wales und Belgien (beide 7) vorbeigezogen und hat auch Schottland (6) und Nordirland (5) abgehangen. Zwar gibt es nach wie vor keinen Deutschen, der konstant in der Weltspitze agiert, zumindest in der Breite sieht es aber von Jahr zu Jahr besser aus. Erstmals ist Deutschland die Nummer drei unter den insgesamt 128 Tourkarten-Besitzern.
Lukas Wenig hat viel Potenzial
Aber wer sind die drei neuen Deutschen, die wir möglicherweise Ende des Jahres auch bei der Weltmeisterschaft in London sehen werden?
Der mit Abstand bekannteste von ihnen ist Lukas Wenig. Eine konstante Leistung über die gesamte Woche hinweg reichte dem 29-jährigen Marburger für den großen Darts-Traum. Am vierten und letzten Tag der Q-School war der Einzug ins Achtelfinale so gerade genug für die Tourkarte.
2022 war Wenig noch knapp gescheitert, im Vorjahr reiste er dann als einer der Favoriten nach Kalkar und enttäuschte vollends. Jetzt ist der Hesse, der in seiner Freizeit viel Zeit beim Krafttraining verbringt und beruflich als CNC-Fräser tätig ist, aber dann doch am großen Ziel angekommen.
Der 29-Jährige hat sicherlich das Potenzial, sich auf der Tour zu etablieren. Als Nachrücker durfte er bereits Profi-Erfahrung sammeln. Die Tourkarte ist das Ergebnis einer stetigen Weiterentwicklung in den vergangenen Jahren. Die Teilnahme an der WM Ende des Jahres ist für Lukas Wenig ein realistisches Ziel.
Überraschungen durch Krohne und Wolters
Etwas überraschender ist dagegen die Tourkarte für Paul Krohne. Der 23-Jährige aus Münster spielte sich am letzten Tag der Q-School mit einem Viertelfinal-Einzug zum goldenen Ticket. Krohne begann erst 2022 mit dem Dartspielen. Sein Talent ist aber so groß, dass er sich schnell in der 2. Bundesliga bei Preußen Münster etablierte und Ende 2023 überraschend den Einzug in die deutsche Super League schaffte, einer Liga für die besten deutschen Spieler ohne Tourkarte. Hier machte der Student erneut auf sich aufmerksam, schied erst im Achtelfinale knapp gegen den zweifachen WM-Teilnehmer Nico Kurz aus.
Die größte Sensation unter den neuen deutschen Tourdaten-Besitzern ist aber ein anderer. Tim Wolters hatte absolut niemand auf der Rechnung, am Montagmorgen ist er als Teil der lukrativen PDC-Profitour aufgewacht. Der 28-Jährige kommt aus der deutsch-niederländischen Grenzgemeinde Niederkrüchten, zwischen Mönchengladbach und Roermond gelegen. Bisher spielte Wolters vor allem viel Online-Darts, aber auch analoge Spuren hat der Deutsche hinterlassen: Unter anderem in den Niederlanden, wo er für Venlo bereits in der höchsten Liga des Nachbarlandes Pfeile geworfen hat.
Wie gut Wolters unter Druck ist, bewies er am letzten Tag der Q-School in Kalkar. Im Achtelfinale lag er gegen den Polen Miroslaw Grudziecki bereits 0:4 und 2:5 in Rückstand, überstand vier Matchdarts und drehte das Spiel in einen 6:5-Sieg. Im Falle einer Niederlage hätte der Niederrheiner weiter online gespielt anstatt mindestens zwei Jahre bei den Profis.
Ein Leg gegen Gary Anderson
In den nächsten 24 Monaten könnte es für den 28-Jährigen zum direkten Duell mit Gary Anderson kommen. Der zweifache Weltmeister aus Schottland ist das Idol des Niederkrüchteners. Das schrieb Wolters jedenfalls vor einer Woche auf seinem X-Profil, nachdem er Anfang Januar im Rahmen von "Die große Dartshow mit Gary Anderson" in Gevelsberg gegen den "Flying Scotsman" spielen durfte.
Im November hatte Wolters ein Quali-Turnier in Mönchengladbach gewonnen. Der Preis: ein Leg gegen den Weltmeister von 2015 und 2016. "Eine große Ehre, gegen mein Idol Gary Anderson spielen zu dürfen. Das werde ich nie vergessen", kommentierte Wolters bei X, nachdem er das Leg sogar gewonnen hat.
Auf der Pro Tour wird "best of 11 gespielt", da wären es dann schon mindestens sechs Legs, die der gelernte Dachdecker und aktuell im Außendienst einer Bürosoftware-Firma tätige Wolters gegen sein Idol bestreiten dürfte.
Los geht es auf der Profitour am 12. Februar in Wigan mit dem ersten von 43 Turnieren auf dem Weg zur Darts-WM im "Ally Pally". Neu ist, dass ab diesem Jahr 30 Events unter der Woche stattfinden, womit die PDC mehr Spieler dazu bewegen will, alles auf die Karte Darts und das Profitum zu setzen. Für Spieler wie den Niederkrüchtener No-Name Wolters, die sich aus dem Nichts auf die Tour spielen, dürfte das eine große Belastung darstellen.
Hopp und Sherrock abgeschlagen
Das riesige Quali-Monstrum Q-School mit seinen insgesamt fast 900 Teilnehmern ist jedes Jahr das erste große Darts-Event nach der WM. Eine Woche lang versuchen sich Dartspieler aus aller Welt (die meisten aus England, Deutschland und den Niederlanden) im Rahmen zweier parallel stattfindenden Veranstaltungen in Kalkar und Milton Keynes (England) am Sprung auf die Profitour. Nur 31 Spieler sicherten sich in diesem Jahr neu das goldene Ticket für die insgesamt 128 Spieler große Darts-Elite. Sie dürfen nun zwei Jahre lang bei den PDC-Profis mitspielen und müssen versuchen, in dieser Zeit unter die Top 64 der Weltrangliste zu kommen, um die Tourkarte zu behalten.
Kurios ist die Q-School auch deshalb, weil das Feld, das sich auf die PDC-Tour spielen will, nicht unterschiedlicher sein könnte. Spieler wie Wenig, die sich seit Jahren daran versuchen. Krohne, der erst vor zwei Jahren überhaupt mit Darts angefangen hat. Wolters, der bisher in der Regel online gespielt. Hinzu kommen etliche Spieler, die von vornherein gar keine Chance haben und einfach nur mitspielen wollen. Oder Darts-Urgesteine wie Ex-Weltmeister John Part, der frühere BDO-Champion Richie Burnett oder WM-Finalist Andy Hamilton.
Gleichzeitig aber auch Profis wie Max Hopp oder Fallon Sherrock, die als bisher einzige Frau bei der Darts-WM gegen Männer gewonnen hat. Für den "Maximiser" und die "Queen of the Palace" geriet das Quali-Turnier aber zum Fiasko: Hopp, der sich bereits achtmal für die WM qualifizieren konnte, landete in der Finalrunde von Kalkar nach nur einem Sieg auf Platz 83, Sherrock verpasste die Profitour auf Platz 64 ebenfalls deutlich.
Quelle: ntv.de