Sohn von Chicago-Bulls-Legende Irrer Wurf sendet Schockwellen durch die USA
10.12.2021, 16:23 Uhr
Ron Harper Junior lässt sich für seinen Wurf zum Sieg feiern.
(Foto: USA TODAY Sports)
Was. Für. Ein. Wurf. Von der Mittellinie schaltet Ron Harper Junior das beste College-Team der USA aus. Der Sohn einer Basketball-Legende und 8000 feiernde Studierende glauben ihren Augen nicht. Harper Junior fühlt sich "wie ein Kind an Weihnachten" - und denkt wohl schon an die NBA.
Gerade hat Ron Harper Junior einen der wichtigsten Würfe seines Lebens verwandelt. Mit nur 13 Sekunden auf der Uhr traf er einen schwierigen Fade-Away-Sprungwurf zum 67:66 für seine Scarlet Knights von der Rutgers University aus New Jersey, USA. Die rund 8000 Studierenden in der Arena rasten aus. Doch die beste College-Mannschaft des Landes, Purdue University aus Indiana, lässt nicht lange auf eine Antwort warten. Mit 3,4 Sekunden reißt sie die Führung wieder an sich. Schrecken macht sich für einen Moment in der gesamten Halle breit. Aber dann geht das Spektakel erst richtig los.
Nach dem Einwurf erhält Harper den Ball tief in der eigenen Hälfte des Courts. Ein paar Dribblings mit rechts, ein paar Dribblings mit links. Zwei Verteidiger stellen sich ihm in den Weg, die Sekunden auf der Uhr laufen erbarmungslos herunter. Aber der Forward mit der Nummer 24 tanzt sie beide aus - und hebt einen Meter hinter der Mittellinie einfach ab und lässt seinen Wurf für die Ewigkeit los. Noch während der Ball in der Luft ist, ertönt die Sirene für den Schlusspfiff. Die Menge, die den ganzen Abend über so laut war, kann nur zusehen und hoffen. Dann segelt das Spielgerät tatsächlich durch das Netz und die Stimmung in der Halle explodiert erneut. Harper hüpft wie verrückt auf der Stelle, Spieler, Trainer, Betreuer, Cheerleader und Fans stürmen wie wild das Parkett und umringen den 21-Jährigen. 70:68 lautet der finale Spielstand.
"Das ist wie ein Traum"
30 Punkte stehen am Ende auf dem Konto des Youngsters. Nur fünf Fehlwürfe leistet er sich im ganzen Spiel, trifft fünf von sieben Dreiern und holt zudem zehn Rebounds. Der Sieg gegen die Nummer 1 des Landes ist der größte reguläre Saisonsieg in der Geschichte der Rutgers University (der erste überhaupt gegen ein bestplatziertes Team) und versetzt nicht nur die Studierenden aus New Jersey, sondern auch die gesamte College-Basketballwelt in Erstaunen. Schließlich hatte Purdue seine ersten acht Spiele der Saison in beeindruckender Manier gewonnen.
Dann aber kam Ron Harper Junior. Sohn des fünfmaligen NBA-Champions Ron Harper, der mit den Chicago Bulls um Michael Jordan die Liga von 1996 bis 1998 dominierte und anschließend auch Meisterschaften mit Kobe Bryant und Shaquille O'Neal bei den Los Angeles Lakers feierte. "Ich bin gehüpft wie ein kleines Kind an Weihnachten", jubelt Harper Junior nach dem großen Sieg. "Das ist wie ein Traum. Ehrlich gesagt, wenn ich danach aufgewacht wäre und in meinem Bett gelegen hätte, wäre ich nicht überrascht gewesen. Das war verrückt."
"Das ist gut für unser Selbstvertrauen", führt Harper weiter aus. "Wir haben uns heute Abend eine Menge selbst bewiesen. Wir wussten, dass wir mit jedem im Land spielen können, es ging nur darum, da rauszugehen und es zu tun." Seine Mannschaft hatte sogar auf einige an Grippe erkrankte Spieler verzichten müssen. Der Forward ist nun der erste Spieler in der Geschichte der Liga, der 30 Punkte und einen Buzzer-Beater im Spiel gegen ein an Nummer eins gesetztes Team erzielt hat.
Magic ehrt Harper
Via Twitter erhält der 21-Jährige schließlich auch noch eine der größten Lobpreisungen, die im Basketball vergeben werden. Kein anderer als Earvin "Magic" Johnson beschreibt dort ehrfürchtig die letzten Sekunden des Spiels und Harpers fulminanten Wurf mit der Sirene und fügt am Schluss noch ein dreifaches "wow" an. Johnson gilt als einer der besten Basketballer aller Zeiten, gewann mit den Lakers fünf Meistertitel und spielte viele Jahre gegen Harper Senior. Vater Harper Senior weiß sogar überhaupt nicht, wohin mit den ganzen Gefühlen und sagt gegenüber "nj.com": "Ich sitze hier und meine Hände zittern immer noch!"
Der Sieg kommt für die Scarlet Knights zum optimalen Zeitpunkt, nachdem sie im vergangenen Monat gleich drei Niederlagen in den letzten Sekunden einstecken mussten. Hätte das Team von Harper Junior verloren, wäre es auf eine Bilanz von vier Siegen bei fünf Niederlagen zurückgefallen. Damit wäre das Erreichen des NCAA-Turniers im März, in dem am Ende der College-Meister ausgespielt wird, fast unmöglich geworden. Rutgers hatte das prestigeträchtige Turnier in der vergangenen Saison zum ersten Mal seit 1991 wieder erreicht und war insgesamt erst siebenmal qualifiziert.
Stattdessen haben die Scarlet Knights ihre Hoffnungen auf die Postseason nun am Leben gehalten. Dank eines verrückten Wurfs in der sprichwörtlich letzten Sekunde. Ein Wurf, den es für das Team beinahe nicht hätte geben können. Denn Ron Harper Junior hatte sich schon zum vergangenen NBA-Draft angemeldet, um bei den Profis mitzuspielen. Dann zog er seinen Namen wieder zurück, nachdem die Chancen nicht gut gestanden hatten, und verkündete: "Mein Job hier ist noch nicht beendet." Ob er dabei wohl schon an seinen historischen Buzzer-Beater dachte? Auch die NBA-Scouts dürften genau zugeschaut haben.
Quelle: ntv.de