7. Matchball in Wimbledon sitzt Kerber macht Halbfinale spektakulär perfekt
10.07.2018, 16:33 Uhr
Kerber zieht ihr Viertelfinale gegen Kassatkina mit viel Power durch.
(Foto: imago/Colorsport)
Angelique Kerber fügt ihren grandiosen Auftritten in Wimbledon einen weiteren hinzu: Im Viertelfinale gegen Darja Kassatkina zeigt die deutsche Nummer eins spektakuläres Tennis - und Nerven. Für ihren Einzug ins Halbfinale benötigt Kerber gleich sieben Matchbälle.
Entschlossen ballte Angelique Kerber die Fäuste und schrie ihre Freude heraus. Deutschlands bester Tennisspielerin fehlt nur noch ein Sieg zu ihrem zweiten Wimbledon-Finale. Die ehemalige Nummer eins der Tennis-Welt setzte sich in London gegen die Russin Darja Kassatkina 6:3, 7:5 durch und zog zum dritten Mal beim berühmtesten Tennis-Turnier der Welt unter die Runde der besten Vier ein.
Das Ende des Viertelfinals bot mitreißende Spannung, als Kerber in sehenswerten Ballwechseln zunächst sechs Matchbälle ausließ. Nach 1:29 Stunden nutzte die 30-Jährige nach einer überzeugenden Vorstellung mit Nervenstärke ihren siebten Matchball. "Wir haben beide am Ende auf einem sehr hohen Level gespielt. Ich habe versucht, konzentriert zu bleiben. Ich habe versucht, nicht daran zu denken, dass es Matchball ist und mich bis ans Limit gepusht", sagte Kerber in einem kurzen Siegerinterview.
Zweites Endspiel nach 2016?
30 Jahre nach dem ersten Wimbledon-Sieg von Steffi Graf demonstrierte die Kielerin, warum sie inzwischen als Titelanwärterin gehandelt wird. Schlüssel war aber auch ihre deutlich geringere Fehlerquote. Im Halbfinale am Donnerstag kann die zweimalige Grand-Slam-Siegerin Kerber jetzt gegen die letztjährige French-Open-Gewinnerin, Jelena Ostapenko aus Lettland, wie vor zwei Jahren das Endspiel erreichen. Damals hatte Kerber gegen die US-Amerikanerin Serena Williams verloren.
"Es ist egal, gegen wen ich spiele. Ich muss mein bestes Tennis spielen und ich will es auch genießen", sagte Kerber. Auf dem Centre Court, den Kerber gern als magisch beschreibt, legte die Schleswig-Holsteinerin aggressiv los und brachte die Weltranglisten-14. mit ihrer Vorhand häufig in Schwierigkeiten. Mit zwei Doppelfehlern überließ Kassatkina der Norddeutschen das erste Aufschlagspiel. Nach zehn Minuten führte Kerber mit 3:0. Die deutlich erfahrenere Linkshänderin versuchte die Ballwechsel zu diktieren, um gegen die neun Jahre jüngere Russin nicht selbst in die Bedrängnis zu geraten. Die Kontrahentinnen lieferten sich teils hochklassige und lange Ballwechsel, immer wieder konnte sich die Kielerin auf ihre Vorhand und ihre Fitness verlassen.
Dennoch war die 30-Jährige machtlos, als Kassatkina mit ihrer Power und dem risikoreichen Spiel auf 3:4 herankam. Kerber zeigte sich unbeeindruckt - und wieder half die Russin mit zwei Doppelfehlern beim nächsten Break mit. Ein Aufschlagspiel später sicherte sich die deutsche Nummer eins vor den Augen ihrer Mutter Beata den ersten Satz.
Gesamte Top Ten nicht mehr vertreten
Vor zwölf Tagen hatte Kerber Kassatkina im letzten Turnier vor Wimbledon in Eastbourne niedergerungen, nervenstark im Tiebreak des dritten Satzes. Auch diesmal ging die Australian-Open- und US-Open-Gewinnerin von 2016 als Favoritin ins Spiel. Dass das aber kein Weiterkommen bedeuten muss, dafür gab es warnende Beispiele genug: Schließlich sind in diesen verrückten Wimbledon-Tagen die Top Ten der Setzliste schon vor dem Viertelfinale ausgeschieden. "Ich fühle den Druck nicht. Ich gucke nicht, wer noch übrig ist", hatte Kerber gesagt.
Auch im zweiten Satz machte die Weltranglisten-Zehnte konzentriert weiter und ließ sich mit ihrem unbändingen Willen nicht mehr vom zweiten Grand-Slam-Halbfinale in diesem Jahr nach den Australian Open im Januar abbringen. Schon beim Stand von 5:4 hätte Kerber das Match bei eigenem Aufschlag beenden können. Als sie sich nach einem erlaufenen Stoppball dann die erneute Führung zum 6:5 holte, hielt es Mutter Beata auf der Tribüne nicht mehr auf ihrem Sitz.
"Ich habe das schwierige Match erwartet. Ich habe versucht, Punkt für Punkt zu spielen", erklärte Kerber. Erleichtert pustete sie nach dem siebten Matchball durch, schrieb noch Autogramme und verschwand ins Eisbad.
Quelle: ntv.de, Kristina Puck, dpa