Der schnellste Rüpel der Welt Lauda kritisiert Hamilton
13.10.2008, 13:21 UhrEinige rieben sich die Hände, andere schüttelten den Kopf, in Schutz nahmen ihn nur wenige: Asphalt-Heißsporn Lewis Hamilton hat durch seine Start-Attacke von Japan die Kritik an seinem Fahrstil noch lauter werden lassen. Die Zweifel wachsen, ob der Formel-1-Meisterschüler aus seinen Fehlern im vergangen Jahr wirklich gelernt hat und das Klassenziel diesmal erreicht. Viel Zeit, um seine vom Titelkampf strapazierten Nerven zu beruhigen, hat Hamilton indes nicht. Schon am Sonntag kann er in Shanghai trotz allem vorzeitig Weltmeister werden - aber auch seine WM-Führung einbüßen. "Er muss jetzt mal ein bisschen Ruhe haben", forderte Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug: "Lewis war vielleicht ein bisschen zu heiß."
Hamilton polarisiert die Formel 1. Nicht der rüde Rempler von WM-Verfolger Felipe Massa, der Hamilton eine Top-Platzierung nach Pole Position kostete, erhitzte am Fuße des Fuji-Vulkans die Gemüter, sondern Hamiltons Attacke gegen "Iceman" Kimi Räikkönen gleich nach dem Start. "Als die roten Lichter ausgingen, vernebelte sich sein Gehirn", spottete sogar das englische Boulevard-Blatt "Daily Express". "Es war einfach ein zu großes Risiko", gab Hamilton zu. Sein Vorsprung im Klassement schmolz auf fünf Punkte, nachdem Massa (79) nachträglich noch Siebter beim packenden Großen Preis von Japan geworden war. Zwölf Zähler hinter Hamilton (84) liegt der Fuji-Zweite Robert Kubica im BMW-Sauber in Lauerstellung.
Lauda: "Ich bin enttäuscht"
"Ich bin enttäuscht von Lewis. So hat er schon im letzten Jahr die WM verspielt. Ein völlig unnötiges Risiko", sagte der ehemalige Weltmeister Niki Lauda. 2007 vergab Hamilton in den letzten beiden Saisonrennen einen 17-Punkte-Vorsprung, Weltmeister wurde Räikkönen. Holt Hamilton in Shanghai, das böse Erinnerungen an sein verkorkstes Vorjahres-Rennen inklusive Ausfall weckt, nun aber mindestens sechs Punkte mehr als Massa, wäre er mit 23 Jahren, 9 Monaten und 12 Tagen jüngster Titelträger der Formel-1-Geschichte.
Abseits der Strecke wird der Ton schärfer. Dass Massa für seinen Schubser mit einer Durchfahrtsstrafe das gleiche Urteil erhielt wie Hamilton für sein waghalsiges Manöver, sorgte bei den Silbernen für Unverständnis. "Es ist rätselhaft, was da für Entscheidungen gefällt werden", schimpfte McLaren-Chef Ron Dennis. Hamilton unterstellte Massa "Absicht", der Brasilianer aber hielt es für einen normalen Rennvorfall. "Da war Spa ein kerngesundes Manöver und das wurde anders bestraft, nämlich mit etlichen Punkten", hielt Mercedes-Mann Haug dagegen. In Belgien war Hamilton wegen einer Strafe nach seiner Schikane-Abkürzung der Sieg aberkannt worden, Massa gewann. "Lewis und Felipe - das Duell hört nie auf", frohlockte "La Repubblica".
Die Nerven nicht im Zaum
Einer genoss die erneute Sanktion Hamiltons wegen angeblich rüden Fahrens im Formel-1-Verkehr ganz offensichtlich: Fernando Alonso, vor einem Jahr noch der von Hamilton intern geschlagene Teamkollege des Shootingstars der Königsklasse. Ohne eine Sekunde zu zögern antwortete der Japan-Sieger auf die Frage, ob er die Strafe gegen Hamilton für fair halte: "Ich stimme ihr zu." Der Deutsche Nick Heidfeld hielt Hamiltons Übermut in der ersten Kurve für "unnötig". Der für seine Überholmanöver oft gelobte BMW-Sauber-Pilot meinte: "Ich dachte, Hamilton hätte aus dem letzten Jahr gelernt."
Hamilton hat seine Nerven noch nicht so im Zaun, wie er zuletzt vorgab. Er wolle nicht um jeden Preis um den Sieg fahren, hatte er vor dem Japan-Rennen noch gesagt. Als Räikkönen sich vor ihn schob, sah er aber rot. "Er hat sich selbst geschadet und wird dadurch sicher auch lernen", meinte Haug.
Quelle: ntv.de