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Finaler Wahnsinn, finale Erlösung Murray krönt sich zum Champion

Am Boden, aber nicht besiegt: Andy Murray, US-Open-Sieger 2012 und im fünften Grand-Slam-Finale endlich siegreich.

Am Boden, aber nicht besiegt: Andy Murray, US-Open-Sieger 2012 und im fünften Grand-Slam-Finale endlich siegreich.

(Foto: dpa)

In einem spektakulären US-Open-Finale besiegt Andy Murray alle Zweifler. Fast fünf Stunden dauert seine Traumaarbeit gegen Novak Djokovic, sie reißt das Publikum mit und bietet sensationelles Tennis. Der längste Punkt dauert unglaubliche 54 Schläge, er geht an Djokovic. Doch den letzten Zähler holt Murray. Er macht ihn zum Champion. Und fassungslos. Endlich.

Am Ende ging es ganz schnell. Aufschlag Andy Murray, Return Novak Djokovic, "Aus!" - und vorbei. Nach 4:54 Stunden war das der unspektakuläre Schlusspunkt unter ein denkwürdiges US-Open-Finale. Es war der Moment, in dem sich die 23.000 Zuschauer im größten Tennisstadion der Welt erhoben und Andy Murray zu Boden ging. Murray jubelte nicht, er tanzte nicht über den Court und riss noch nicht einmal die Arme in den New Yorker Nachthimmel. Als Applaus und Jubel im elektrisierten Arthur-Ashe-Stadium zu einem Orkan anschwollen, hockte der 25-jährige Schotte regungslos an der Grundlinie, die Hände ungläubig vor den Mund geschlagen. Fassungslos, dass er es tatsächlich geschafft hatte.

In einem hochklassigen Finale gegen Titelverteidiger Novak Djokovic war Murray diesmal der Bessere.

In einem hochklassigen Finale gegen Titelverteidiger Novak Djokovic war Murray diesmal der Bessere.

(Foto: REUTERS)

Novak Djokovic, den Murray in einem mitreißenden Kampf zweier Tennis-Giganten entthront hatte, schritt über den halben Platz auf die andere Seite des Netzes. Dort umarmte er seinen Gegner und Freund innig, gratulierte zum Sieg. Und zur persönlichen Erlösung. "Glückwunsch an Andy zu seinem ersten Grand-Slam-Titel. Er hat es absolut verdient", sagte Djokovic, dessen Aufholjagd nach 0:2-Satzrückstand nicht belohnt wurde. Stattdessen krönte sich der schnoddrige Schotte mit 7:6 (12:10), 7:5, 2:6, 3:6, 6:2 zum ersten britischen Grand-Slam-Sieger seit Fred Perry im Jahr 1936 - und besiegte sein Finaltrauma.

Das Ende der doofen Fragen

"Als ich zum Matchgewinn aufgeschlagen habe, hab ich gespürt, was für ein großer Moment das in der britischen Tennis-Geschichte ist", gab Murray zu. "Wie oft wurde ich gefragt: Wann gewinnst du einen Grand Slam? Ich bin stolz, es endlich getan zu haben. Und, ja, jetzt muss mir diese doofe Frage nicht mehr gestellt werden."

Auch Murray selbst, ab sofort die Nr. 3 der Weltrangliste, muss sich die Frage nicht mehr stellen. "Ich saß vor dem Spiel in der Kabine und hatte Zweifel. Niemals zuvor hatte jemand fünf Endspiele verloren. Und ich wollte nicht derjenige sein, dem das zuerst passiert", sagte Murray sichtlich bewegt. Wie seinem legendären Coach Ivan Lendl, der einst ebenfalls seine ersten vier Grand-Slam-Endspiele verloren hatte, gelang dem jungen Schotten im fünften Anlauf der Befreiungsschlag. Nur befreit wirkte er gar nicht. Er nahm den Sieg fast so regungslos hin wie Lendl, der auf der Tribüne keine Miene verzog.

Murray ist der erste Brite seit Fred Perry 1936, der bei einem der vier großen Turniere triumphiert hat.

Murray ist der erste Brite seit Fred Perry 1936, der bei einem der vier großen Turniere triumphiert hat.

(Foto: REUTERS)

Später entschuldigte sich Murray sogar dafür, nicht ausgelassen über den Platz gesprungen zu sein: "Erleichterung ist wahrscheinlich das beste Wort, um meine Gefühle zu umschreiben. Ich freue mich innerlich sehr. Es tut mir leid, wenn ich das nicht so zeige, wie ihr es gerne hättet."

Der bessere zweier Ausnahmekönner

Auf dem Platz hatte Murray zuvor gezeigt, dass er ein wahrer Champion ist und Lendls Einschätzung bestätigt, dass er nach Olympia-Gold auch bereit ist für den finalen Schritt bei einem Grand Slam. Nachdem der böige Wind Mitte des ersten Satzes nachgelassen hatte, entwickelte sich ein begeisterndes Duell zwischen dem Schotten und dem sieben Tage jüngeren Djokovic. Wie schon bei den Damen war das Endspiel die beste Partie des Turniers. Murray und Djokovic zeigten phasenweise unglaubliches Tennis mit epischen Ballwechseln, das Publikum tobte. Fast anderthalb Stunden dauerte allein der erste Durchgang, einmal flog der Ball 54 Mal übers Netz, ehe ein Punkt entschieden war.

Die Spieldramaturgie war eines Endspiels würdig. Nach im Tiebreak gewonnenem erstem Satz verspielte Murray im zweiten Durchgang zunächst eine 4:0-Führung, um sich beim Stand von 5:5 wieder zu fangen und den Satz doch noch mit 7:5 für sich zu entscheiden. Djokovic schien geschlagen und steigerte sich plötzlich, während bei Murray, den Triumph vor Augen, das Zittern begann. Mit 2:6 und 3:6 gab der Schotte gegen einen brillant aufspielenden Djokovic die nächsten beiden Sätze ab, ehe er im finalen Durchgang wieder dominierte.

Nach Murrays 3:0-Führung mit zwei Breaks verkürzte Djokovic zwar noch einmal auf 2:3. Es waren seine letzten Spielgewinne, denn es war der Abend von Andy Murray. Endlich, nachdem in den vergangenen siebeneinhalb Jahren in 29 von 30 Fällen Roger Federer, Rafael Nadal und Djokovic die Titel bei den großen Festspielen unter sich ausgespielt hatten und Murray lediglich viermal Zaungast im Finale gewesen war. Nun hat sich neben Juan Martin del Potro, US-Open-Sieger 2009, auch Murray in die Liste der Besten der Besten eingetragen und endgültig bewiesen, dass er dort auch hingehört.

Quelle: ntv.de, cwo/dpa/sid

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