Deutscher Rekord im "Ally Pally" Dramatisches Darts-Finale endet mit Blut und WM-Quali
09.11.2024, 09:31 Uhr
Kai Gotthardt hat sich als sechster Deutscher in diesem Jahr für die Darts-WM qualifiziert.
(Foto: Felix Höfer/PDC Europe)
Blut, Schweiß und Tränen: Kai Gotthardt qualifiziert sich zum ersten Mal für die Darts-Weltmeisterschaft und holt sich dabei sogar eine blutige Nase ab. Vorausgegangen ist ein dramatisches Super-League-Finale. Ein neuer deutscher Rekord stand bereits vorher fest.
Der Rekord war schon vor dem Finale der Super League abgesichert: Zum ersten Mal in der Geschichte der Darts-WM werden sechs Deutsche beim legendären Turnier in London mitmischen. Bei der Super League, dem Turnier für die besten noch nicht qualifizierten Spieler aus dem deutschsprachigen Raum, wurde der letzte Teilnehmer gesucht. Im Finale in Hildesheim standen sich der leicht favorisierte Kai Gotthardt und Paul Krohne gegenüber. Gotthardt setzte sich hochdramatisch durch, die Partie wog hin und her, am Ende setzte "The Tunnel" seinen ersten Matchdart in das acht Millimeter schmale Doppelfeld.
Gotthardt ließ sich auf den Boden fallen, klopfte vor Freude mit den Händen auf den Boden. Dann die ganz große Ekstase, runter zu seinen Freunden und Fans im Zuschauerbereich. "Heute ist mein größter Traum in Erfüllung gegangen", konnte Gotthardt sein Glück im Sieger-Interview anschließend kaum fassen. "Es ist ein unbeschreibliches Gefühl, davon träumt jeder Dartspieler. Ich denke, es wird dauern, bis ich realisiere, was ich hier geschafft habe", sagte Gotthardt, der sich beim Jubeln eine blutige Nase zugezogen hat.
Der 29-jährige Esslinger krönte mit dem 8:7-Sieg im Finale einen spektakulären Lauf in der Finalrunde der Super League. Am Vortag hatte Gotthardt gegen den deutschen WM-Rekordteilnehmer Max Hopp mit 6:5 gewonnen. Der Krimi hatte sich zunächst nicht abgezeichnet, als Gotthardt schnell mit 4:0 davon rauschte. Doch Hopp startete ein starkes Comeback, im Entscheidungs-Leg musste Gotthardt alles aufbieten. "The Tunnel" überstand das Hopp-Comeback und machte am Freitagabend genau dort weiter. Gegen Franz Rötzsch setzte sich Gotthardt ebenfalls mit 6:5 durch. Der Einzug ins Halbfinale war damit unter Dach und Fach. Hier schaffte Gotthardt gegen den aufstrebenden jungen Spieler Dominik Grüllich eine beeindruckende Willensleistung, gewann nach 1:5-Rückstand noch mit 7:6. Und auch im Endspiel hatte Gotthardt zwischenzeitlich in Rückstand gelegen.
Topfavorit mit den Last-Minute-Momenten
Kai Gotthardt krönt mit dem Triumph von Hildesheim sein bisher mit Abstand stärkstes Jahr auf der Darts-Tour. Erst vorigen Monat hatte der Mann aus Baden-Württemberg bei einem der größten Amateur-Darts-Turniere der Welt in Ungarn das Finale erreicht. Auf der Profitour durfte Gotthardt im Verlauf des Jahres als Nachrücker ebenfalls das ein oder andere Mal mitspielen. Hier zog "The Tunnel" sogar in ein Achtelfinale ein. Auch deshalb ist der 29-Jährige als einer der Topfavoriten in die Super League eingestiegen - und hatte am Ende trotz mehrerer ultraknapper Partien das bessere Ende für sich.
Gotthardts Lohn: Das WM-Debüt im altehrwürdigen Alexandra Palace, der Kultstätte des Darts in London. Für das Erreichen der 1. Runde hat Gotthardt bereits 7500 Pfund (9000 Euro) Preisgeld sicher. Für Runde zwei gibt es bereits die doppelte Summe, aber das ist Zukunftsmusik. Am 25. November erfährt Gotthardt seinen Erstrunden-Gegner, das Turnier selbst beginnt am 15. Dezember und endet am 3. Juni.
"The Wall" und "German Giant" führen deutschen Tross an
Angeführt wird der schwarz-rot-goldene Tross von Martin Schindler. Der 28-Jährige, wegen seiner Berliner Herkunft "The Wall" ("Die Mauer") genannt, hat sich im Verlauf des Jahres zur Deutschen Nummer eins gemausert. Schindler steigt in Runde 2 ins Turnier, genauso Gabriel Clemens. Der "German Giant" schrieb bei der WM 2022/2023 die bisher mit Abstand größte deutsche WM-Geschichte, als er sensationell ins Halbfinale einzog.
Ebenfalls mit von der Partie ist Ricardo Pietreczko, der im Vorjahr den späteren Weltmeister Luke Humphries in der 3. Runde am Rande einer Niederlage hatte. Seine bereits vierte WM spielt der Wahl-Kölner Florian Hempel. Und neben Kai Gotthardt hat sich auch der Mainzer Niko Springer zum ersten Mal ins WM-Teilnehmerfeld gespielt. "Die Entwicklung des Dartsports in Deutschland freut uns riesig", sagte Philip Brzezinski, Sportchef bei der PDC Europe, dem Ausrichter der Super League. "Deutschland kann sportlich mithalten. Der neue Rekord an WM-Teilnehmern ist ein weiterer Indikator dafür, dass wir auf einem hervorragenden Weg sind."
Und womöglich schafft es ein weiterer Deutscher zur WM. Die größte Chance gibt es beim Qualifikationsturnier für die noch nicht qualifizierten Spieler der Profitour. Am 25. November, unmittelbar vor der WM-Auslosung, wird es ein Hauen und Stechen um die letzten Startplätze bei der Weltmeisterschaft geben. Vielleicht schafft es Paul Krohne über diesen Umweg doch noch nach London - notfalls würde er sich dafür sicher auch eine blutige Nase abholen.
Quelle: ntv.de