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"Partie unseres Lebens" Spanier planen Finalsieg

Folgt der Gala gegen Russland nun der Garaus für die Deutschen? Nach der rauschenden Fußball-"Fiesta" gegen den Geheimtipp will der neue Titelfavorit Spanien seinen begeisternden Turnier-Auftritt mit dem ersten EM-Triumph seit 44 Jahren krönen. "Wir sind überglücklich, dass wir im Finale stehen. Das wird die Partie unseres Lebens", kündigte Andrs Iniesta nach dem glanzvollen 3:0 (0:0)- Halbfinalsieg gegen die hoch eingeschätzte "Sbornaja" den nächsten Coup der "Seleccin" an. Der sonst stets kritische Nationalcoach Luis Aragons lobte seine Schützlinge in höchsten Tönen.

"Physisch stärker als wir"

Die "Matadore" zeigen vor dem Final-Match zwar gehörigen Respekt vor den wieder einmal ihrem Ruf als "typische Turniermannschaft" gerecht werdenden Deutschen, aber insgeheim gehen sie davon aus, die Mittel für den "tödlichen Stoß" zu haben. "Gegen Deutschland wird es sehr spannend. Die sind zwar physisch stärker als wir, aber Kraft ist nicht das einzige Kriterium", deutete Torhüter Iker Casillas an, dass er den Schlüssel für den nächsten Geniestreich im spielerisch und technisch höheren Potenzial Spaniens sieht. Der spanische Kapitän will Christoph Metzelder, seinem Club- Kollegen bei Real Madrid, vor dem Duell "noch eine SMS schicken".

Kronprinz Felipe, der sich mit seinem Vater Juan Carlos erfolgreich in der Rolle des Glücksbringers abwechselt, glaubt an ein weiteres Wunder in Wien: "Unsere Mannschaft geht mit einer starken Moral gegen Deutschland ins Finale." Dann wird wieder der König höchstpersönlich in der Ehrenloge des Ernst-Happel-Stadions seinen "Kicker-Königen" die Daumen drücken. Sogar Ministerpräsident Jos Luis Rodriguez Zapatero ist erstmals dabei.

"Triumphale Symphonie"

Die spanische Presse schwelgte nach dem Super-Spiel und übertraf sich gegenseitig an Lobeshymnen: "Spanien kommt dem Himmel näher. Ein majestätisches Team macht Russland dem Erdboden gleich", titelte "El Peridico". Das Sportblatt "Marca" urteilte: "Spanien bot eine triumphale Symphonie. Es steht außer Frage, dass die Seleccin den besten Fußball spielt. Aber Obacht: Wir haben noch nichts gewonnen." "As" ist da optimistischer: "Natürlich können wir es schaffen. Die Seleccin tanzte Arschawins Russen aus. Spanien erhob den Fußball in die Kategorie der Schönen Künste."

"Campeones, campeones"

Die gelb-rot gekleideten und geschminkten "aficionados" brannten trotz des tristen Regenwetters ein emotionales Feuerwerk ab, als der erste Finaleinzug seit 24 Jahren feststand. Lauthals skandierten sie "Campeones, campeones". 1984 war ihr Team Gastgeber Frankreich 0:2 unterlegen. Dieses Mal soll alles besser werden. Als gutes Omen gilt den Spaniern der 1:0-Gruppensieg gegen Deutschland bei der damaligen EM. Es war allerdings auch der letzte Erfolg der Iberer über ihren Endspiel-Kontrahenten bei einem großen Turnier. Insgesamt weisen sie eine negative Bilanz gegen die DFB-Elf auf. Zudem fällt ihr EM- Torjäger David Villa wegen einer Bänderdehnung am linken Knöchel wahrscheinlich aus.

Nicht nur deswegen schlugen einige Spieler trotz der allgemeinen Euphorie und Zuversicht auch skeptische Töne an. "Die Deutschen sind es im Gegensatz zu uns gewohnt, Finals auszutragen", sagte Fernando Torres. "Aber wir hoffen natürlich auf einen krönenden Abschluss." Xavi warnte: "Gegen Deutschland wird es schwierig, zumal die einen Tag mehr Pause haben. Von der Geschichte her sind sie Favorit."

Xavi erzielt 500. Treffer in der EM-Geschichte

Das Herzstück der "Seleccin" stellte mit dem 1:0 (50. Minute) nach brillantem Pass Iniestas die Weichen auf Sieg. Zugleich glückte Xavi damit ein goldenes Jubiläum: Es war der 500. Treffer in der EM- Geschichte. Daniel Güiza (73.), Torschützen-König der Primera Divisin, und David Silva (82.) rundeten den Erfolg gegen immer stärker abbauende und am Schluss resignierende Russen ab.

"Enkelkind hat mich zum Weinen gebracht"

Selbst der als Griesgram geltende Erfolgsgarant Aragons kämpfte nach der meisterwürdigen Leistung mit den Emotionen. "Ich bin nicht extrovertiert, aber innerlich freue ich mich", gestand er gerührt. "Ich freue mich für mich, meine Spieler, die Fans und auch meine Familie. Mein Enkelkind ist hier, es hat mich zum Weinen gebracht." Dabei waren die Fußball-Künste seiner Schützlinge zum Strahlen. Auch der strenge "Mister" schwärmte: "Es ist fantastisch, wie wir spielen." Eine Favoritenrolle für das Finale wollte Aragons daraus nicht ableiten: "Die Chancen stehen 50:50."

Von Elmar Dreher, dpa

Quelle: ntv.de

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