"Das finde ich total bescheuert" Kommissar Eisenbichler kämpft sich nach Absturz wütend zurück
25.10.2024, 13:51 Uhr
Die Landung gehört nicht zu Eisenbichlers Top-Stärken.
(Foto: picture alliance / Wagner)
Verschwunden in der Versenkung, sinnbildlich abgestürzt von der Schanze - das ist Markus Eisenbichler in der vergangenen Saison. Nun kämpft sich der Skispringer zurück, die Liebe zu seinem Sport ist neu entfacht. Doch eins treibt ihn so richtig zur Weißglut.
Markus Eisenbichler kann den Schnee förmlich schon riechen. "Ich habe wieder richtig Lust, endlich. Meine Vorfreude ist riesig", sagt der sechsmalige Skisprung-Weltmeister, der nach einem völlig verkorksten Winter zurück nach oben will. Dorthin also, wo er jahrelang war, ehe er einen bösen Absturz erlebte und sogar über einen Rücktritt nachdachte.
Kein einziges Weltcup-Springen absolvierte Eisenbichler in der vergangenen Saison, erstmals seit 2012 verpasste er die Vierschanzentournee. Was lief schief? "Ein Haufen Zeug", sagt der Bayer im Rückblick, "private Sachen", aber auch das schmerzende Knie und die fehlende Form. Nach der Saison nutzte er eine Hüttentour auf den Lofoten in Nordnordwegen, um den Kopf freizubekommen und Kraft zu sammeln.
Ein halbes Jahr später ist Eisenbichler bereit für den Neuanfang. Das Knie zwickt zwar noch ein wenig, aber "das habe ich im Griff", sagt der 33-Jährige. Sein großes Ziel ist es, beim Weltcupstart am 23. November im norwegischen Lillehammer zum siebenköpfigen deutschen Aufgebot zu gehören. Doch ein Selbstläufer wird das nicht.
Knatsch mit dem Bundestrainer
"Wenn er jetzt im Training gute Leistungen bringt, dann könnte er es schaffen", sagt Bundestrainer Stefan Horngacher, schränkt aber auch ein: "Wenn er noch nicht dabei ist, gehe ich davon aus, dass er spätestens bei der Tournee auf der Liste steht." Das erste Highlight der Saison beginnt am 29. Dezember in Oberstdorf.
Horngacher hatte Eisenbichler vor einem Jahr für dessen Entscheidung kritisiert, seine Ausbildung bei der Polizei zu forcieren. Bei der Einkleidung für den kommenden Winter verteidigte der inzwischen zum Kommissar aufgestiegene DSV-Adler seine Entscheidung. "Natürlich war das nicht optimal in der Vorbereitung, aber das war mir für meine weitere Zukunft einfach wichtig", sagte er.
Nun aber gelte der Fokus wieder dem Skispringen, bei den deutschen Meisterschaften am 12. Oktober wurde er Siebter. "Das Springen macht mir immer noch extrem viel Spaß, es lässt mich noch nicht ganz los", so Eisenbichler. Dabei habe er im vergangenen Jahr durchaus einen Rücktritt erwogen. "Natürlich denkst du auch mal kurz darüber nach und sagst: Das mag ich nicht mehr, das muss ich mir nicht mehr antun", so Eisenbichler, der es zwischenzeitlich sogar im zweitklassigen Continental Cup nicht in den zweiten Durchgang geschafft hatte.
Ärger über neue Bewertungsregel
Weil dann aber Siege in jener zweiten Liga des Skispringens folgten, kam die Lust zurück. Auch die Aussicht auf die WM im norwegischen Trondheim im Februar motiviert ihn. "Was letztes Jahr war, war letztes Jahr", sagt Eisenbichler.
Nur eins stört ihn für diese Saison: die neue Bewertungsregel. In Zukunft wird die Landung noch wichtiger. Sprungrichter sollen mehr Punkte abziehen, wenn ein Athlet dabei keinen Telemark zeigt. Eisenbichler nervt das, "weil die Kampfrichter mehr Macht kriegen". Man werde für weite Sprünge bestraft, weil es dann schwieriger ist, mit Telemark zu landen. "Das finde ich total bescheuert, ganz ehrlich, was sich die Fis da wieder einfallen lassen hat." Bisher habe immer der beste Springer gewonnen. "Jetzt kann es sein, dass du der Beste bist und nicht auf dem Podest bist. Das ist einfach nicht fair", sagte Eisenbichler. "Ich verstehe gewisse Leute nicht, die das entscheiden."
Ob nun Weltcup oder zweite Liga - die Regel gilt überall, er entkommt ihr nicht. Sollte der Ex-Weltmeister den Sprung ins Weltcupteam nämlich nicht schaffen, beginnt wohl eine erneute Ochsentour. Der Continental Cup startet am 7. Dezember auf den Pekinger Olympiaschanzen von 2022. Dort also, wo Eisenbichler vor zwei Jahren Fünfter von der Großschanze wurde und Bronze mit der Mannschaft holte. So lange ist das noch gar nicht her - und doch so weit weg.
Quelle: ntv.de, ara/sid/dpa