Interview mit Peter Sobotta "Wer diese Kriterien erfüllt, schafft es in die UFC"
26.06.2022, 17:47 Uhr
Leitet seit zehn Jahren das Planet Eater Gym in Balingen: Peter Sobotta.
(Foto: Michael Bauer)
Die Ultimate Fighting Championship (UFC) ist das Mekka der Kampfsportszene. Mixed-Martial-Arts-Kämpfer auf der ganzen Welt wollen für den US-Veranstalter in den Käfig steigen. Peter Sobotta hat diesen Weg bereits hinter sich und trainiert nun die nächste Generation an Kämpfern, die den Sprung schaffen soll. Im Interview mit ntv.de erklärt der 35-Jährige, was es braucht, um in die UFC zu kommen und vor welchen Herausforderungen die deutsche MMA-Szene steht.
ntv.de: Wer von Mixed-Martial-Arts spricht, der denkt in der Regel auch an die größte Organisation in diesem Sport - die UFC. Es gibt nur wenige Sportler aus Deutschland, die aktuell dort kämpfen, doch Sie haben mehrere Kämpfe in der UFC absolviert. Was braucht es, um in die Elite-Liga zu kommen?
Peter Sobotta: Ich kenne die Kriterien, auf die die UFC achtet. Ich habe mal mit Sean Shelby, der bei der UFC für die Kampfansetzungen und Verpflichtungen verantwortlich ist, zusammengesessen und er hat mir erklärt, was das wichtigste ist. Das erste ist: Der Kämpfer muss aktiv sein. Die UFC kann nichts mit dir anfangen, wenn du nur alle zwei Jahre kämpfst. Sie wollen Leute kontinuierlich präsentieren und eine Geschichte erzählen.
Das zweite ist: Du musst ein Finisher sein. Oder man muss im Kampfstil erkennen, dass du das vorzeitige Ende des Kampfes suchst. Keine Organisation, die viel Show bietet, will Kämpfer sehen, die versuchen, nach Punkten zu gewinnen. Je mehr Knockouts und Submissions, desto besser.
Das dritte ist natürlich der Kampfrekord. Da muss man nicht ausnahmslos absolute Killer gekämpft haben, aber wenn du nicht gegen Brecher kämpfst, musst du zeigen, dass sie nicht mit dir in den Ring gehören. Wenn die UFC merkt, dass man bereits mit schwächeren Gegnern Probleme hat, wird das nichts. Zudem sollte man einen echten Namen gekämpft haben - einen ehemaligen UFC-Kämpfer oder jemanden, den Sean Shelby kennt.
Dann rückt das Sportliche zugunsten von Show bei der UFC stärker in den Hintergrund. Ein Kämpfer kann aber nicht jedes Mal rücksichtslos voll drauf gehen?
Es geht nicht immer. Besser ein taktischer Sieg als eine Schlacht mit Niederlage. Aber der Faktor Showbusiness hat in den letzten Jahren einen größeren Stellenwert bekommen. Man betreibt den Sport auch, um Geld zu verdienen.
Geld verdienen ist für MMA-Profis in Deutschland nicht gerade einfach. Sie betreuen eine ganze Reihe an Athleten. Wie sehen Sie die Entwicklung des Sports hier?
Es geht zwar langsam voran, aber in die richtige Richtung. So werden immer mehr Leute in den Sport reingespült und es gibt immer mehr Talente. Was hier im Kleinen in Balingen passiert, passiert im ganzen Land im Großen: Mehr und mehr Leute betreiben den Sport und damit steigt die Qualität. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis wir in Deutschland auch Champions produzieren.
Viele der Kämpfer in Balingen nehmen sich Ihren Weg in die UFC zum Vorbild. Gibt es da ein Patentrezept?
Es gibt keinen vorgeschriebenen Weg, weil es im Bereich MMA keine Verbandsstruktur gibt. Man kann nicht wie in einem Ligensystem aufsteigen. Man kämpft sich zwar hoch, aber in gewisser Weise muss man zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein. Die richtigen Leute müssen es sehen, damit du deine Chancen bekommst. Kontakte und Vitamin B erleichtern das. Wenn man da ein Muster hereinbringen würde, sehe das so aus: Zuerst steht im Vordergrund, zu trainieren und sich die Fähigkeiten aufbauen, die man in MMA braucht. Das sind Jahre an Arbeit. Dann beginnen die Amateur-Kämpfe, wo die Kampfbilanz keine Rolle spielt. Es geht darum, Erfahrung zu sammeln. Da ist es auch kein Problem, wenn jemand stärkere Gegner kämpft und verliert. Da sondiert sich schon aus, wer ist hart genug und wer hat Bock, diesen Weg zu gehen. Wer die Amateurphase erfolgreich besteht, wechselt zu den Profis. Und da geht es mehr darum, einen guten Kampfrekord aufzubauen.
Wie schon gesagt, braucht man eine gute Siegesserie, um sich für die großen Organisationen zu qualifizieren. Wir bauen die Leute deshalb kontinuierlich auf. Sie werden nicht über- aber auch nicht unterfordert, was die Matches angeht. Sie sollen Stück für Stück wachsen, bis sie das entsprechende Know-how haben. Wir haben dann die Kontakte, um sie auch international zu platzieren.
Es gibt zwar immer mehr Veranstaltungen, aber in der Vermarktung trauen sich TV-Sender und Mediengruppen noch nicht so richtig heran an den Sport.
Das stimmt, aber es passieren gute Sachen in der deutschen Szene. NFC und Fighting.de sind eine gute Plattform für die deutschen Kämpfer. Der tschechische Veranstalter Oktagon ist ebenfalls nach Deutschland gekommen und dazu gibt es die Super League in Berlin. Es gibt einige ambitionierte Unternehmen, aber der große Durchbruch ist noch nicht gelungen.
Warum ist das so?
Dadurch, dass MMA noch kein großes Standing hat, ist noch keiner bereit, so richtig zu investieren. Im TV kann man die Kämpfe erst ab 23 Uhr zeigen - das ist gesetzlich so geregelt. Im Streaming sieht das anders aus, aber wenn es im Free-TV mehr Aufmerksamkeit bekommen würde, wäre der Mainstream besser involviert. Dann würde mehr gehen.
Dann bleibt Kämpfern in Deutschland irgendwann nur der Weg ins Ausland?
Wenn jemand wirklich etwas aus sich machen will in diesem Sport, dann nutzt er die deutsche Szene, um Erfahrung zu sammeln. Man nutzt sie als Sprungbrett, um international zu kämpfen. Anders geht's nicht. Wir haben zwei Champions aus Balingen in der größten Organisation und die sind weit davon entfernt, davon leben zu können. Wenn du der Beste auf nationalem Niveau bist, bekommst du ein paar Follower und Applaus - das war's. Du musst bei der UFC, One Championship oder Bellator kämpfen, um deinen Lebensunterhalt damit zu verdienen. Zumindest ist das jetzt noch der Fall.
Der Boxsport profitiert derzeit davon, dass Youtuber in den Ring steigen und gegeneinander antreten. Wäre sowas im MMA-Bereich auch denkbar?
In Polen haben sie etwas in der Art schon erfolgreich umgesetzt. Dort war der Sport vor zehn Jahren ungefähr so weit wie jetzt in Deutschland. Dann kam Mariusz Pudzianowski in die MMA-Organisation KSW. Pudzianowski war lange einer der weltbesten Strongmen, hat Traktoren gezogen, das ganze Programm. In Polen ist er ein Volksheld. Er hat viele Mainstream-Zuschauer zum MMA mitgebracht und viele haben angefangen, den Sport zu lieben. Wenn man in Deutschland so etwas vernünftig aufbaut, mit ein bis zwei Promi-Fights in einer ansonsten sportlichen Veranstaltung, dann ist das ein guter Kompromiss. Irgendwelche Youtuber in den Ring zu schicken sorgt zwar für viele Ticketverkäufe, aber ist das eine gute Werbung für den Sport ? Ich würde mich nicht wünschen, dass es so läuft.
Mit Peter Sobotta sprach Michael Bauer
Quelle: ntv.de