Sport

Abschied als bronzene Partyqueen Mit Vonn gehen Glamour und Drama

Lindsey Vonn verabschiedet sich mit einer großen Party von der Ski-Bühne. Sie sorgt sich aber auch um die Zukunft ihrer Sportart.

Lindsey Vonn verabschiedet sich mit einer großen Party von der Ski-Bühne. Sie sorgt sich aber auch um die Zukunft ihrer Sportart.

(Foto: REUTERS)

Als Erbin der abgetretenen Alpin-Königin Lindsey Vonn steht längst das unfassbar erfolgreiche, amerikanische "Wonder Woman" Mikaela Shiffrin bereit. Doch trotz der gerade einmal 23 Jahre alten Überathletin drohen dem Ski-Rennsport dürre Jahre ohne Glamour-Faktor.

Ingemar Stenmark betrachtete das Treiben im "Country Club" von Are lächelnd aus dem Hintergrund. Der große Schwede schien erleichtert, dass er sich nach Stunden in der Rolle der ganz persönlichen "Trophäe" von Lindsey Vonn endlich wieder hatte zurückziehen können. Als Vonn mit ihrer Schwester Karin und den Olympiasiegerinnen Maria Höfl-Riesch und Sofia Goggia zu später Stunde zum Disko-Hit "Macarena" die Tanzfläche stürmte, war er längst verschwunden. Stenmark verpasste, wie Vonn ihren letzten Tag als aktive Skirennläuferin beschloss - und nach dem unverhofften Abfahrts-Bronze, ihrer elften Medaille bei Großereignissen, das Ende zelebrierte.

Sie herzte alle und jeden, am liebsten den großen Norweger Aksel Lund Svindal, der sich in Are mit ihr in den Ruhestand verabschiedete. Gemeinsam schnitten sie eine Herzchentorte ("Thank you Lindsey and Aksel") an - Vonn-Fotos bitte nur von oben, "wegen meines Doppelkinns". Dazu gab es hochprozentige Drinks. Nur auf Tränen verzichtete die "Drama Queen" diesmal ganz. "Ich habe zuletzt so viel geweint, ich bin ausgetrocknet", sagte sie, "ich bin nicht mehr traurig, ich bin happy. Ich will nur noch Spaß haben, die Zeit genießen, ich habe ja alles im Leben."

Wer Vonn in dieser märchenhaften Nacht im verschneiten WM-Ort feiern sah, den beschlich der Verdacht, dass hier mehr als eine große Karriere zu Ende ging. Keine Geringere als Vonn selbst fasste dieses Gefühl in Worte. "Uns fehlt Nachwuchs", sagte sie in einem 90-sekündigen Kurzreferat auf die Frage, wie sie den Skirennsport in der Zeit nach ihr sehe, "es ist nicht so, dass eine Tonne Leute hochkommt, besonders in den USA. Wir brauchen einen Schwall an neuen Leuten."

"Viel Potenzial, aber ..."

Eines dieser neuen Gesichter tanzte mit Vonn durch die Nacht. Sofia Goggia, die 26 Jahre alte Abfahrts-Olympiasiegerin aus Bergamo. In der aktuellen Generation gebe es "eine Vielzahl großartiger Charaktere", sagte Vonn, "besonders Sofia, wir haben viel gemeinsam. Sie hat viel Charisma." Dann seien da bei den Männern noch Dominator Marcel Hirscher, Abfahrtsweltmeister Kjetil Jansrud oder Super-G-Sieger Dominik Paris "und bei den Frauen natürlich Mikaela", ihre bisherige Teamkollegin Shiffrin.

Dann folgte das große Aber. Ja, es gebe "einen Haufen Leute, die das Potenzial haben, den Sport weiter wachsen zu lassen", sagte Vonn, doch "wissen Sie, es geht nicht nur um Erfolg, es geht darum, alles zu tun, was du kannst, um den Erfolg zu promoten. Das ist ein Teil deines Jobs."  Das hat keine so verstanden wie sie. Und wer im "Country Club" sah, dass sich selbst Polizisten von ihr Autogramme auf die Uniformjacken schreiben ließen, der verstand, welche Popularität Vonn für ihren Sport generierte.

Shiffrin ist da ganz anders: eine sportliche Ausnahme-Erscheinung, aber bislang ganz ohne Glamour oder Drama. Die erst 23 Jahre alte zweifache Olympiasiegerin und vierfache Weltmeisterin werde seinen Rekord von 82 Siegen im Weltcup, dem Vonn vergeblich ihre Gesundheit geopfert hat, "pulverisieren", sagte Stenmark in Are. Doch Shiffrin könnte das nicht gleichgültiger sein. "Diese Zahlen", schrieb Shiffrin am Wochenende auf Instagram, "entmenschlichen den Sport". Sie wolle sich nicht von Hybris leiten lassen und irgendwann "ausbrennen". Dass das niemand verstehe, sei okay für sie: "Ich bin ich - und niemand anderes." Und schon gar keine zweite Lindsey Vonn.

Quelle: ntv.de, Marco Mader & Thomas Häberlein, sid

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