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Erstes englisches CL-Finale "ManU" gegen Chelsea

Der eine zeigte trotz aller Trauer um seine tote Mutter Nerven aus Stahl, der andere legte all seinen angestauten Frust in den goldenen Schuss: Frank Lampard und Paul Scholes waren im Fußball-Muttlerland die gefeierten Helden, die das erste englische Finale in der Champions-League-Geschichte perfekt machten.

Nachdem Paul Scholes mit seinem Treffer zum 1:0-Sieg gegen den FC Barcelona den englischen Meister Manchester United ins Endspiel am 21. Mai in Moskau geschossen hatte, führte Lampard einen Tag später ManUs Meisterschaftsrivalen FC Chelsea erstmals ins Finale des wichtigsten europäischen Klub-Wettbewerbs.

"Frank war fantastisch. Was hat der für einen starken Charakter? Er kommt rein und blendet diese schreckliche Woche aus", sagte Kapitän John Terry nach dem 3:2 (1:1, 1:0)-Sieg nach Verlängerung gegen den FC Liverpool (Hinspiel: 1:1). Auch die englischen Medien zollten dem "Tapfersten aller Tapferen" (The Sun) Respekt. The Mirror schrieb abgewandelt vom Originaltitel eines James-Bond-Streifen: "To Russia with love, Mum".

Lampards Mutter Pat war vor einer Woche im Alter von nur 58 Jahren an den Folgen einer Lungenentzündung verstorben. Dennoch übernahm der Nationalspieler Verantwortung, als Chelsea in der Verlängerung beim Stand von 1:1 nach einem Foul des Finnen Sami Hyypiä am deutschen Nationalmannschaftskapitän Michael Ballack einen Elfmeter zugesprochen bekam.

Der 29-Jährige verwandelte sicher (97.), die Begeisterung um ihn herum kannte keine Grenzen, doch der in sich gekehrte Lampard schien mit den Gedanken nur bei seiner Mutter und seinem Vater Frank Senior, der auf der Tribüne saß. "Frank ist ein wirklich mutiger Mann", meinte auch Teammanager Avram Grant, der nach dem Schlusspfiff ebenfalls den Emotionen freien Lauf ließ. Auf seine Knie gesunken gedachte der Israeli am nationalen Holocaust-Gedenktag verstorbenen Familienmitgliedern, die den Nazis im zweiten Weltkrieg zum Opfer gefallen waren.

Drogba

Neben Lampard hatte auch Stürmerstar Didier Drogba mit seinen beiden Treffern (33./105.) großen Anteil am ersten Erfolg der Blues im dritten Vorschlussrunden-Duell der letzten vier Jahre gegen die Reds. Für den englischen Rekordmeister trafen Fernando Torres (64.) und der eingewechselte Ryan Babel (117.).

Im zweiten Halbfinale sorgte Scholes mit seinem fulminanten 1: 0 (1:0)-Siegtreffer aus 25 Metern gegen den FC Barcelona (Hinspiel: 0:0) nicht nur für den ersten Finaleinzug von ManU neun Jahre nach dem spektakulären Triumph gegen Bayern München. Der inzwischen 33 Jahre alte Mittelfeldstratege verarbeitete auch seinen ganz persönlichen Albtraum. Denn Scholes war damals wegen einer Sperre zum Zuschauen verdammt gewesen.

"Erlösung!", titelte die Daily Mail: "Neun Jahre Wartezeit sind endlich vorbei." Englands Boulevardblatt The Sun ernannte Scholes kurzfristig zum "Paul of Fame", nachdem er einen Fehlpass des italienischen Weltmeisters Gianluca Zambrotta ausgenutzt und Barcas Torwart Victor Valdes überwunden hatte (14.).

Während der introvertierte Held schwieg, hob Teammanager Sir Alex Ferguson nach dem denkwürdigen Fußball-Abend vor 75.060 Zuschauern in Old Trafford zur Laudatio an: "Paul ist einer der größten Spieler von ManU. Dieses Tor hat er sich für den richtigen Moment aufgehoben."

Barca-Coach Frank Rijkaard forderte dagegen seinen Klub im Saisonendspurt zu Geschlossenheit auf. "Wir müssen jetzt noch einmal alle ganz eng zusammenrücken", erklärte der Niederländer, der von einem Rücktritt nichts wissen will: "Ich habe nicht vor, zu gehen. Es wäre etwas anderes, wenn die Spieler nicht mehr mit mir zusammenarbeiten wollen, aber das ist nicht der Fall."

Die Zeitungen waren mit Blick auf das erste englische Finale aus dem Häuschen. "Fegt den Kaviar vom Menu und ersetzt den eisgekühlten Wodka durch warmes, englisches Bier", schrieb der Daily Telegraph. The Sun konnte den Stolz über die einheimischen Helden Scholes und Lampard nicht verbergen: "United und Chelsea mögen zwar Ausländern gehören und gespickt mit importierten Stars sein. Aber wo würden sie heute ohne die Engländer stehen?"

Quelle: ntv.de

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