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Aus der Dunkelheit auf den Thron Der Darts-Weltmeister mit der traurigen Geschichte

Der Moment der Erlösung: Luke Humphries ist Darts-Weltmeister.

Der Moment der Erlösung: Luke Humphries ist Darts-Weltmeister.

(Foto: AP)

Die Gegenwart gehört Luke Humphries, nach einem beschwerlichen Weg und Gedanken ans Karriereende krönt er sich zum Darts-Weltmeister. Doch wie lange er an der Spitze der Szene thront, weiß er selbst nicht. Ausgerechnet der unterlegene Finalgegner gilt als Mann der Zukunft.

Im Moment seines größten Triumphs dachte Darts-Weltmeister Luke Humphries direkt an die Zukunft - und an Supertalent Luke Littler. Nachdem er den bunten Konfettiregen im Alexandra Palace ausgiebig genossen und die 25 Kilogramm schwere Sid Waddell Trophy gleich mehrere Male schwungvoll hochgereckt hatte, schwärmte Humphries vor allen eigenen Glücksgefühlen zunächst von seinem 16 Jahre jungen Widersacher.

"Er wird Darts dominieren. Er ist ein unglaublicher Spieler. Er ist ein unglaubliches Talent. Ich musste das heute gewinnen, denn Luke wird in Zukunft viele davon gewinnen, da bin ich sicher", sagte Humphries in London. Sein 7:4-Finalsieg nach zwischenzeitlichem Rückstand von 2:4 war Werbung für den Darts-Sport: hochklassig, kurzweilig und abwechslungsreich.

"Ich hatte einen Haufen Probleme"

Die Zukunft mag Supertalent Littler gehören, doch der Mann der Stunde ist "Cool Hand Luke", wie Humphries genannt wird: zum ersten Mal Weltmeister, ein satter Scheck in Höhe von 500.000 Pfund (knapp 600.000 Euro) und nach einer Traumsaison mit riesigem Vorsprung als Nummer eins der Welt in das Jahr 2024. Der 28 Jahre alte Humphries hat perfekte Monate hinter sich - und das nach einem langen Weg, der ihn nach oben führte.

"Ich bin Weltmeister, ich kann es kaum glauben. Es ist für mich nochmal unglaublicher, vor allem aus mentaler Sicht. Denn es gab eine Phase in meinem Leben, da war ich sehr deprimiert. Ich hatte einen Haufen Probleme", schilderte Humphries noch auf der größten Bühne der Welt, die er einst gar nicht mehr betreten wollte. Er habe sich in dieser Phase nicht vorstellen können, einmal so weit zu kommen.

Doppelkinn verschwindet bei Humphries

Schon vor einigen Jahren hatte der Darts-Profi offen über das Thema mentale Gesundheit und seine Probleme damit gesprochen. "Ich denke, es ist wichtig, dass das Bewusstsein dafür gestärkt wird. Dass sich die Leute ein bisschen mehr zu Wort melden und keine Angst davor haben, das Thema psychische Gesundheit zur Sprache zu bringen. Das ist das Beste, was daraus entstehen kann", argumentierte Humphries. Er gestand einst, in Spielen auf der Bühne sogar Panikattacken gehabt und an einer Angststörung gelitten zu haben.

Seither hat sich der Engländer nicht nur mental massiv stabilisiert, sondern auch optisch sehr verändert. Das vor dem WM-Endspiel kursierende Foto der Finalisten von vor vier Jahren zeigt Littler als schmales zwölfjähriges Kind und Humphries als Pummel. Von dem unsportlich aussehenden Engländer mit Doppelkinn ist tatsächlich überhaupt nichts mehr übrig. Humphries sieht inzwischen drahtig und sportlich aus, was kein Zufall ist.

"Ich werde nichts zu Schweres oder Ungesundes essen, weil ich mein Leben in den vergangenen Jahren darauf aufgebaut habe, dass ich mich gut fühle und die richtigen Dinge esse", sagte er. Rivale Littler beschrieb sein Essensritual bei der WM dagegen so: morgens ein Schinken-Käse-Omelett, dann eine Pizza und zur Belohnung nach Siegen gerne einen Döner, worauf er während des Turniers in London nach quasi jeder Begegnung angesprochen wurde.

Mehr als dreimal so viel Preisgeld

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Dass Humphries den Darts-Sport mal derart prägen wird wie lange Zeit Phil Taylor oder Michael van Gerwen, glaubt er selbst nicht. "Ich werde nie so dominieren können, die Sportwelt hat sich zu sehr geändert", beschrieb Humphries mit Blick auf die Konkurrenz. Damit mag er zwar recht haben, doch seine vergangenen drei Monate waren für die Konkurrenz durchaus beängstigend: Titel beim World Grand Prix, beim Grand Slam of Darts, bei den Players Championship Finals und nun bei der WM. Humphries hat 2023 mehr als dreimal so viel Preisgeld eingespielt wie jeder andere Profi.

Bei der WM hatte er aber auch zweimal Glück. Gegen den Deutschen Ricardo Pietreczko (4:3) und Landsmann Joe Cullen (4:3) war Humphries jeweils fast draußen. Er rettete sich in höchster Not und begünstigt von Schwächen der beiden Gegner. "Er hat diesen Titel verdient", sagte der enttäuschte Littler, der vom neuen Weltmeister auf der Bühne ganz lange umarmt wurde.

Quelle: ntv.de, Patrick Reichardt, dpa

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