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61 Tote in 33 Jahren Todes-Rallye Paris-Dakar?

Bereits 33 Rennen der Serie Paris-Dakar gab es seit 1978. Nur in einem Jahr gab es keine Toten. Die Rallye soll die härteste der Welt sein.

Bereits 33 Rennen der Serie Paris-Dakar gab es seit 1978. Nur in einem Jahr gab es keine Toten. Die Rallye soll die härteste der Welt sein.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Fast jedes Jahr erschüttern Meldungen von Toten bei der Rallye Paris-Dakar. Nun stirbt bereits am ersten Tag der Rallye der Argentinier Jorge Martínez Boero bei einem Sturz mit seinem Motorrad. Wieder ist der Aufschrei laut und wieder wird die schwierigste Rallye der Welt ihre Opfer überleben.

Kaum ist die Rallye Paris-Dakar in ihr 33. Jahr gegangen, ist der erste Tote zu beklagen. Bereits bei der Auftaktetappe  des berüchtigten Offroad-Abenteuers stirbt der Motorradpilot Jorge Martínez Boero. Nach einem schweren Sturz erleidet der Argentinier noch während des Transportes in ein Krankenhaus einen Herzstillstand. Boero war am Neujahrstag bei Kilometer 55 auf der Strecke zwischen Las Grutas und der kleinen Ortschaft Energía bei einem Sprung über einen Hang von seiner Maschine  gestürzt und erlitt schwere Brustverletzungen. Boero ist das 61. Todesopfer, das die Rallye Dakar zu beklagen hat.

Bereits im letzten Jahr hatte Martinez Boero einen schweren Unfall und bangte acht Stunden lang am Abgrund einer Klippe liegend um sein Leben - der Einsatz eines Hubschraubers und drei Tage im Krankenhaus retteten sein Leben, fachten aber auch seinen Ehrgeiz an, in diesem Jahr wieder an den Start zu gehen.

Das größte Abenteuer aller Zeiten

Das Abenteuer fährt bei den Piloten immer mit.

Das Abenteuer fährt bei den Piloten immer mit.

(Foto: picture alliance / dpa)

Der Franzose Thierry Sabine erfand das Rennen aus einem besonderen Anlass. Auf einer Fahrt mit dem Motorrad von der Elfenbeinküste nach Frankreich strandet der Abenteurer in Libyen. Drei Tage bleibt er in der Wüste verschollen, bis er wieder bekanntes Gebiet erreicht. Inspiriert durch dieses Erlebnis denkt sich Sabine in Paris das größte Abenteuer aller Zeiten aus: eine Reise im Renntempo von Paris quer durch die Sahara in die Hauptstadt der ehemaligen französischen Kolonie Senegal, Dakar. Die Idee trifft den Nerv der Abenteuerlustigen. Am 26. Dezember 1978 treten nicht weniger als 170 Starter zur ersten Rallye Paris-Dakar an. Neben 10.000 Kilometern purem Abenteuer locken umgerechnet 3000 Euro Preisgeld. Mehr als die Hälfte aller Teilnehmer bei der ersten Rallye sind Motorradfahrer, unter ihnen sieben Frauen.

Im ersten Jahr hatte niemand eine Vorstellung davon, was die Strecke für alle Beteiligten bedeuten würde. Bereits in der zweiten Woche ist der erste Teilnehmer tot. Patrick Dodin stürzt mit seiner Maschine in der Nähe von Agadez in Niger und zieht sich schwere Schädelverletzungen zu. Von den 170 Startern erreichen lediglich 70 Dakar. Ein Verhältnis, das bis heute durchaus repräsentativ ist.

Die Suche nach dem Unkalkulierbaren

Trotz des Toten wird die Rallye in den kommenden Jahren immer mehr zu einem Magneten. Nur ein Jahr nach der ersten Austragung stehen bereits 200 Starter in Paris. Es ist das Unkalkulierbare, das Unbekannte, was die Teilnehmer anzieht. Aber nicht nur das. Jeder hat seine eigene Idee, wie er es ins Ziel schaffen kann. Man versucht es mit einem Citroen 2CV, mit Rolls Royces oder mit Pinzgauern. Aus der Motorrad-Insider-Party wird schnell ein Event für die ganze Welt.

Etliche haben sich zwischen Paris und Dakar versucht, um ihren Hunger auf Abenteuer zu stillen, zum Beispiel der Politikersohn Mark Thatcher. Allerdings gerät er in einen Hinterhalt und wird verschleppt. In einer ausufernden Staatsaktion wird der Brite gesucht und nach drei Tagen unverletzt und mit schlechtem Gewissen nach London zurückgebracht. Auch ehemalige Formel-1-Fahrer suchten in der Wüste neue Herausforderungen. Die einen lernen ihre Grenzen kennen, die anderen finden in der Rallye ihre große Liebe. Unter ihnen der Belgier Jacky Ickx und der Franzose Jean-Louis Schlesser, der noch heute in einem Schlesser-Ford-Buggy am Start ist.

In den 80er Jahren fahren erstmals Lkw bei der Rallye Dakar.

In den 80er Jahren fahren erstmals Lkw bei der Rallye Dakar.

(Foto: picture alliance / dpa)

Mit den Jahren wird das Gerät immer schwerer. Neben Motorrädern und Autos gehen jetzt auch Lkw an den Start. Der holländische Spediteur Jan de Rooy lässt sich von DAF einen 1000 PS starken Biturbo-Lkw bauen. Das einzige Limit des Monster-Boliden ist, dass es keine Reifen gibt, die mehr als 180 Kilometer pro Stunde im groben Gelände verkraften.

Aus der Rallye erwächst auch eine Sportwagenlegende. Porsche schickt den Prototyp eines 911 mit Allradantrieb in die Wüste. Aus ihm geht der streng limitierte 959 hervor. 

Das Risiko fährt immer mit

Über die Jahre sterben bei der Rallye 61 Menschen. 19 der Toten sind Motorsportler, allein 15 von ihnen Motorradfahrer, die nach Stürzen ihren Verletzungen erliegen. Ausgenommen der Rennfahrer Eric Aubijoux  aus Frankreich. Er stirbt im Jahr 2007 während der Rallye an einem Herzinfarkt. Das Gros der Opfer, insgesamt 42, sind Zuschauer, Hubschrauberpiloten, Servicepersonal oder Journalisten.

Allein sechs Menschen sterben am 14. Januar 1986 beim Absturz eines Hubschraubers, unter ihnen der Erfinder der Rallye und spätere Leiter Thierry Sabine sowie der französische Popsänger Daniel Balavoine. Der Hubschrauber zerschellt nach einem Motorenproblem an einer Düne in Mali in der Nähe des Gossi-Sees. Bei der Rallye im Jahr 1990 wird der französische Servicemitarbeiter Charles Cabannes ermordet. Die häufigsten Opfer sind aber Zuschauer und hier vor allem Kinder, die an der Strecke überfahren werden. Insgesamt verunglücken in 33 Jahren neun Kinder und fünf Erwachsene am Rande des Rennens.

Der Tod als anerkannter Begleiter

In all diesen Jahren hat der Hauch von Ruhm und Abenteuer den möglichen Tod bei der Hatz überstrahlt. Bei 33 Rennserien gab es lediglich in den Jahren 2000/2001 keinen tödlichen Unfall. Trotz der Gefahren geht die Rallye immer weiter. Über die Jahre mehren sich die kritischen Stimmen. Doch auch wenige Befürworter melden sich zu Wort, unter ihnen der Tuareg Mano Dayak. In der Wüste aufgewachsen, in Frankreich und den USA ausgebildet, wird er später Rebellenführer und Parteigründer. Von der nigerianischen Regierung verfolgt, stirbt er schließlich bei einem Flugzeugabsturz.

Dayek wandelt sich von einem Hasser des Spektakels zu einem glühenden Verfechter. Er lobt Erfinder Sabine später, etwas geschaffen zu haben, das unter den Teilnehmern Solidarität, Freundschaft und Bindung aufbaut, nach seiner Ansicht so stark wie die Wüste selbst. Dayek sieht in der Rallye aber vor allem einen positiven Einfluss auf die Infrastruktur und den Handel der durchquerten Regionen.

Paris-Dakar bleibt - auch wenn sie seit 2009 aus Sicherheitsgründen nicht mehr durch Afrika führt -  die Dakar, immer unsicher und die drastischste Rallye der Welt. Der Tod ist zum anerkannten Begleiter geworden. Und dabei schaffen es die Namen der getöteten "Randfiguren" meist nicht mal bis Europa.

Quelle: ntv.de

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