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Eine Niederlage für die Ewigkeit Oilers erkämpfen das große Drama, das ein "Herz zerreißt"

Die Oilers beschenkten mit einer intensiven Finals-Serie die Eishockey-Fans, jedoch nicht sich selbst.

Die Oilers beschenkten mit einer intensiven Finals-Serie die Eishockey-Fans, jedoch nicht sich selbst.

(Foto: IMAGO/USA TODAY Network)

Die NHL-Finals 2024 bieten das größte Comeback seit Jahrzehnten. Sie erleben vielleicht sogar den Anfang der Wachablösung des Eishockey-Monuments Wayne Gretzky. Doch für Leon Draisaitl und seine Edmonton Oilers sind sie vor allem "herzzerreißendes" Scheitern.

Zweihundertvierzig Minuten. Die Edmonton Oilers dürfen noch 240 Minuten lang an den Titel glauben, nachdem sie in der Finalserie der NHL bereits mit 0:3 hinten liegen. Sie gewinnen Spiel 4. Sie gewinnen Spiel 5. Sie gewinnen Spiel 6. Das war seit 1945 keinem Team mehr gelungen. Leon Draisaitl und Co. dürfen um den Titel kämpfen bis zur Schlusssirene des letzten Drittels in Spiel 7. Doch sie kämpfen vergeblich.

Erst ebenjene Schlusssirene beendet die Hoffnung von Spielern, Fans und Experten auf eine der größten Hollywood-Storys in der Geschichte des nordamerikanischen Sports. Die Panthers retten ein 2:1 ins Ziel und jubeln.

Die Edmonton Oilers, der heißblütig geliebte kanadische Traditionsklub, fegt in den 80ern durch die Liga und gewinnt unter Regie des "Great One" Wayne Gretzky vier Stanley Cups. Nach dem Blockbuster-Trade 1988 folgt noch ein weiterer Titel, danach verschwindet Edmonton in der Versenkung. Zwischen 1990 und 2016 erreicht das einstige Erfolgsfranchise ein einziges Mal die Playoffs. Seit 2016 finden sich neue Hauptdarsteller, die die Hauptstadt der Provinz Alberta vom Titel träumen lassen.

Hollywood liegt nicht in Kanada

Connor McDavid und Leon Draisaitl steigen zu den größten Stars der Liga auf, doch ihnen fehlt für den Titel stets das richtige Ensemble. Die aktuelle Saison startet mit einem kaum zu verstehenden Drama. Das Franchise sammelt Niederlagen wie Meryl Streep Oscar-Nominierungen, im November weisen die Oilers die zweitschlechteste Tordifferenz der gesamten Liga auf. Doch plötzlich jagt ein Plot Twist den nächsten. Edmonton entlässt Coach Jay Woodcroft und findet unter Neu-Trainer Kris Knoblauch endlich das Skript für die Saison. Sie erreichen nicht nur die Playoffs, sondern räumen bis ins Finale jeden Gegner aus dem Weg. Es folgt eine Finalserie mit Überlänge.

Ist das für die Edmonton Oilers nun ein weiterer fieser Cliffhanger oder das Ende? Während des katastrophalen Saisonstarts werden immer wieder Trades der beiden Superstars diskutiert. Bereits nach den Playoffs 2023 betonte Connor McDavid "It's cup or bust, right?", der Titel oder die Pleite. Der Titel wurde es auch in diesem Jahr nicht. Doch kann diese Saison eine Pleite gewesen sein? "Viel näher als wir kann man nicht herankommen", erklärt Leon Draisaitl nach der Partie. Und fügt berechtigterweise an: "Aber davon können wir uns am Ende des Tages nichts kaufen".

Vor der dramatischen Pleite rückt auch Conor McDavids Auszeichnung als bester Hauptdarsteller in den Hintergrund. Zum ersten Mal seit 21 wurde ein Spieler des Verlierers mit der Conn Smythe Trophy als Finals-MVP ausgezeichnet. Mit 34 Assists in den Playoffs übertrumpfte McDavid zu dem den eigentlich unberührbaren Wayne Gretzky. Immer häufiger wird diskutiert, ob Draisaitls Sturmpartner nicht schon der beste Eishockey-Profi aller Zeiten ist - noch vor dem 18-fachen All-Star Gretzky.

"Der größte Spieler, der je gespielt hat"

"Für mich ist er der größte Spieler, der je gespielt hat", adelt ihn Draisaitl selbst, "er macht so viele Sachen, die die Leute gar nicht sehen. Er hat den Klub eigenhändig umgekrempelt. Ich liebe es, das Eis mit ihm zu teilen. Es gibt keinen Spieler auf der Welt, der mehr als er den Stanley Cup gewinnen will." Am Willen lag es freilich nicht. Nach dem Gegentor zum 1:2-Rückstand rannten die Oilers immer wieder mit Mut, Wut und Verzweiflung gegen die Mauer der Panthers an. Der Ausgleich ist in einigen Szenen zum Greifen nah. Doch die Defensive der zuvor mit jedem Spiel unsicherer werdenden Panthers hält. "Wir standen natürlich schon unter Druck, das ganze nach der 3:0-Führung zu beenden", erklärt Kapitän Aleksander Barkov. "Es lag an uns, die Sache zu beenden. Dann haben wir das erste Spiel verloren, dann haben sie noch zwei gewonnen. Edmonton hat stark gespielt." Florida, in den vergangenen Finals noch klarer Verlierer mit 1:4, vermeidet eine historische Panne.

Passend zu diesem Abend für die Geschichtsbücher bemühte auch Leon Draisaitl die Historie, als er nach seinem Gemütszustand gefragt wurde. "Es ist herzzerreißend. Viel schlechter ging es mir noch nicht, um ehrlich zu sein", so der Star-Stürmer aus Köln. "Es tut sehr weh, gerade. Du bist einen oder zwei Schüsse entfernt, das Ding zu gewinnen. Jetzt musst du wieder durch 82 Saisonspiele gehen, gut genug spielen, um überhaupt noch mal eine Chance zu bekommen." Wenn es nach Draisaitl geht, braucht es dafür nicht den großen Umbruch im Sommer. "Hoffentlich kommen die meisten Jungs zurück."

Wenn die Kanadier ihren in dieser Saison so erfolgreichen Cast zusammenhalten, drängt sich statt der kitschigen Comeback-Story ohnehin ein ganz anderer Vergleich auf. McDavid hat noch zwei Jahre Vertrag, Draisaitl selbst sogar nur noch eines. 2024/25 könnte der "Last Dance" für die Oilers werden. Zwar nicht Hollywood, aber auch ziemlich erfolgreich.

Quelle: ntv.de

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