Nächster deutscher Sieg Martin düpiert das Tour-Feld
13.07.2014, 18:59 Uhr
Für Martin war es der dritte Tour-Etappensieg.
(Foto: AP)
Tony Martin gewinnt nach einem beeindruckenden Alleingang durch die Vogesen die neunte Etappe der Tour de France. Unweit der deutschen Grenze zeigt der 29-Jährige Zeitfahr-Spezialist eine der besten Leistungen seiner Laufbahn.
Nach seinem Wahnsinnsritt durch die Vogesen schüttelte Tony Martin erst ungläubig den Kopf, dann richtete er sich auf und rollte genüsslich über die Ziellinie. Schon die letzten Kilometer vor dem Ende der bislang schwersten Etappe der 101. Tour de France waren ein einziger Triumphzug für den dreimaligen Zeitfahr-Weltmeisters, der mit einer grandiosen Vorstellung die deutsche Tour-Erfolgsgeschichte fortschrieb. Selten einmal konnte Martin so wie diesmal das Gefühl des sicheren Sieges in sich aufsaugen.
"Es war unfassbar, gerade wenn du es zehn Kilometer lang feiern kannst", sagte der 29-Jährige, der nach drei Siegen von Sprinterkönig Marcel Kittel und einem durch Andre Greipel bereits für den fünften Tageserfolg eines deutschen Radprofis sorgte. Auf der bislang schwersten Tour-Etappe siegte der gebürtige Cottbuser unweit der deutsche Grenze, nachdem er 150 km an der Spitze des Feldes gefahren war - die letzten 60 davon ohne Begleiter. "Ich wollte keine Spielchen spielen und habe deshalb einfach Vollgas gegeben. So viele Menschen haben am Straßenrand meinen Namen gerufen, dass hat mich nochmal motiviert", sagte Martin nach seinem Coup.
Wie im Zeitfahren
Der Star des Teams Quick Step übernahm zudem das Bergtrikot und lag in Mülhausen nach 4:09:34 Stunden 2:45 Minuten vor dem Schweizer Fabian Cancellara (Trek). Cancellara gewann den Spurt einer 20-köpfigen Verfolgergruppe, aus der Tony Gallopin (Frankreich/Lotto) das Gelbe Trikot des Gesamtführenden eroberte. "Mein Ziel war die heutigen Etappe", sagte Martin: "Ich wusste, das ist eine meiner wenigen Chancen."
Für Martin war es der insgesamt dritte Etappensieg bei einer Tour. Die ersten beiden hatte er 2011 und 2013 jeweils im Zeitfahren geholt - und Sieg Nummer drei war gewissermaßen auch eines. Auf dem Weg zum 1183 m hohen Markstein setzte sich Martin von seinem Gefährten Alessandro De Marchi (Italien) ab und fuhr schnell knapp zwei Minuten Vorsprung heraus. Als wäre er in seiner Paradedisziplin, raste er dann nach dem letzten Anstieg die letzten 43 km nach Mülhausen, wo als erstes seinen Betreuer glücklich in die Arme fiel. Anders als bei der Vuelta 2013, als Martin nach fast 175 km als Solist 300 m vor dem Ziel gestellt worden war, wurden nun alle Mühe belohnt. "Ich habe gemerkt, dass ich am Berg stärker bin und war guter Dinge, dass ich alleine im Ziel ankomme", sagte er. Die Freude war ihm ins Gesicht geschrieben.
Kraftakt steht an
Der seit der zweiten Etappe in der Gesamtwertung führende Italiener Vincenzo Nibali (Italien/Astana) kam 7:46 Minuten nach Martin mit den weiteren Favoriten ins Ziel und liegt nun 1:34 Minuten hinter Gallopin. Allerdings hatten Nibali und sein Team nicht versucht, das Gelbe Trikot zu verteidigen - spätestens auf der ersten Alpen-Etappe am Freitag könnte sich Nibali das Leader-Shirt zurückholen.
Astana hatte bereits am Samstag hart arbeiten müssen, als bei strömendem Regen und dichtem Nebel im Franzosen Blel Kadri (Ag2R) ebenfalls ein Ausreißer die erste kleine Bergankunft auf der Côte de La Mauselaine gewann. Nibalis Widersacher Alberto Contador (Spanien/Tinkoff) hatte im Schlussanstieg Nibali attackiert, im Ziel lag der Spanier aber letztlich als Zweiter nur drei Sekunden vor dem Mann in Gelb.
"Es war sehr schwer, sieht sehr stark aus", sagte Nibali. Sieger Kadri rettete nach 161 km 2:17 Minuten Vorsprung ins Ziel, sorgte für den ersten französischen Etappensieg der 101. Tour und durfte sich im Ziel über eine Glückwunsch-SMS von Staatschef Francois Hollande freuen. Vor dem ersten Ruhetag steht am Montag noch einmal ein richtiger Kraftakt auf dem Tour-Plan. Die dritte und letzten Vogesen-Etappe endet mit der zweiten Bergankunft - und diese hat ein ganz anderes Kaliber als der kurze Schlussanstieg am Samstag. La Planche des Belles Filles, die "Planke der schönen Mädchen", ist eine giftige Rampe mit bis zu 20 Prozent Steigung.
Quelle: ntv.de, Ruben Stark, sid