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Endspurt im Dreikampf um Olympia 2020 Madrid startet letzte Charme-Offensive

Beendet mit der Wahl zu Olympia 2020 seine zwölfjährige Amtszeit: IOC-Präsident Jaques Rogge.

Beendet mit der Wahl zu Olympia 2020 seine zwölfjährige Amtszeit: IOC-Präsident Jaques Rogge.

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

Der Kampf um die Ausrichtung der Olympischen Spiele 2020 befindet sich in der entscheidenden Phase. Noch einmal werfen die Kandidaten Istanbul, Madrid und Tokio alles in die Waagschale, um das IOC zu überzeugen. Besonders Madrid besticht durch seine Leichtigkeit.

Hat gut Lachen: Spaniens Kronprinz und Olympia-Botschafter Felipe.

Hat gut Lachen: Spaniens Kronprinz und Olympia-Botschafter Felipe.

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

Als auch noch Kronprinzen-Gemahlin Letizia in schwarzem Sakko, weißem Shirt und mit einem strahlenden Lächeln in der Lobby des Buenos Aires Hilton auftauchte, hatte Madrid endgültig Oberwasser. Vor dem Tag der Entscheidung mit der Wahl des Olympia-Gastgebers 2020 durch die 125. IOC-Vollversammlung scheinen die Zeichen für die spanische Hauptstadt auf Sieg zu stehen. Während sich die Konkurrenten Tokio und Istanbul auf den letzten Metern durch einen zähen Wahlkampf quälen, läuft es für Madrid wie geschmiert.

Die Spanier fahren am Rio de la Plata alles auf, was Rang und Namen hat, Prinzessin Letizia und Kronprinz Felipe führen die Charme-Offensive an. Die politischen Garantien unter den IOC-Mitgliedern verteilt Premierminister Mariano Rajoy und für das Strippenziehen hinter den Kulissen ist Florentino Perez, der milliardenschwere Bauunternehmer und Präsident von Real Madrid, zuständig. Und während Basketball-Superstar Pau Gasol für die sportliche Note vor Ort sorgte, sandten Fußball-Nationaltrainer Vicente Del Bosque aus der Heimat, Tennis-Idol Rafael Nadal aus New York von den US Open und der zweimalige Formel-1-Weltmeister Fernando Alonso aus Monza Grußbotschaften. „Olympische Spiele würden für unser Land einen gewaltigen Schub bedeuten“, sagte Nadal, und Alonso fügte an, dass „Madrid es wirklich verdient, die Spiele auszurichten. Ich hoffe, dass es diesmal klappt.“ Schon die Präsentation des argentinischen Weltfußballers Lionel Messi als Madrid-Unterstützer hatte Eindruck hinterlassen.

Japan verzweifelt an Katastrophen und Konkurrenz

Der bisherige Wettfavorit Tokio beginnt zu straucheln.

Der bisherige Wettfavorit Tokio beginnt zu straucheln.

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

Die schwere Wirtschaftskrise, die angsteinflößend hohe Arbeitslosigkeit und erst recht die schleppende Anti-Doping-Politik schienen in der riesigen Eingangshalle des Hilton auf blank poliertem Marmor, in schweren Sesseln und kleinen Gesprächsrunden Lichtjahre entfernt. Kein Zweifel: Madrid hat einen Lauf. Das können Tokio und Istanbul nicht von sich behaupten. Den Japanern wurde es nur zwei Tage vor der Wahl zu bunt. Nach nicht enden wollenden Diskussionen über potenzielle Gefahren durch atomare Verseuchung, Erdbeben und Tsunamis traten sie die Flucht nach vorne an. „Unsere Gedanken sind bei den Menschen in Fukushima“, sagte Bewerbungsdirektor Yuko Arakida, „aber wir hoffen, dass die Ausrichtung der Spiele 2020 den Kindern in der Region Inspiration und Trost bringen wird.“

Sorgen zerstreuen, die Herzen von 100 abgebrühten Sport-Funktionären gewinnen - Tokios Versuche wirken mehr und mehr verzweifelt; der ohne Frage bärenstarken Bewerbung geht kurz vor Toresschluss immer mehr die Leichtigkeit verloren. Ob Premierminister Shinzo Abe als Leiter der Bewerbungsdelegation daran noch etwas ändern kann, ist fraglich.

Ein schlechtes Omen für die Japaner könnte auch die Tatsache sein, dass Tokio bei den englischen Buchmachern der große Favorit ist. 43 Prozent der insgesamt eingegangenen Wetten sind auf den japanischen Kandidaten platziert, 34 Prozent auf Madrid und nur 20 Prozent auf Istanbul. „Paris und Chicago waren bei den Wahlen für 2012 und 2016 auch Wettfavoriten und haben trotzdem verloren“, schrieb die japanische Zeitung Yomiuri. Auch Yukan Fuji titelte: „Es ist ein Fluch: Der Favorit kann nicht gewinnen.“

Istanbul mit fünfter Bewerbung in 13 Jahren

Wie Japans Premier Abe reist auch dessen Amtskollege Recep Tayyip Erdogan direkt vom G20-Gipfel in St. Petersburg nach Buenos Aires. Der türkische Premier hatte noch vor wenigen Wochen auf dem Taksim-Platz und im Gezi-Park im Herzen von Istanbul auf Demonstranten einprügeln lassen. Nun will er den IOC-Mitgliedern erklären, warum ausgerechnet sein Land als Gastgeber für die Jugend der Welt am besten geeignet ist - ein schwieriges Unterfangen.

Unmöglich scheint die Wahl Istanbuls aber nicht zu sein, denn die fünfte Bewerbung der Stadt in den vergangenen 13 Jahren ist mit Abstand die stärkste. Und sie braucht sich im Vergleich mit Madrid und Tokio nicht zu verstecken, auch wenn die Nachbarschaft zu Syrien in den vergangenen Tagen immer wieder Gesprächsthema war. Selbst viele der sonst so verschwiegenen IOC-Mitglieder betonten aber, dies würde in den Überlegungen nun wirklich keine Rolle spielen.

Die endgültige Entscheidung, so ist aus IOC-Kreisen immer wieder zu hören, fällt erst am Samstag, wenn die letzten Präsentationen anstehen und alle drei Bewerber die versammelten IOC-Mitglieder noch einmal jeweils 45 Minuten lang bezirzen können. Ab 20.45 Uhr wird dann eine Viertelstunde lang gewählt. Sollte es im ersten Wahlgang keine absolute Mehrheit für einen Bewerber geben, wovon auszugehen ist, scheidet der schwächste aus. Endgültige Klarheit würde dann ein Zweierduell bringen. Das Ergebnis wird gegen 22.30 Uhr präsentiert.

Für den unwahrscheinlichen Fall eines Patts wäre drei Tage vor dem Ende seiner IOC-Regentschaft Präsident Jacques Rogge, der zuvor nicht mitwählt, das Zünglein an der Waage. Es wäre die mit Abstand schwierigste Entscheidung seiner zwölfjährigen Amtszeit.

Quelle: ntv.de, Jörg Mebus, sid

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