Lügen in der Formel 1 Mercedes fürchtet das Urteil
28.04.2009, 14:26 UhrIn der Lügen-Affäre kommt für Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton und sein McLaren-Mercedes-Team der Tag der Wahrheit. Der britisch-schwäbische Rennstall fürchtet für Mittwoch mit dem Urteil des Motorsport-Weltrats einen sportlichen und finanziellen Totalschaden.
Für den schlimmsten Fall hat Daimler-Konzernchef Dieter Zetsche die Zukunft von Mercedes in der Königsklasse infrage gestellt. Mit einem Kniefall vor dem Internationalen Automobil-Verband Fia und seinem Präsidenten Max Mosley versuchte die Rennstall-Spitze bis zuletzt, ein möglichst mildes Strafmaß zu erwirken.
Taumelnder Riese
Der taumelnde Formel-1-Riese ist der Gnade des Weltverbands ausgeliefert. Als wahrscheinlich gelten ein Punktabzug oder eine Sperre für einige Rennen nebst Geldbuße, doch auch der Ausschluss aus der WM ist möglich. "Wir haben uns dazu entschieden, die Vorwürfe nicht anzufechten. Das gestaltet den Prozess einfacher", sagte McLaren-Teamchef Martin Whitmarsh, der den Bußgang zur Fia-Anhörung in Paris allein antreten will. In einem Brief an Mosley gab der Brite zuvor den Verstoß gegen den Sportparagrafen 151c zu. Dieser Artikel sieht Strafen vor, wenn das Ansehen des Sports beschädigt wird.
Die Fakten sind klar: Hamilton und McLaren-Sportdirektor Dave Ryan sagten nach dem Saisonauftakt in Australien zweimal vor den Renn-Kommissaren die Unwahrheit über ein Überholmanöver von Toyota-Pilot Jarno Trulli. Funk-Mitschnitte überführten beide. Dem Champion wurde Rang drei nachträglich aberkannt, McLaren suspendierte Ryan. "Ich habe mich noch nie so schlecht gefühlt. Ich kann nicht sagen, wie beschämend das für mich ist", bekannte Hamilton, der zunächst sogar einen Rücktritt erwogen haben soll.
Ron Dennis trat zurück
Sein sportlicher Ziehvater Ron Dennis, der sofort als Drahtzieher der Falschaussagen in der Verdacht geriet, musste auch auf Druck von Partner Mercedes seinen Posten als McLaren-Chef räumen. Dennis und Fia-Chef Mosley sind seit Jahren erbitterte Gegner. Nicht zuletzt deshalb könnte Dennis' Rückzug von der McLaren-Spitze vom Weltverband als tätige Reue gewertet werden und für etwas mehr Nachsicht sorgen.
Der wirtschaftlich angeschlagene Autobauer Daimler mit seiner Premiummarke Mercedes konnte seinen Ärger über das erneute PR-Desaster zuletzt kaum verhehlen. "Klar ist, dass wir andere Schlagzeilen wollen. Natürlich macht Mercedes Druck, um das sauber und klar zu regeln. Dafür stehen wir im Motorsport", erklärte Motorsportchef Norbert Haug. Noch zu frisch ist die Erinnerung an den "Spionage-Skandal" vor zwei Jahren, als das Team zu einer Rekordstrafe von 100 Millionen Dollar und dem Abzug aller Punkte in der Konstrukteurswertung verurteilt worden war.
Ein ähnlich deftiges Urteil will Daimler-Boss Zetsche diesmal wohl nicht hinnehmen. "Wenn sich das Umfeld ändern sollte, etwa durch eine unangemessene Bestrafung durch die Faa, wäre es möglich, dass wir das Engagement überdenken", sagte der Vorstandschef. Die weltweite Absatzkrise zwingt den Konzern zu einem Milliarden-Sparprogramm. Und die um ihren Arbeitsplatz bangenden Mitarbeiter haben sich laut Betriebsrat gegen das Millionen- Engagement in der Formel 1 ausgesprochen.
Quelle: ntv.de, Von Christian Hollmann, dpa