Umgang mit DDR-Rekorden Rechtsgutachten wird bewertet
29.05.2007, 13:26 UhrDer Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) lässt ein neues Rechtsgutachten, das die Streichung von Doping-Rekorden doch als möglich erachtet, von Experten bewerten. "Wir werden sorgfältig die Substanz prüfen und dann weiterschauen", sagte DLV-Präsident Clemens Prokop am Dienstag.
Eine Streichung von nachweislich mit Hilfe von Doping erzielten Sportrekorden ist nach einem neuen Rechtsgutachten der Stuttgarter Kanzlei Wüterich und Breucker entgegen der im Vorjahr vom DLV eingeholten Expertise möglich. Laut Deutschlandfunk vertrat auch der Kanadier Richard Pound, Chef der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA), diese Rechtsauffassung. Doping-Rekorde seien Sportbetrug, sagte Pound. Sie sollten "keinen Bestand haben, wenn es Beweise gibt".
Allein in der Leichtathletik gibt es fünf Weltrekorde sowie zahlreiche kontinentale und nationale Rekorde, die in der Zeit des Hochdopings in der DDR aufgestellt worden sind. Die betroffenen Weltrekorde wurden zwischen 1984 und 1988 erzielt, als es aber noch keine Regeln zur Aberkennung von Rekorden bei Dopingfällen gab. Diese wurden international erst 1994 geschaffen, für den Bereich des DLV dann 1999.
Die Rechtsauffassung von Wüterich und Breucker steht entgegen der Expertise, die der DLV im Mai 2006 von einer mit vier bedeutenden Rechtswissenschaftlern besetzten Kommission unter Vorsitz des ehemaligen Bundesrichters Volker Röhricht erstellen ließ. Damals hatte die heutige Schriftstellerin und frühere DDR-Sprinterin Ines Geipel die Rekord-Diskussion ins Rollen gebracht.
Die Expertise hatte ergeben, dass eine Aberkennung umstrittener Rekorde juristisch nicht möglich ist. Eine Annullierung einzelner Bestmarken käme "einer Sanktion für Dopingvergehen" gleich, hieß es. Laut Grundgesetz dürfe eine solche Sanktion aber nur dann verhängt werden, wenn sie bereits zum Zeitpunkt des Vergehens bestand.
Daraufhin strich der DLV nur den Namen von Geipel, die 1984 mit der Vereinsstaffel des SC Motor Jena über 4x100 Meter in 42,20 Sekunden unter ihrem Mädchennamen Schmidt Weltrekord gelaufen war, aus den Rekordlisten und ersetzte ihn durch ein Sternchen.
Zudem wurde die Rekordliste mit einer Präambel versehen. In dieser wird darauf hingewiesen, dass nach heutigen Erkenntnissen einige Rekordhalter unter dem Verdacht stehen, Doping-Substanzen eingenommen zu haben und ein Teil der Rekorde auf Basis von Zwangsdoping und Doping in Form strafrechtlich relevanter Körperverletzung erzielt wurden. International setzte sich dieses Vorgehen nicht durch.
Quelle: ntv.de