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Comeback auf Radsport-Bühne Rennchef verharmlost Ullrichs Doping

Jan Ullrich wird neuer Sportlicher Leiter beim Klassiker "Rund um Köln".

Jan Ullrich wird neuer Sportlicher Leiter beim Klassiker "Rund um Köln".

(Foto: picture alliance / dpa)

Jan Ullrich engagiert sich wieder im Radsport. Der 43-Jährige steigt als Sportlicher Leiter beim Klassiker "Rund um Köln" ein. Begleitet wird die Verpflichtung des Dopingsünders von kritischen Tönen. Die redet der Organisator allerdings mit bizarren Aussagen klein.

Jan Ullrich betritt zehn Jahre nach seinem Rücktritt und 20 Jahre nach seinem Toursieg wieder in offizieller Funktion die Radsportbühne. Der 43-Jährige, nach wie vor von seiner Dopingvergangenheit belastet, wird Sportlicher Leiter des Traditionsrennens "Rund um Köln". Entsprechende Berichte von Kölner Medien bestätigte Rennorganisator Artur Tabat.

"Ich habe lange, lange überlegt", sagte Ullrich dem "Kölner Stadt-Anzeiger": "Aber irgendwann war mir klar, dass ich das für Artur, der ja nicht nur mein Freund, sondern auch ein guter Mensch ist, machen werde. Ich weiß, dass ich Artur damit einen Herzenswunsch erfülle." Das Engagement soll für Ullrich aber nicht der große Einstieg sein, er werde sich "nur in Köln engagieren".

Die 101. Auflage des Eintagesrennens steigt am 11. Juni, Ullrich hatte die Veranstaltung 2003 gewonnen. In den vergangenen Jahren hatte er sich weitgehend zurückgezogen. 1997 war Ullrich der bis heute einzige deutsche Gesamtsieger bei der Tour de France. In den Folgejahren verursachten seine Verwicklung in die Affäre um den spanischen Dopingarzt Eufemiano Fuentes und auch sein Umgang mit den eigenen Vergehen jedoch einen gewaltigen Imageschaden.

"Der letzte Lügner"

2007 verkündete Ullrich das Ende seiner aktiven Laufbahn, im Jahr zuvor war er wenige Tage vor dem Tourstart wegen erneuter Dopingvorwürfe von der Frankreich-Rundfahrt ausgeschlossen worden. Die Kritiker werfen ihm bis heute vor, nicht vollständig mit seiner Dopingvergangenheit abgeschlossen zu haben. "Der letzte Lügner", sagte der Heidelberger Molekularbiologe Werner Franke, der erfolgreich gegen Ullrich prozessierte, über den einstigen Radstar. Erst 2013, sechs Jahre nach seinem Rücktritt, gab Ullrich erstmals Blutdoping bei Fuentes zu. Betrugsvorwürfe weist er jedoch bis heute zurück. "Betrug fängt für mich dann an, wenn ich mir einen Vorteil verschaffe. Dem war nicht so. Ich wollte für Chancengleichheit sorgen", sagte Ullrich stets und argumentierte, dass damals "fast jeder leistungssteigernde Substanzen genommen" habe.

In einer Phase, in der der Radsport in Deutschland nach den großen Dopingskandalen auch um Ullrichs einstigen Widersacher Lance Armstrong für ein neues Image kämpft, ist die Verpflichtung von Jan Ullrich für viele das falsche Signal. "Das ist fatal, auch für das Fernsehen", sagte Franke, fügte aber desillusioniert hinzu: "Es wundert mich nicht mehr."

"... dann willst du auch mehr PS"

Organisator Artur Tabat teilt die Bedenken nicht: "Es wird immer kritische Stimmen geben. Aber schauen Sie sich an, was in Russland mit Doping passiert. Da war das früher doch harmlos." Für Tabat war Ullrich ein Opfer des Systems: "Er war ein ganz ehrlicher junger Mann, ein fairer Sportsmann, der sauber Amateur-Weltmeister wurde. Dann fuhr er bei den Profis zwei Jahre hinterher. Wenn alle einen Porsche fahren, und du kommst mit einem Käfer daher, dann willst du auch mehr PS. Und dann kommt einer, der zeigt, wie es geht."

Ziemlich bemerkenswerte Aussage angesichts der Tatsache, dass der Radsport damals seine bislang größte Krise durchlebte. Anstatt sich kritisch mit der Vergangenheit, auch der eines Jan Ullrich auseinanderzusetzen, freut sich der 75-jährige Tabat vielmehr darüber, diesem wieder in den Sattel geholfen zu haben: "Er hat genug gebüßt, man kann ihn nicht im Keller liegen lassen."

Quelle: ntv.de, tno/sid

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