"Gute Sterne" für Heim-EM in Berlin Schwimm-Routinier Biedermann soll's richten
18.08.2014, 08:57 Uhr
Über 200 Meter Freistil könnte Biedermann sein viertes EM-Gold hintereinander holen.
(Foto: picture alliance / dpa)
Bei der Schwimm-EM setzt Bundestrainer Lambertz auf die Altgedienten Paul Biedermann, Steffen Deibler und Marco Koch, um die hochgesteckten Medaillenziele zu erreichen. Denn der deutsche Schwimm-Nachwuchs braucht noch Zeit.
Für das von der Präsidentin erwartete "Auftauchen" müssen schon die wenigen altbewährten Beckenschwimmer sorgen. Soll die Rechnung von sechs bis acht Medaillen im aufwendig errichteten Becken des Berliner Velodroms aufgehen, muss Weltrekordler Paul Biedermann trotz erzwungener Trainingspause ebenso liefern wie der Olympia-Vierte Steffen Deibler und der WM-Zweite Marco Koch. "Wenn alle Sterne wirklich mal gut stehen und das abgerufen wird, was drauf ist, ist auch so eine Zahl nicht komplett unrealistisch", sagte Chef-Bundestrainer Henning Lambertz.
Im zweiten Jahr seines Projekts Rückkehr in die Weltklasse muss Lambertz weiter auch auf Biedermann setzen, trotz dessen suboptimaler Voraussetzungen. "Die Vorbereitung lief nicht so gut wie erhofft", sagte der 28-Jährige und weiß nach eigener Aussage selbst nicht, was er als "Wundertüte" leisten kann.
Ob Biedermann zum EM-Auftakt als Titelverteidiger die 400 Meter Freistil angeht, wird sich wohl erst ganz kurzfristig entscheiden. Er ist für den fünften Vorlauf auf Bahn vier gemeldet, direkt neben Freiwasser-Doppel-Europameister Ferry Weertmann (Niederlande). Sicher ist, dass er für die geliebte Staffel über 4 x 200 Meter Freistil und die Lagen-Staffel plant. Auch seine Spezialstrecke hat Biedermann fest im Visier: "Die 200 Meter Freistil abzusagen würde mir schon sehr wehtun", sagte er.
Topfavorit ist Yannick Agnel
Die doppelte Distanz und auch die 100 Meter Freistil hingegen könnten der etwa dreiwöchigen Trainingspause zum Opfer fallen. Biedermann hat bei Europameisterschaften seit 2008 immer Siege bejubelt. Über seine Weltrekord-Strecke 200 Meter Freistil könnte er sein viertes EM-Gold hintereinander holen. Doch Frankreichs Olympiasieger und Weltmeister Yannick Agnel ist Topfavorit.
Bei Biedermanns drei EM-Titeln 2012 in Debrecen fehlte er und trumpfte dafür in London mit Doppel-Gold groß auf. Beide schätzen sich, seit zwei Jahren sind sie nicht mehr gegeneinander geschwommen. In Biedermanns Langbahn-Pause 2013 schwammen zwei Andere nach vorn. Marco Koch holte bei der WM mit Platz zwei über 200 Meter Brust das einzige deutsche Edelmetall im Becken von Barcelona und gilt nach konstant starken Vorleistungen als heißester deutscher Medaillenkandidat.
Auf seine erste Langbahn-Medaille überhaupt hingegen hofft weiterhin Steffen Deibler. Der Kurzbahn-Weltrekordler war über 100 Meter Schmetterling als Vierter bei Olympia und WM nah dran. Auf seiner Paradestrecke hat er das Pech, dass ein Großteil der Konkurrenz aus Europa kommt. Eigentlich fehlen nur die US-Stars Michael Phelps und Ryan Lochte sowie Olympiasieger Chad Le Clos aus Südafrika. "Natürlich will ich die Medaille. Es ist aber auch möglich, dass es mit einer sehr guten Zeit nicht dafür reicht", sagte der Hamburger, der mit einer optimalen Renneinteilung schon lange reif wäre für Langbahn-Edelmetall.
DSV mit Nachwuchsproblemen
Das gilt auch für die nach dem Rücktritt von Britta Steffen wenigen konkurrenzfähigen Damen wie Sprintspezialistin Dorothea Brandt, Schmetterlingschwimmerin Franziska Hentke oder Rücken-Europameisterin Jenny Mensing. Freistil-Staffeln wurden hier mangels Klasse gar nicht erst gemeldet. Vom Nachwuchs sind keine Wunderdinge, sondern respektable Zeiten und Platzierungen zu erwarten.
Der von Lambertz eingeleitete Neuaufbau braucht Zeit und soll erst 2020 ganze Früchte tragen. Ausnahme-Athleten wie Litauens inzwischen 17 Jahre alte Olympiasiegerin Ruta Meilutyte sind beim DSV nicht in Sicht. So droht nach 2016 erst einmal eine Lücke, wenn viele arrivierte DSV-Kräfte aufhören werden.
Quelle: ntv.de, Marc Zeilhofer und Christian Kunz, dpa