Sport

Vierschanzen-Tournee Rekordjagd und Jobangst

Sven Hannawald zittert um seinen "Jahrhundert-Rekord", Bundestrainer Peter Rohwein um seinen Job. Bei der am Samstag beginnenden 56. Internationalen Vierschanzentournee jagt Österreichs Überflieger Thomas Morgenstern die legendäre Bestmarke von Hannawald, der vor sechs Jahren als bislang einziger Skispringer alle vier Wettbewerbe gewinnen konnte. "Natürlich will ich so lange wie möglich der alleinige Rekordhalter bleiben. So lange ich lebe, möchte ich der einzige bleiben, der dies geschafft hat", sagte Hannawald vor dem Auftakt in Oberstdorf.

Morgenstern, der in dieser Saison mit sechs Siegen in Serie einen Start-Weltrekord aufgestellt hat, will Hannawald diesen Gefallen nicht tun. "Natürlich reizt mich der Rekord", sagte der Doppel- Olympiasieger von 2006. Die Rolle des Gejagten bei der Traditionsveranstaltung mit den Springen in Oberstdorf (30. Dezember), Garmisch-Partenkirchen (1. Januar), Innsbruck (4. Januar) und Bischofshofen (6. Januar) nimmt der souveräne Weltcup- Spitzenreiter gelassen an. "Ich bin sehr gerne Favorit. Es war für mich ein traumhafter Saisonauftakt, ich habe bisher super Wettkämpfe gehabt. Ich mache mich aber nicht fertig, denn der Tournee-Sieg ist nicht mein größtes Ziel in dieser Saison. Das ist der Sieg im Gesamt- Weltcup", sagte Morgenstern.

Auch er weiß, dass die Tournee ihre eigenen Gesetze hat. "Klar lief es bislang super, aber es ist kein Wunschkonzert. Es kann keiner erwarten, dass ich alle vier Springen gewinne", sagte Morgenstern. Bundestrainer Peter Rohwein traut ihm dies zu. "Klar ist ein Grand Slam wie bei Hannawald möglich", meinte der DSV-Coach.

Seine in dieser Saison arg gebeutelten Springer glauben indessen nicht daran. "Morgenstern ist der Top-Favorit, aber ich denke nicht, dass er alle Wettbewerbe gewinnt", sagte Michael Neumayer. Teamkollege Michael Uhrmann tippt sogar auf einen anderen Gesamtsieger: "Der Norweger Tom Hilde wird gern unterschätzt. Ihm könnten die Schanzen am besten liegen."

Zum Kreis der Favoriten auf den Gewinn eines 30.000 Euro teuren Geländewagens gehören auch der viermalige Sieger Janne Ahonen, Titelverteidiger Anders Jacobsen, Weltmeister Adam Malysz, die Schweizer Simon Ammann und Andreas Küttel sowie die starke Phalanx der Österreicher um den Vorjahreszweiten Gregor Schlierenzauer und Andreas Kofler. "Die Österreicher springen derzeit wie von einem anderen Stern. Es schaut so aus, als wäre ihre Philosophie das Non- Plus-Ultra", sagte Rohwein.

Hannawald würde Morgenstern den Triumph nicht neiden. "Ich würde es jedem gönnen, der es schafft. Ich bin tausendprozentig sicher, dass mein Rekord irgendwann eingestellt wird", sagte Hannawald.

Der in Berlin lebende Familienvater, der seine Karriere am 3. August 2005 beendet hatte, steht für die Glanzzeiten des mittlerweile im Mittelmaß versunkenen deutschen Skisprungs. Nach dürftigen Leistungen zum Saisonbeginn hängt Rohweins Job am seidenen Faden. Nur Top-Ten-Ergebnisse können den in die Kritik geratenen Bundestrainer vor der drohenden Entlassung bewahren. "Wir fahren nicht als Touristen zur Tournee. Nach der Vierschanzentournee fällt die Entscheidung, die natürlich auch von den Ergebnissen beeinflusst wird", lautete die unmissverständliche Ansage von DSV-Sportdirektor Thomas Pfüller.

Der Coach weiß um die Mechanismen des Geschäfts. "Ich mache mir selbst nichts vor. Wenn es bei der Tournee nicht funktioniert, wenn die Leistung nicht stimmt, ist es irgendwo legitim, zu handeln", sagte Rohwein. Entsprechend fordert er von seinem Sextett eine erhebliche Steigerung: "Die Zielvorgabe lautet, dass alle Athleten an ihrem Leistungszenit springen. Wir haben in Uhrmann, Neumayer und Schmitt drei Leute, die unter die ersten Zehn springen können. Und wenn es ganz gut läuft sogar noch besser."

Quelle: ntv.de

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