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Trainer-Rauswurf und Adams-Trade New York legt Quarterback-Legende Rodgers die Jets zu Füßen

Mehr denn je sind alle Augen in New York auf Aaron Rodgers gerichtet.

Mehr denn je sind alle Augen in New York auf Aaron Rodgers gerichtet.

(Foto: IMAGO/ZUMA Press Wire)

Innerhalb einer furiosen Woche krempeln die Jets ihre Franchise um. Neuer Coach, neuer Assistent, neuer Star-Receiver. Der Quarterback hingegen ist immer noch der alte, nämlich der älteste der Liga. Aaron Rodgers entscheidet ab jetzt allein über Wohl und Wehe der Franchise.

Es ist alles gesagt. Oder viel eher getan. Die Verantwortlichen für die Jets-Franchise könnten nach den vergangenen Tagen Aaron Rodgers genauso gut die Türcodes faxen, jemandem übertragen, die Blumen im Büro zu gießen und bis zur Off-Season in den Urlaub fliegen, um aus einem Liegestuhl auf den Bahamas zu beobachten, wie die Jets die Saison zu Ende spielen. Was war passiert?

Am Dienstag der vergangenen Woche entlassen die New York Jets ihren Trainer Robert Saleh, und das alles andere als geräuschlos. Es ist die erste Trainerentlassung während einer laufenden Saison, seit Woody Johnson, Eigentümer der Franchise, im Jahr 2000 das Ruder übernommen hatte. Darüber hinaus soll Saleh von seiner Entlassung auf dem Trainingsgelände erfahren haben - und umgehend wieder auf den Parkplatz eskortiert worden sein. Eine Möglichkeit, sich von seinen Spielern zu verabschieden, hatte der 45-Jährige offenbar nicht.

"Diese Macht habe ich nicht"

Saleh galt nicht unbedingt als enger Freund von Star-Quarterback Aaron Rodgers, ein merkwürdiger Umarmungsversuch in einem Spiel gegen die Patriots wird zum Symbolbild für die Beziehung. Nach der Entlassung muss sich der nur fünf Jahre jüngere Rodgers sogar gegen Vorwürfe seitens Fox Sports wehren, er hätte einen Putsch initiiert. "Diese Macht habe ich nicht", sagt er als Gast in der "Pat McAfee Show".

Aaron Rodgers und Robert Saleh beim Versuch einer Umarmung.

Aaron Rodgers und Robert Saleh beim Versuch einer Umarmung.

(Foto: IMAGO/USA TODAY Network)

Sportlich wirft die Entscheidung durchaus Fragezeichen auf. Wenn die Führung mit Saleh nicht zufrieden ist, warum gab es keinen Cut nach der durch die Rodgers-Verletzung egal gewordenen vergangenen Spielzeit? Stattdessen entlassen die Jets ihren Coach nun bereits nach fünf Spieltagen. Dazu noch jemanden, der vor allem mit der Defense des Teams erfolgreich gearbeitet hat. So lassen in der ganzen NFL beispielsweise nur die Tennessee Titans weniger Yards gegen das Passspiel zu als die Jets. Nur sieben Teams haben insgesamt weniger Punkte kassiert.

Noch mehr Bewegung im Trainerstab

Als Interimstrainer übernimmt nach dem Paukenschlag Jeff Ulbrich, der bis dahin Defensive Coordinator der Franchise ist - und wenige Tage später den nächsten Trainerwechsel verkündet. Quarterback-Coach Todd Downing wird zum Offensive Coordinator befördert. Noch unter Saleh gab es Gerüchte um eine solche Beförderung, um der stockenden Offense der Jets endlich wieder Beine zu machen. Nathaniel Hackett, dessen Job die Organisation der Offense bisher war, wird jedoch nicht entlassen. Der enge Vertraute von Rodgers bleibt in einer nicht näher genannten Rolle dem Verein erhalten.

Das erste Spiel nach dem radikalen Umbau auf der Bank geht gegen die Bills mit 20:23 verloren. Die Jets schnuppern am Sieg, das Ende aller Hoffnungen bringt ausgerechnet eine Interception von Rodgers. Eine Woche nachdem die Quarterback-Legende gleich drei Fehlpässe gegen die Vikings im London Game wirft. Rodgers sagt nach der Partie gegen die Bills: "Wir müssen in Schwung kommen. Dies war eine goldene Gelegenheit. Einige Spiele gewinnst du in der NFL, andere gibst du weg. Dieses haben wir weggegeben."

Hoffen auf das Green-Bay-Tandem

Dazu gibt es Kritik an Schiedsrichtern und - deutlich wichtiger - an den eigenen Passempfängern. Receiver Mike Williams sei in einer Schlüsselszene die falsche Route gelaufen, wie Rodgers erklärt. Die Jets-Receiver, allen voran besagter Mike Williams, dürften große Fans dieser Aussage sein. Es wirkt beinahe ein wenig, als würden die Jets-Offiziellen die Aussage direkt zurückspielen wollen. Denn am Montagabend, wenige Stunden nach der Bills-Niederlage, meldet die Franchise die Verpflichtung von Davante Adams.

Der Receiver wurde wegen akuter Unlust auf seine derzeitige Arbeitsstelle von den Las Vegas Raiders abgegeben. 108 Spiele haben Adams und Rodgers gemeinsam für die Green Bay Packers bestritten, in denen dem Duo 69 Touchdowns gelangen. Nach dem Abgang aus Green Bay brach die Leistung von Adams keinesfalls ein. Nach wie vor zählt der 31-Jährige zu den besten Passempfängern, die die Liga zu bieten hat und hebt die Jets-Offense qua Ankunft auf ein neues Level.

Rodgers hat alles bekommen - und muss alles zeigen

Doch wird man dieses Level auch sehen? Seit 2010 warten die Jets auf eine Playoff-Teilnahme. Es ist die längste Durststrecke im gesamten US-Sport, mit dem legendären Duo aus Packers-Tagen soll sie endlich enden. Was bereits jetzt beendet ist, ist die Zeit der Ausreden. Rodgers ist fit, der nicht immer geliebte Headcoach entlassen.

Und um der lahmen Offense Beine zu machen (Platz 27 bei erreichten Yards pro Spiel), wurde nicht nur ein neuer Offensive-Coordinator installiert, sondern auch Rodgers' Lieblingspassempfänger aus Las Vegas in den Big Apple gelockt (fernab davon hilft kein Quarterback einer Offense, der in zwei Spielen vier Interceptions wirft).

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Der Rest der Saison liegt einzig und allein in den Händen von Aaron Rodgers. Die Schiedsrichter, die Routen der Receiver, die Entscheidungen des Trainers - all das wird bis zum Erreichen oder eben Verfehlen der Playoffs niemanden mehr interessieren. "Ich habe diese Macht nicht", sagte Rodgers, angesprochen auf die Saleh-Entlassung und das mag auch stimmen. Nichtsdestotrotz zeigen die vergangenen Tage in New York, dass er der vielleicht mächtigste Quarterback in der NFL ist. Es wird Zeit zu zeigen, dass er auch noch einer der besten ist.

Wenn ihm das wirklich gelingt, er die Jets endlich wieder in die Playoffs - vielleicht sogar weiter - führt, dann haben sich alle Beteiligten ihren Urlaub nach der Saison redlich verdient. Sollte sich das letzte Ass im Ärmel der "Gang Green" allerdings als schlechtes Blatt herausstellen, dürfte manch ein Verantwortlicher länger Freizeit bekommen, als ihm lieb ist.

Quelle: ntv.de

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