Superstar, Rebell, Narziss Lin Dan, Bad Boy des Badmintons
29.02.2012, 12:48 Uhr
Virtuose mit dem Badmintonschläger: Lin Dan thront über allen Gegnern.
(Foto: picture alliance / dpa)
Bei den German Open schlägt mit Lin Dan der wohl beste Badmintonspieler der Geschichte auf. In China ist der Olympiasieger von Peking ein Superstar, ebenso extrovertiert wie unantastbar. Im Rest der Welt sind Lins Allüren allerdings umstritten. Vor seinem Gastspiel in Deutschland gibt sich der Provokateur handzahm.
Ein Schlag ins Gesicht seines Trainers verschaffte Lin Dan im Ausland mehr Gehör als alle seine Titel. Kurz vor den Olympischen Spielen in Peking vergriff sich der chinesische Badmintonstar erst im Ton, dann an Ji Xinpeng. Der Coach musste gehen und "Super Dan" gewann anschließend souverän Gold. Im Reich der Mitte versetzte Lin dem System im Nationalsport Badminton einen Hieb, blieb selbst jedoch unangetastet. Bei den German Open in Mülheim an der Ruhr gibt sich der 28 Jahre alte Topfavorit derzeit handzahm, die Aura des chinesischen Rebells umweht Lin dennoch. Fünf Sterne zieren den Unterarm der linken Schlaghand. Körperschmuck, der seinem Trainer und Mentor Li Yongbo nicht gefallen dürfte, Einwände hat der frühere Doppelweltmeister gegen Lins Darstellungsdrang jedoch schon lange nicht mehr. Vier WM-Titel und die Goldmedaille von Peking als Krönung haben das Duo zusammengeschweißt. In London soll Lins olympischer Siegeszug weitergehen.

Die bisherige Krönung seiner Laufbahn war der Olympiasieg 2008 in Peking.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Wenn es nach Deutschlands Nummer eins Marc Zwiebler geht, ist Gold bereits vergeben. "Lin Dan ist der beste Spieler der Geschichte. Er ist ein kompletter Spieler, nahezu perfekt", sagt der Weltranglisten-14. aus Bonn, der im vergangenen Jahr überraschend einen Satz gegen Lin gewinnen konnte. Zwiebler weiß um Lins Ruf als "Bad Boy des Badmintons", der sich mitunter bei Siegen das T-Shirt zerreißt, nur um den weiblichen Fans sein "Six-Pack" zu präsentieren. Das schaut sich Lin gerne selbstverliebt im Spiegel an. Die großen Gesten auf dem Feld stören Zwiebler allerdings wenig: "Er tut unserer Sportart einfach gut und ist auf dem Feld sogar einer der fairsten Topleute. Schade ist nur, dass er kein Englisch spricht."
Superstar, Werbemillionär, Mädchenschwarm
Darin unterscheidet sich Lin nicht von vielen anderen chinesischen Sportlern. So westlich sein Auftreten ist, so wenig sprachgewandt kann er seinen Sport in Europa vermarkten. Erst kürzlich klagte er der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua bei den Laureus Sport Awards in London sein Leid: "China ist gut im Tauchen, Tischtennis und Badminton, und unsere Nationalflagge wurde so oft in der ganzen Welt gehisst. Aber global sind diese Sportarten nicht populär genug."
Im Milliarden-Reich ist Lin dagegen Superstar, Werbemillionär und Mädchenschwarm. Seine Liaison mit Ex-Weltmeisterin Xie Xingfang war monatelang Gesprächsthema Nummer eins. Die Badmintonstars hatten es gewagt, ihre Liebe öffentlich zu machen - ein Affront gegen das Trainerteam. Xie musste ihre Karriere nach Olympiasilber 2008 beenden, um Lin heiraten zu dürfen. Seine Popularität, die Goldmedaille und Trainer Li Yongbo schützten Lin vor einem ähnlichen Schicksal.
Polarisierender Provokateur
Das Publikum polarisiert Lin mit seiner provokanten Art. In Mülheim drängten sich die Zuschauer auf der Tribüne, um den dreimaligen German-Open-Sieger zu sehen. Lins Spiel kann spektakulär begeistern, jedoch genauso lässig schludern. Lin schwänzt Pressekonferenzen und zuckt bei Kritik nur gelangweilt mit den Schultern. Den Vorwurf, Spiele absichtlich zu verlieren, versucht er gar nicht zu entkräften.
In Mülheim schweigt die chinesische Delegation und verschwindet schnell wieder im Hotel. Lin wirkt beinahe schüchtern. Zum großen Schlag holt er nur noch auf dem Feld aus.
Quelle: ntv.de, Cai-Simon Preuten, sid