Hoher Besuch für DFB-Elf Klinsmann sagt guten Tag
22.08.2007, 15:44 UhrUnd plötzlich war Jürgen Klinsmann wieder da. Im sandfarbenen Sommermantel und mit seinem gewinnenden Lächeln betrat der Ex-Bundestrainer den Rasen des neuen Wembleystadions. Wie ein Phantom tauchte "Klinsi" 395 Tage nach seinem Rücktritt wieder auf und stattete der deutschen Fußball-Nationalmannschaft vor dem Klassiker gegen England erstmals einen Besuch ab. Mit der spontanen Visite blieb sich der Schwabe einmal mehr treu: Mit diesem Überraschungsgast hatte niemand gerechnet. Nicht einmal in der Delegation des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) waren alle in die von Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff und Bundestrainer Joachim Löw eingefädelte Aktion eingeweiht.
"Wunderschönes Gefühl" 
"Es ist ein wunderschönes Gefühl. Ich habe mich riesig gefreut, dass ich hier rüberkommen darf. Es ist einfach schön, die Leute wiederzusehen", ließ Dauer-Urlauber Klinsmann im Internet auf der DFB-Homepage verkünden. Im Stadion war dem WM-Helden hingegen kein Statement mehr zu entlocken. Kurz drehte sich der 43-Jährige zu den Fotografen am Spielfeldrand um, dann beobachtete er an der Seite von DFB-Betreuern und Physiotherapeuten das Abschlusstraining unter der Leitung seines früheren Assistenten und Nachfolgers Löw. Dabei konnte er in viele neue Gesichter blicken. Nach der Absage-Welle standen nur noch neun von Klinsmanns 23 WM-Akteuren im aktuellen Kader.
Siegerpokal von Elisabeth II.
In der Rolle des Länderspiel-Touristen fühlte sich der Wahl-Amerikaner sichtlich wohl. Gemeinsam mit anderen Ex-Größen des deutschen Fußballs wie Uwe Seeler, Paul Breitner und Rudi Völler konnte er als Gast des DFB die Partie in Englands neuem Fußball-Tempel verfolgen. In der alten Arena hatte er als Nationalmannschafts-Kapitän 1996 einen seiner größten Erfolge gefeiert und aus der Hand von Englands Königin Elisabeth II. den EM-Siegerpokal in Empfang nehmen können.
Die weiter mit Spannung erwartete Frage nach seiner beruflichen Zukunft ließ Klinsmann unbeantwortet. "Da bin ich auch gespannt", sagte er - und ließ somit allen Raum für Spekulationen. Noch zu Wochenanfang war er bei seinem Ex-Verein Tottenham Hotspur als möglicher Nachfolger des mächtig in der Kritik stehenden Trainers Martin Jol gehandelt worden. Wenige Stunden später war Klinsmann in Englands Zeitungen aber von Juande Ramos (FC Sevilla) als Top-Kandidat der Spurs abgelöst.
Spekulationen über berufliche Zukunft
In den nun schon 13 Monaten seiner beruflichen Auszeit hatte es immer wieder Spekulationen über ein neues Engagement gegeben. Als Nationalcoach Mexikos oder beim FC Chelsea war er im Gespräch, konkret, aber letztlich erfolglos, waren im Frühjahr die Verhandlungen mit dem US-Verband. "Und wenn etwas kommt, was wirklich auch zusammenpasst mit der Familie, was sich optimal verbinden lässt, dann werde ich wieder zurückgehen", nannte Klinsmann seine Bedingung für eine Rückkehr in den Trainerjob. Sein Engagement als TV-Experte bei arena platzte, da der Sender aus wirtschaftlichen Gründen seine Bundesliga-Übertragungen einstellen musste.
Auswirkungen der Klinsmann-Ära
Im deutschen Fußball hat Klinsmann in jedem Fall seine Spuren hinterlassen. Nachfolger Löw spürt die Auswirkungen der Klinsmann-Zeit. "Zuletzt habe ich festgestellt, dass es in der Bundesliga eine Trendwende gab. Man konnte feststellen, dass einige Vereine auch gerade junge deutsche Spieler gefördert und ihnen eine Chance gegeben haben", sagte Löw. Teammanager Bierhoff sieht durch Klinsmanns Wirken den DFB im Umbruch: "Der Verband ist offener geworden", sagte er. Und Jens Lehmann ergänzte: "Selbst die größten Kritiker müssen anerkennen, dass die Nationalmannschaft eine riesige Euphorie ausgelöst und einen Riesenschritt nach vorn gemacht hat. Nicht umsonst orientieren sich inzwischen viele Bundesliga-Vereine an Klinsmanns Methoden."
Von Arne Richter und Jens Mende, dpa
Quelle: ntv.de