Sport

Sinkewitz auf Pharma-Tour T-Mobile erwägt Ausstieg

Die Telekom hat die Kündigung von Patrik Sinkewitz bereits in der Schublade. Der Kommunikationschef des Telekom-Konzerns, Christian Frommert erklärte, Sinkewitz werde umgehend entlassen, sollte die B-Probe das Ergebnis der A-Probe bestätigen: "Wir werden uns von unserem klaren Kurs der Erneuerung auch durch einen solchen Tiefschlag nicht abhalten lassen. Frommert schließt aber auch weitgreifende Konsequenzen nicht aus: "Wir müssen uns jetzt über unser Sponsoring Gedanken machen", deutet er die Möglichkeit eines vorzeitigen Ausstiegs an. "Das einzig Gute ist die Erkenntnis, dass die Kontrollen immer besser greifen." Problematisch bleibt allerdings, dass Sinkewitz nicht vom Kontrollteam von T-Mobile ertappt wurde, sondern von den Kontrolleuren der Nationalen Anti-Doping-Agentur (NADA).

ARD und ZDF kündigten an, nicht mehr live über die Tour zu berichten (siehe Link).

"Viel Häme"

Die Telekom hatte nach den Doping-Geständnissen ihrer Ex-Fahrer Erik Zabel, Udo Bölts, Rolf Aldag, Brian Holm, Christian Henn und Jörg Jaksche im Mai noch einmal bekräftigt, das Engagement wie angekündigt bis 2010 fortsetzen zu wollen. Zusammen mit CSC installierte das T-Mobile-Team unter dem neuen Management von Bob Stapleton ein Anti-Doping-Programm, das allerdings nicht zum Betrugsnachweis im Fall Sinkewitz taugte.

T-Mobile-Sportdirektor Rolf Aldag informierte das Tour-Team, mit den noch sechs im Rennen befindlichen Fahrern kurz vor dem Start zur 10. Etappe: "Es herrschte betroffenes Schweigen", sagte er. In den kommenden Tagen erwarte man nun "viel Häme aus dem Feld".

Traditionspflege beim T-Mobile-Team

Sinkewitz muss nun innerhalb von fünf Tagen erklären, ob er die Öffnung der B-Probe beantragen will. "Sollte die B-Probe den positiven Befund bestätigen, wird der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) die Einleitung eines Verfahrens beim Bundessportgericht beantragen und Patrik Sinkewitz aus allen Kadern streichen", erklärte der Verband. Nach der Affäre um die Toursieger Jan Ullrich und Bjarne Riis aus Dänemark hat das T-Mobile-Team sich nach eigenen Angaben dem Anti-Doping-Kampf verschrieben. Wie das mit den alten Seilschaften aus Team-Telekom-Zeiten funktionieren soll, bleibt das Geheimnis der Teamleitung. Die positive A-Probe ist jedenfalls ein schwerer Rückschlag für das direkte Nachfolge-Team des Pharma-Rennstalls Team Telekom.

"Wieso ich? Davon weiß ich nichts"

Sinkewitz war am 8. Juni in den Pyrenäen zusammen mit Linus Gerdemann, Marcus Burghardt, Michael Rogers und Kim Kirchen getestet worden, teilte Teamsprecher Stefan Wagner mit. Sinkewitz selbst reagierte fassungslos auf die Nachricht: "Ich? Wieso ich? Davon weiß ich nichts. Das kann nicht sein", sagte er. "Ich werde gleich operiert und kann mich jetzt nicht darum kümmern", erklärte er auf Anfrage. Der 26-Jährige wird nach seinem Unfall bei der Tour de France in einem Hamburger Krankenhaus behandelt. Er war mit einem Zuschauer zusammengestoßen und hatte sich schwere Gesichtsverletzungen zugezogen

"Sofort suspendiert"

"Wir haben Sinkewitz sofort suspendiert", sagte Wagner. Das Bonner Team hatte bereits vor kurzem durchgegriffen und den ebenfalls auffällig gewordenen Profi Sergej Gontschar erst vom Giro d'Italia suspendiert und dann entlassen.

Als Verstoß gegen die Dopingregeln gilt ein Verhältnis der Konzentration von Testosteron zu Epitestosteron (T/E-Quotient) im Urin eines Athleten von höher als 4 zu 1. "Ein TE-Wert über 15 bis 20 ist nach bisherigen Studien endogen nicht möglich", sagte Professor Wilhelm Schänzer, Leiter des Instituts für Biochemie an der Sporthochschule Köln. Das heißt, dass der Körper diesen Wert nicht natürlich produzieren kann.

Extrem hohe Resultate seien in der Regel laut Schänzer zu registrieren, wenn die Substanz kurz vor der Probe zugeführt worden war. Es lägen keine Daten vor, dass Nahrungsergänzungsmittel derart hohe Testosteron-Werte aufweisen würden.

Die Substanz mit der chemischen Summenformel C19 H28 O2 ist seit 1984 verboten und gehört zu den anabolen Steroiden, den muskelaufbauenden Stoffen. Sie soll zudem die Regeneration verbessern und aggressiv machen. Der Amerikaner Floyd Landis war bei seinem Toursieg 2006 auch mit Testosteron gedopt.

Jahresgehalt Strafe

Sinkewitz wäre der Erste, der als des Dopings überführter Radprofi neben der Sperre ein Jahresgehalt als zusätzliche Strafe zahlen müsste. Er hatte wie alle T-Mobile-Fahrer die entsprechende Ethik-Verpflichtung des Weltverbandes UCI unterschrieben. Das Jahresgehalt des Fuldaers wird auf 500.000 Euro geschätzt.

Der Schweizer Ex-Profi Tony Rominger, der neben Sinkewitz auch den ebenfalls kürzlich positiv getesteten Nürnberger Matthias Kessler (Astana) als Manager betreut, zeigte sich erschüttert: "Das ist blanker Wahnsinn, ich verstehe die Fahrer nicht."

Kein unbeschriebenes Blatt

Sinkewitz ist kein unbeschriebenes Blatt. Vor einem Jahr war bekannt geworden, dass er vom italienischen "Dottore Epo" Michele Ferrari betreut wurde. Erst auf massiven Druck des Bonner Teams, das ihn Anfang 2006 von Quick-Step geholt hatte, brach er die Verbindung ab.

Zum damaligen "Ferrari-Trio" T-Mobiles zählten auch der Australier Michael Rogers und der Italiener Eddy Mazzoleni (ab 2007 bei Astana), der soeben wegen neuer Dopinganschuldigungen seine Karriere beendet hat.

Quelle: ntv.de

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