Entrüstung nach Impf-Bekenntnis Rodgers macht alles schlimmer als Kimmich
11.11.2021, 11:30 Uhr
Rodgers "Immunisierung" mündete darin, dass die Fans des Gegners aus Kansas City sich über ihn lustig machten.
(Foto: imago images/Icon SMI)
"Immunisiert" sei er, sagte Aaron Rodgers auf die Frage, ob er geimpft sei. Das legen dem NFL-Superstar viele als Lüge aus. Der findet sich nun wegen seiner Ablehnung der Impfung in einem ähnlichen Sturm aus Meinungen wie Joshua Kimmich wieder.
Als Quarterback in der NFL kann er in Zukunft so gut spielen wie er will - den vierten MVP-Titel seiner Karriere kann sich Aaron Rodgers nach seiner ganz persönlichen Corona-Impfdebatte wohl abschminken. "Ich denke, das ist eine legitime Aussage", sagte der Football-Profi der Green Bay Packers am Dienstag. Er lachte bei dem nächsten Auftritt in der US-Talkshow, in der er sich erst am Freitag dazu geäußert hatte, warum er entgegen der Annahme nicht gegen das Coronavirus geimpft ist. Dabei ist das alles gar nicht so lustig für ihn: Rodgers steckt in den USA ähnlich wie Joshua Kimmich in Deutschland im Zentrum eines Entrüstungssturms zum Thema Impfen.
Die Kommentare in Richtung des Super-Bowl-Champions von 2011 sind dabei um einiges schärfer als all die Appelle an Kimmich. Das liegt wohl auch daran, weil sich viele Menschen in den USA von Rodgers bewusst getäuscht fühlen - oder sogar angelogen. Denn noch im August hatte der Teamkollege des Deutsch-Amerikaners Equanimeous St. Brown auf eine Reporter-Frage nach seinem Impfstatus geantwortet: "Ja, ich bin immunisiert."
Der für seine Polemik bekannte ESPN-Kommentator Stephen A. Smith bezeichnete den dreimal zum wertvollsten Profi der NFL gewählten Packers-Spielmacher zuletzt sogar als "nationale Peinlichkeit" nach dessen Aussagen in der "Pat McAfee Show". Dort hatte Rodgers seinen Verzicht auf eine Impfung mit einer Allergie auf einen Wirkstoff in den mRNA-Impfstoffen begründet. Zudem habe er Sorgen um seine Zeugungsfähigkeit. Daher nutze er homöopathische Methoden. Es gibt bislang keinerlei wissenschaftliche Hinweise darauf, dass eine Impfung Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit eines Menschen haben könnte.
Er bezeichnete sich außerdem als "kritischen Denker" und warb zur Bekämpfung einer Covid-19-Erkrankung für ein Mittel, von dem US-Behörden explizit abraten. Es wird allerdings vermutet, heißt es in einem Artikel des US-Mediums "The Ringer", das Präparat könne bei Wurmbefall im Gehirn hilfreich sein. Rodgers erklärte zudem, er sehe es als seine "moralische Pflicht", gegen die Maskenpflicht zu verstoßen. Zudem wähnte er sich in der Tradition des Schwarzen Bürgerrechtlers Martin Luther King und verglich seinen Widerstand gegen die Maskenpflicht mit Kings Aufruf, gewaltfrei gegen die erst 1964 in den USA abgeschaffte rassistische Praxis der Segregation zu protestieren. King wurde 1968 bei einem Attentat ermordet.
Der deutsche Fußball-Nationalspieler Joshua Kimmich hatte seine bisherige Ablehnung der Impfung mit "fehlenden Langzeitstudien" begründet. Die Wissenschaft ist sich einig darüber, dass angesichts der riesigen Zahl an weltweit verabreichten Impfdosen die Sicherheit der Impfstoffe nachgewiesen ist. Nebenwirkungen treten übereinstimmenden Erkenntnissen jedoch in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang zur Impfung auf. Und durch die große Zahl an Impfungen sind selbst höchst seltene Nebenwirkungen inzwischen diagnostizierbar und ihre Behandlung somit zeitnah möglich.
Ein bisschen Einsicht, immerhin
Für die NFL ist die ganze Gemengelage delikat. Sie muss sich den Vorwurf gefallen lassen, bei Rodgers beide Augen zugedrückt zu haben und nicht alle Verstöße gegen das Corona-Reglement gleich strikt zu bestrafen. Die Liga wusste, dass er nicht geimpft ist, reagierte aber nicht auf die öffentlichen Regelverstöße wie Pressekonferenzen ohne Maske. Erst als der positive Corona-Test von Rodgers öffentlich wurde und in einer Reihe stand mit weiteren positiven Fällen im Team, gab es eine Untersuchung.
Seit dieser Woche steht die Strafe fest: 300.000 US-Dollar für die Packers und je 14.650 Dollar für Rodgers und seinen Mitspieler Allen Lazard, weil sie als ungeimpfte Footballer an der Halloween-Party des Teams teilgenommen hatten.
Als Rodgers, gekleidet in einen Star-Wars-Pullover und mit einer schwarzen Mütze auf dem Kopf, nun wieder per Video in die Show des Ex-NFL-Spielers, Wrestlers und Moderators Patrick McAfee zugeschaltet war, gab er sich zumindest in Teilen einsichtig. Er übernehme "die volle Verantwortung für meine irreführenden Kommentare", sagte er da bezogen auf die "immunisiert"-Aussage aus dem Sommer. Inhaltlich rückte er aber keinen Zentimeter ab von seiner Position. "Ich stehe zu dem, was ich gesagt habe, und den Gründen, aus denen ich die Entscheidung getroffen habe", erzählte er.
Als Botschafter wolle er sich nicht verstanden wissen. Er habe das Gefühl, auf der anderen Seite seiner Corona-Infektion angekommen zu sein. Es gehe ihm gut. Er müsse noch Tests machen, bevor er wieder Football spielen dürfe, frühestens beim Heimspiel am Sonntag gegen die Seattle Seahawks. "Ich bin Athlet, kein Aktivist. Ich werde wieder das machen, was ich am besten kann, und das ist Ball spielen", sagte Rodgers. Dass er dafür aber noch mal eine persönliche Auszeichnung bekommt, ist seit einigen Tagen deutlich unwahrscheinlicher geworden.
Quelle: ntv.de, tsi/dpa