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Labbadia in Hamburg vorgestellt "Job-Hopper" soll Wurzeln schlagen

Dieser Termin ist beim Hamburger SV in den letzten Jahren zur Routine geworden. Kameras werden aufgefahren, die Fotografen entfachen ein Blitzlichtgewitter, der Presseraum in der Arena ist gerappelt voll: Ein neuer Trainer wird vorgestellt.

Bruno Labbadia soll Kontinuität auf die Hamburger Trainerbank zurückbringen.

Bruno Labbadia soll Kontinuität auf die Hamburger Trainerbank zurückbringen.

(Foto: REUTERS)

Am Mittag war es mal wieder soweit. Punkt 12.04 Uhr betrat Bruno Labbadia in Begleitung von Vereinschef Bernd Hoffmann und Sportchef Dietmar Beiersdorfer das Podium.

Der 43-Jährige kommt bereits als siebter Coach in den letzten acht Jahren zum HSV und wird damit Nachfolger von Martin Jol, der vor knapp zwei Wochen den Verein nach nur einem Jahr Richtung Ajax Amsterdam verließ. Der Ex-Nationalspieler unterschrieb bei den Hanseaten einen Vertrag bis 2012 ohne Ausstiegsklausel.

"Wunschtrainer" des Vorstands

Labbaia stand zuvor noch bis 2010 bei Bayer Leverkusen unter Vertrag. Angeblich hat der HSV zwischen 1 und 1,3 Millionen Euro Ablöse an die Rheinländer bezahlt, um die Freigabe für den Coach zu erhalten. Leverkusen präsentierte dafür am Samstag Jupp Heynckes als neuen Trainer.

"Das ist hier eine tolle Aufgabe, die ich vor mir habe", sagte Labbadia, der "Wunschtrainer" des HSV-Vorstandes: "Ich freue mich auf die nächsten Wochen, Monate und Jahre, in denen wir gemeinsam etwas aufbauen wollen." Langfristig soll er in Hamburg arbeiten. "Kontinuität" war das oft benutzte Zauberwort bei der Präsentation des neuen Übungsleiters, der vor der Presse auch dem Aufsichtsrat seine Aufwartung machte. "Meine Neigung, wieder nach einer Saison einen Trainer auszutauschen, ist sehr gering", sagte Hoffmann.

HSV-Anhang ist skeptisch

Allerdings wird die Ankunft des Neuen in Hamburg von viel Skepsis begleitet. In den Internetforen herrscht bei den Fans keinesfalls nur Freude - eher im Gegenteil. Der Absturz der Leverkusener in der Rückrunde und das offenbar zerrüttete Verhältnis zur Bayer-Mannschaft hat sich auch bis Hamburg rumgesprochen.

Hoffmann und Beiersdorfer störte das offenbar nicht. Bei ihrer Trainersuche vor anderthalb Jahren hatte sich der Hesse bereits hervorragend präsentiert. "Er hat Kompetenz und Qualität und strahlt Begeisterung und Identifikation aus", äußerte Hoffmann, der angesichts der verpassten drei Titelchancen in der letzten Saison hofft: "Er bringt das Maß an Leidenschaft mit, das notwendig ist, um fünf Prozent mehr zu geben und so etwas Großes zu erreichen. Ich möchte nicht mehr nach einer Saison denken, es wäre mehr drin gewesen."

Abgang auf die unfeine Art

Gleich nach dem Abschied von Jol hatten sich die HSV-Bosse auf Labbadia festgelegt, der hatte seinerseits seinen Abschied aus Leverkusen mit einem umstrittenen Interview in der "Süddeutschen Zeitung" forciert - ausgerechnet am Tag des dann verlorenen DFB-Pokalfinales gegen Werder Bremen. Schlechter Stil, über den sich die Leverkusener ärgern.

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(Foto: dpa)

Bayer-Sportchef Rudi Völler, der sich stets hinter den Trainer gestellt hatte, kritisierte Labbadia nach seinem Abschied heftig. "Das kotzt mich an. Wozu braucht Bruno einen Medienberater? Das kann ich nicht verstehen. Man muss doch authentisch bleiben und darf sich nicht verbiegen lassen. Bruno ist da falsch beraten", sagte der Weltmeister von 1990 zu dem Gerücht, dass SZ-Interview sei von einem Medienberater lanciert worden. Zu Inhalt und Zeitpunkt des Interviews sagte Völler: "Das war schlecht. Das hat Bayer Leverkusen geschadet." Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser bezeichnete Labbadia indirekt als "Job-Hopper".

Falscher Zeitpunkt, richtiger Inhalt

Labbadia wies die Kritik indes zurück. Den Termin zur Veröffentlichung des Interviews habe er selbst gegeben. "Dafür brauche ich keinen Medienberater. Über den Termin kann man diskutieren, nicht über den Inhalt. Diese Dinge habe ich in den letzten Wochen versucht, in Leverkusen intern anzusprechen", sagte der 43-Jährige bei seiner Vorstellung in Hamburg.

Ob es mit dem Wechsel zum HSV klappen würde, war zunächst fraglich. Ende der Woche begannen die Leverkusener plötzlich um den Trainer zu kämpfen - oder um die Ablöse. Noch am Freitag wurde ihm bis spät in den Abend hinein die Freigabe verweigert.

"Plötzlich hat Leverkusen um mich gekämpft, dass es nicht einfach war, wegzugehen", erklärte der Trainer, "aber ich hatte mich in der letzten Woche nach Gesprächen entschlossen, dass Hamburg der richtige Weg für mich ist."

Mehr als 16 Millionen Euro für Neuzugänge

Gemeinsam mit Manager Dietmar Beiersdorfer muss Labbadia ab sofort die neue Saison planen.

Gemeinsam mit Manager Dietmar Beiersdorfer muss Labbadia ab sofort die neue Saison planen.

(Foto: REUTERS)

In den vergangenen drei Tagen saßen Labbadia und Beiersdorfer bereits zusammen, um sich auf den Rahmen für die kommende Spielzeit zu einigen. "Unser Ziel wird natürlich wieder sein, unter die ersten Fünf zu kommen", sagte der neue Trainer, "aber das wird schwer, das wollen zehn Vereine in der Bundesliga." Einem Verkauf von Leistungsträgern wie Piotr Trochowski, Marcell Jansen und Mladen Petric, der vom VfL Wolfsburg umworben wird, erteilte er eine klare Absage: "Das sind hervorragende Spieler. Wir dürfen nicht nur nach außen schauen, sondern müssen auch unsere eigenen Spieler schätzen."

Mehr als 16 Millionen Euro hat der Verein zur Verfügung, um das Team zu verstärken. In den kommenden Tagen sollen die Transferaktivitäten deshalb verstärkt werden. "Wir werden versuchen, den Kader weiter zu verbessern", sagte Labbadia, "es gibt mir Power zu wissen, was die nächsten Wochen bedeuten, auch in Bezug auf die Neuverpflichtungen."

Hoffmann und Beiersdorfer hören das alles gerne, sie versprechen, "Geduld" zu haben. Wie so oft beim HSV in den letzten acht Jahren.

Quelle: ntv.de, sid

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