Debakel und doch "guter Dinge" Skisprung-Team "zerbröselt" bei der Tournee
07.01.2023, 11:21 Uhr
Lieber schnell weg: Karl Geiger enttäuschte sich bei der Vierschanzentournee auch selbst.
(Foto: dpa)
Die Vierschanzentournee ist eines der großen Highlights der Skispringer. Für die Deutschen gerät sie zum Debakel. Der Abstand zur Weltspitze ist erschreckend, Bundestrainer Stefan Horngacher steht unter Druck. Denn die Weltmeisterschaft ist schon in Sichtweite.
Wenigstens einer konnte noch lachen. Während der Großteil der deutschen Skispringer sichtlich bemüht war, die Horror-Tournee einzuordnen, strahlte Philipp Raimund, als ob er jene gerade gewonnen hätte. Er sei einfach nur "stolz, glücklich und zufrieden", sagte der Youngster des deutschen Teams nach seinem zwölften Platz in Bischofshofen über sein gelungenes Debüt bei der Vierschanzentournee. Mehr Grund zur Freude gab es aber nicht.
Das Springen am Freitag war das passende Ende einer Woche, die ganz Skisprung-Deutschland - Raimund ausgenommen - nur allzu gerne schnell wieder vergessen wollen würde. "Gefühlt ist es von Schanze zu Schanze schlechter geworden", resümierte Andreas Wellinger, als Elfter bester Deutscher der abschließenden Tourneewertung, das DSV-Debakel.
Und dennoch: Nach "turbulenten Tagen mit vielen unschönen Sachen" gaben sich Karl Geiger und Co. sichtlich Mühe, Hoffnungen zu schüren - besonders mit Blick auf die WM im Februar/März. Er sei "guter Dinge", sagte der erneut als Hoffnungsträger gestartete und Tournee-23. Geiger, dass die Mannschaft bis dahin wieder konkurrenzfähig sei: "Das kriegen wir schon hin".
Und auch Wellinger sieht dem zweiten Saison-Höhepunkt im slowenischen Planica "entspannt" entgegen. Schließlich wisse er, "was wir für eine Qualität in der Mannschaft haben". Mit Ausnahme des Auftaktes in Oberstdorf war davon bei der diesjährigen Tournee allerdings kaum etwas zu sehen.
Bundestrainer erlebt erste Krise
Viel mehr konnte man beobachten, wie die Weltspitze um die herausragenden Halvor Egner Granerud, Dawid Kubacki und Anze Lanisek der deutschen Mannschaft immer weiter davon flog. In der Hoffnung auf schnelle Verbesserungen lastet der Druck deswegen vor allem auf einem Mann: Bundestrainer Stefan Horngacher.
Nach vielen erfolgreichen Jahren im Skisprung-Zirkus durchlebt der Österreicher seine erste größere Krise. Das Vertrauensverhältnis mit der Mannschaft, versicherte Horngacher, sei dennoch "absolut" intakt: "Die wissen, dass wir nicht die schlechtesten Trainer sind und irgendeinen Blödsinn verzapfen."
Wie also wieder rauskommen aus dem aktuellen Loch? Eine Erklärung für die schlechte Tournee-Leistung hatte Horngacher nach dem Springen in Bischofshofen "noch nicht" parat - und beschränkte sich wohl auch deshalb erst einmal auf das Offensichtliche. "Unsere Topathleten sind momentan nicht in der Lage, wirklich gute Sprünge zu zeigen", analysierte der 53-Jährige.
Leichtigkeit "komplett flöten gegangen"
Nur "über gute Sprünge", so Horngacher, komme aber auch irgendwann das Selbstvertrauen zurück, "deshalb müssen wir schauen, dass wir die Leichtigkeit wiederfinden". Die sei bei der Tournee "eh nie da" gewesen, haderte Geiger. Spätestens beim Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen "ist sie komplett flöten gegangen, spätestens nach Innsbruck ist das Ganze dann komplett zerbröselt".
In mühsamer Kleinstarbeit wird es für die deutschen Skispringer nun darauf ankommen, die hinterlassenen Krümel wieder aufzusammeln. "Jeder Trainer und jeder Athlet wird sich Gedanken machen, wie wir wieder nach vorne kommen", versicherte Wellinger - und übte sich - natürlich - in Zuversicht.
"Es ist nicht alles schlecht", betonte der Olympiasieger. Deswegen seien alle DSV-Adler gut beraten, sich "auf die Sachen zu konzentrieren, die wir als Stärken ausbauen müssen, dann geht das andere auch wieder schnell". Letztendlich bleibt auch hier nur die Hoffnung, dass es wirklich so leicht getan ist, wie gesagt.
Quelle: ntv.de, ara/sid