Formel 1 in Spanien Keine Ausreden mehr
08.05.2009, 11:39 UhrEs war die 22. Runde auf dem Circuit de Catalunya als die Formel-1-Welt den Atem anhielt. Beim Großen Preis von Spanien 2008 raste in Kurve neun ein Silberpfeil ungebremst in die Reifenstapel. Beim Aufprall zerbrach der MP4-23 in zwei Teile. Erinnerungen an die vielen Unfälle in der Historie der Königsklasse wurden wach. Nicht zuletzt an die tödlichen, deren bisher letzter 14 Jahre zurücklag. 1994 starb F1-Ikone Ayrton Senna in Imola. Umso größer war die Erleichterung, als der McLaren-Pilot Heikki Kovalainen noch auf der Trage seinen Daumen nach oben streckte.
Die Kurve neun ist nun entschärft. Zehn Meter mehr Auslaufzone und ein längerer Bordstein sollen solche Szenen am Sonntag verhindern. Aber auch sonst ist vieles anders in dieser Saison. Auf dem Podium werden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht wie im vergangenen Jahr Hamilton als Sieger sowie Massa und Kubica stehen. Der Grund dafür ist schlicht, dass weder Mercedes noch Ferrari oder BMW derzeit siegfähig sind.
Doch gerade BMW-Sauber tritt in Spanien erneut mit einer gehörigen Portion Optimismus an. Der F1.09 ist runderneuert worden, vor allem was die Aerodynamik angeht. Das wird auch an der Optik des Autos zu erkennen sein. Dennoch verzichtet BMW auf den Einsatz des umstrittenen Doppel-Diffusors. Auch das Kers-System wurde aus dem Auto geworfen. Damit ist ohnehin nur Nick Heidfeld gefahren. Quick Nick jedenfalls gibt sich zuversichtlich, ein Stück näher an die Spitze heranrücken zu können. Eine halbe Sekunde soll sein Auto nun schneller sein.
BMW redet nicht mehr vom Titel
Teamchef Mario Theissen ist hingegen etwas zurückhaltender. "Einige Teams haben sich schon während des Überseeblocks deutlich verbessert, haben technische Weiterentwicklungen von Rennen zu Rennen gemacht, während wir eine andere Philosophie eingeschlagen haben", sagte Theissen zu den "deutlichen Verbesserungen. Ich gehe davon aus, dass man die auf der Strecke sehen wird". Vom WM-Titel will er vorerst nichts wissen. Man hat den Eindruck, dass der Rennstall umso gefährdeter ist je lauter man sich zum Engagement in der Formel 1 bekennt. Erfolge müssen her, sonst könnte es spätestens nach dieser Saison doch eng werden.
Ganz so viel Druck hat McLaren-Mercedes nicht. Nach dem guten Ergebnis in Bahrain, wo Lewis Hamilton mit dem vierten Platz erstmals diese Saison am Podest schnuppern durfte, und 13 Punkten insgesamt ist wieder ein klein wenig Ruhe eingekehrt. Team-Chef Norbert Haug, der sich in dieser Saison zum notorischen Tiefstapler entwickelt hat, kündigte bereits in der Wüste von Bahrain an, dass man wohl in Spanien nicht ganz so stark sein werde. "Ich habe nicht den Eindruck, dass wir dramatisch weiter sind."
Haug pessimistisch, Vettel engagiert
Doch auch der MP4-24 hat eine deutliche Frischzellenkur erfahren. Aber das Auto hat immer noch ein massives Problem mit dem Abtrieb auf der Hinterachse. Die ist aber für schnelle Kurvenfahrt unabdingbar. Deshalb rechnet Haug auch nicht damit, in den letzten Qualifyingabschnitt vordringen zu können.
Auch der neue deutsche Superstar, Sebastian Vettel, rechnet in Barcelona mit einem schwierigen Rennen. Allerdings geben sich alle Teams, auch der derzeitige Branchenprimus BrawnGP, eher bescheiden. Bei den Test war Red Bull allerdings nicht so stark, aber auch am RB5 hat sich einiges getan. Im Rückblick auf den Grand Prix in Bahrain gibt man sich selbstkritisch. Man habe den Sieg in der ersten Kurve weggeschenkt. Zudem sei der Motor auf leicht kühlere Temperaturen eingestellt gewesen und somit im Rennen sehr heiß geworden.
Rosberg befürchtet Rückschritte
Sebstian Vettel hingegen muss in seiner Motivation fast gebremst werden. Sein finnischer Arzt, Aki Hintsa, bezeichnete den Heppenheimer als "unglaublich". Er frage immer nach, wie er sich verbessern könne. Man müsse ihn fast bremsen. Einen neuen Fitnesstrainer hat Vettel auch. Tommi Parmakoksi kommt natürlich auch nach Finnland. Ansonsten sieht sich der Pilot nicht als Star. Es gebe keine Vettel-Mania, sagte der sympathische 21-Jährige.
Nico Rosberg gibt sich hingegen pessimistisch vor dem Rennen. Gerade einmal dreieinhalb Punkte hat er bisher gesammelt, wenn auch einiges an Pech im Spiel war. In allen freien Trainings fuhr er Bestzeit, im Rennen ließ sich die gute Performance dann aber nicht umsetzen. Teils wegen Fehlern, teils weil das Auto auf der Renndistanz doch nicht so gut ging. Rosberg sieht sogar einen Rückschritt. "In Melbourne waren wir dritte Kraft - das sind wir längst nicht mehr. Wir sind zurückgefallen. Jetzt müssen wir Gas geben", sagte der 23-Jährige.
Schwieriges Überholen in Barcelona
Bei Ferrari sieht man sich auf gutem Wege. Ein komplett aufgefrischter F60 B soll die Roten wieder nach vorne bringen. Mit einem neuen Aerodynamikpaket soll das Auto deutlich mehr Abtrieb haben. Auch der Doppel-Diffusor ist an Bord. Damit will man vor allem im Qualifying weit vorne stehen, um Problemen wie beim jüngstenRennen in Bahrein aus dem Weg zu gehen. "Es wird interessant sein, den Wagen erstmals auszuprobieren", sagt Ferrari-Pilot Kimi Raikkönnen. In jedem Fall muss Ferrari in Spanien was zeigen. Sonst dürften in Maranello bald Köpfe rollen.
Die Strecke in Barcelona könnte den Zuschauern ein langweiligeres Rennen als zuletzt bescheren. Das Überholen auf dem Circiut de Catalunya ist sehr schwierig. Dort könnte sich zeigen, ob das Kers-System wirklich etwas bringt. Wenn es mit dem Zusatz-Boost nicht gelingt, dann dürfte das Qualifying entscheidend für das Rennergebnis werden. Und da gilt es dann für alle Teams. Spätestens zu diesem Zeitpunkt der Saison müssen alle Karten auf den Tisch gelegt werden. Wer jetzt nicht vorne dabei ist, wird es wohl auch im Verlauf der Saison nicht mehr schaffen. Es gibt keine Ausreden mehr.
Quelle: ntv.de