Auf einer Stufe mit Lewandowski Polen huldigt seinem Ski-Triumphator Stoch
06.01.2018, 22:20 Uhr
Er war's: Kamil Stoch. Rechts, das ist Sven Hannwald, der 2002 als erster Skispringer in der Geschichte alles vier Wettbwerbe der Tournee gewann.
(Foto: AP)
Kamil Stoch gewinnt als Skispringer fast alles, was es zu gewinnen gibt. Und nun gelingt ihm bei der Vierschanzentournee gar ein historischer Triumph. In seiner Heimat Polen ist der 30 Jahre alte Sportler längst ein Volksheld. "Für sie ist er der Skisprung-Gott."
Kamil Stoch wollte eigentlich nur schauen, was passiert. Ohne Saisonsieg war der Pole in die 66. Vierschanzentournee gegangen, über eine Titelverteidigung denke er gar nicht nach, hatte der 30 Jahre alte Sportler vor dem Auftakt in Oberstdorf gesagt. Zehn Tage, eine beeindruckende Siegesserie und einen historischen Vierfachsieg später ist er der erste "Ü30"-Sieger der Tournee seit Janne Ahonen 2007/2008 - und in seiner Heimat endgültig ein Volksheld. Heerscharen polnischer Fans ziehen jeden Winter von Schanze zu Schanze, sogar bis nach Japan. Sie alle kommen vor allem wegen Stoch, fast nie werden sie enttäuscht.
Vier der fünf großen Trophäen der Skisprung-Welt hat der Doppel-Olympiasieger nun gesammelt, alle fünf hat bislang nur der Finne Matti Nykänen in seiner Vitrine stehen. Weltmeister? Wurde Stoch 2013. Olympiagold im Einzel? Folgte 2014, sogar doppelt. Der Gesamweltcup? Ging ebenfalls 2014 an Stoch. Die Tournee hat er nun zweimal in Folge gewonnen, als erst neunter Skispringer. Fehlt nur noch Gold bei der Skiflug-WM, die nächste steht in zwei Wochen in Obertstdorf auf dem Programm. "Kamil weiß, wie man die ganz großen Dinger gewinnt", sagt Bundestrainer Werner Schuster.
"Muss nicht immer gewinnen"
Dabei war Stoch zwischenzeitlich das Fluggefühl abhanden gekommen. Der Spätstarter hatte erst 2011 - nach sieben Jahren im Weltcup - sein erstes Springen gewonnen. Zwei Monate vor dem Rücktritt seines Landsmanns Adam Malysz war das, die Thronübergabe von König Adam zu Kaiser Kamil klappte. Doch nach all den Titeln verschwand Stoch 2014 im Mittelmaß. Dort holte ihn im Sommer 2016 Stefan Horngacher ab. Der Österreicher, bis dahin Assistent des deutschen Bundestrainers Schuster, machte Stoch als Nationaltrainer in Rekordzeit flott.
"Stefan hat einiges in unserem System geändert", sagt Stoch. Bei ihm reichte es, dass Horngacher die Anlaufposition korrigierte - "das war der entscheidende Punkt". Horngachers diagnostische Fähigkeiten fehlen nun den Deutschen. "Er kann alles: Technik, Material, Menschenführung", sagt DSV-Chefcoach Schuster über seinen Landsmann: "Er kennt die Polen, hat sie im Junioren-Bereich schon einmal betreut. Die himmeln ihn an, für sie ist er der Skisprung-Gott."
Eine Liebesbeziehung, die der Tournee-Sieg intensivieren dürfte. Als zweiter Pole nach Malysz (2000/01) triumphierte der Mann aus Zakopane beim Ritt über die vier Schanzen, in der Heimat steht er auf einer Stufe mit Fußball-Star Robert Lewandowski. Der Torjäger des FC Bayern München war 2015 zum Sportler des Jahres in seiner Heimat gewählt worden, Stoch ein Jahr zuvor. In diesem Jahr könnte Stoch wieder die Nase vorn haben. Dabei sind Titel dem auch bei seinen Kollegen beliebten Polen gar nicht mal so wichtig. "Ich muss nicht immer gewinnen", sagt Stoch. Manchmal reicht es schließlich, einfach zu siegen.
Quelle: ntv.de, Von Erik Roos und Christoph Leuchtenberg