"Systematisches Doping" Schwarzer Tag für den Biathlon
13.02.2009, 15:47 UhrNach den drei Dopingfällen der Russen Albina Achatowa, Jekaterina Jurjewa und Dmitri Jaroschenko hat Anders Besseberg, Präsident der Internationalen Biathlon-Union (IBU), erstmals "systematisches Doping" eingeräumt. "War das alles oder sehen wir nur die Spitze des Eisbergs?", fragte der Norweger vor dem geplanten Auftakt der Weltmeisterschaft im südkoreanischen Pyeongchang.
Er sei schockiert über "Doping in großem Umfang in einer unserer stärksten Mannschaften" und kündigte die Erweiterung des Testprogramms an. Zu Konsequenzen für den russischen Verband wollte er sich noch nicht äußern. "Wir werden aber alles unternehmen, um auch die Hintermänner herauszufinden. Nur die Bestrafung der Athleten reicht nicht aus."
"So etwas fliegt einem nicht zu"
Die IBU verlängerte die bereits nach der positiven B-Probe ausgesprochene Sperre für die drei Skijäger bis zur endgültigen Entscheidung über Sanktionen. Nach Analyse der B-Proben waren die Dopingsünder noch in der Nacht zum Freitag suspendiert worden. Das Trio verließ fluchtartig den WM-Ort und flog von Seoul nach Moskau, wo nach Angaben von Cheftrainer Wladimir Alikin eine Kommission über harte Sanktionen befinden soll. Nach Auskunft von Alikin habe Jurjewa in der Nacht nochmals ihre Unschuld beteuert und unter Tränen gefragt, was der Arzt mit ihr gemacht habe. "Ich weiß zwar nicht genau, womit sie betrogen haben, doch so etwas fliegt einem doch nicht zu", sagte die deutsche Athleten-Sprecherin Kati Wilhelm.
Nicht zum ersten Mal sind prominente russische Sportler des Dopings überführt und gesperrt worden. Die Sünder kamen bisher vor allem aus dem Leichtathletik-Lager, aber auch vom Eishockey, Turnen, Schwimmen und Rudern. Im November 2008 hatte der Leichtathletik- Weltverband IAAF gleich acht russische Athleten, vorwiegend Geher, jeweils für zwei Jahre gesperrt.
Welche Substanzen es waren, sagt der Verband nicht
Die IBU gab bekannt, dass von Jurjewa und Jaroschenko in zwei beim Weltcup im schwedischen Östersund genommenen Proben verbotene Substanzen gefunden worden waren. Achatowa wurde ebenfalls beim Weltcup-Auftakt Anfang Dezember einmal positiv getestet. Die Substanzen benannte der Verband aus juristischen Gründen nicht. Es soll sich um ein russisches EPO-Präparat der dritten Generation handeln. Das Strafmaß kann nach den neuen Regeln der Welt-Antidoping-Agentur WADA bis zu vier Jahre betragen. Über die Strafen wird das hochrangig besetzte von der IBU unabhängige Doping Haering Panel entscheiden, vor dem die Athleten Stellung nehmen können. Mit dem Ergebnis der Anhörung ist bis zum Ende der WM nicht zu rechnen.
Glaubwürdigkeit des Biathlon steht in Frage
Durch die neuerlichen russischen Doping-Fälle nach dem Olympia- Ausschluss von Olga Pylewa 2006 in Turin sieht der deutsche Teamchef Thomas Pfüller die Glaubwürdigkeit des Biathlonsports infrage gestellt. "Ich bin erschüttert und ärgerlich, dass solche Fälle vorkommen. Es zeigt aber auch, dass die Kontrollmechanismen greifen und dadurch auch der Schatten von denjenigen genommen wird, die nachweislich sauberen Sport treiben", sagte er.
Härtere Strafen für Doping-Betrüger forderten die Auswahltrainer aus 25 Nationen. "Zwar haben dabei die russischen Trainer kein flächendeckendes Doping zugegeben, versucht, es als Einzelfälle darzustellen, doch ich bezweifle auch angesichts der russischen Dopingfälle in der Leichtathletik und beim Rudern stark, dass der Betrug von Einzelnen ausgeht", sagte der in schwedischen Diensten stehende Ruhpoldinger Wolfgang Pichler als Sprecher der Trainer. "Es muss eine Grundsatzentscheidung fallen, um den Betrug in den Griff zu bekommen. Ein paar Nationen pfuschen. Denen muss das Handwerk gelegt werden", forderte er. Einen WM-Boykott beim Start der Russen schloss er aus.
Eröffnungsfeier und Abschlusstraining abgesagt
Die schwierigen Witterungsbedingungen wurden fast zur Nebensache. Das Abschlusstraining wurde ebenso wie die Eröffnungsfeier abgesagt. Der Platz am Fuße eines Skihangs steht zentimeterhoch unter Wasser. Regen und Föhnsturm hatten über Nacht bis zu 20 Zentimeter der Kunstschneeauflage wegfließen lassen. "Die Situation ist kritisch, doch angesichts der Wetterprognosen bin ich optimistisch, dass wir die für Samstag benötigten Runden von 2,5 und 3,3 Kilometer für einen fairen Wettkampf präparieren können", sagte Norbert Baier, der Technische Delegierte der IBU.
Quelle: ntv.de, Von Uwe Jentzsch, dpa