Sport

"Gibt wichtigere Dinge im Leben" Tragischer Tod beim Finale: Trainer wollte Spiel abbrechen

Wiegert hätte in Kauf genommen, nicht zu gewinnen.

Wiegert hätte in Kauf genommen, nicht zu gewinnen.

(Foto: dpa)

Der SC Magdeburg triumphiert im Finale der Champions League. Doch beinahe wäre es nicht so weit gekommen. Wegen eines Notarzteinsatzes bei einem Journalisten wird das Spiel unterbrochen. Magdeburgs Trainer Bennet Wiegert schlägt vor, die Partie zu beenden und Kielce zum Sieger zu küren.

"Man hat wieder gesehen, wie nahe Glück und Trauer beieinanderliegen. Es tut mir unheimlich leid, das ist einfach scheiße", sagte der Trainer des SC Magdeburg, Bennet Wiegert, nach dem Champions-League-Finale im Handball. Sein Team hatte gerade in einem engen Spiel inklusive Verlängerung gegen den polnischen Top-Klub Industria Kielce mit 30:29 gewonnen. Und es ist auch nicht so, dass Wiegert sich nicht ausgiebig freute, doch sein Mitgefühl war bei dem polnischen Journalisten, der 12:20 Minuten vor Ende der regulären Spielzeit plötzlich auf der Pressetribüne zusammengebrochen war. Das Spiel wurde wegen des Notarzteinsatzes unterbrochen, der Journalist verstarb später im Krankenhaus.

Zum Zeitpunkt der Unterbrechung lag Magdeburg mit 20:22 im Rückstand, doch Wiegert war das in dem Moment völlig egal. Der 41-Jährige bewies menschliche Größe, zeigte, dass es Wichtigeres gibt als den Sport. Er sei während der Unterbrechung zu seinem Trainerkollegen Talant Dujshebaev gegangen und habe ihm angeboten: "Lass' uns das Spiel beenden. Wir nehmen das Ergebnis und ihr seid Champions-League-Sieger, denn es gibt wichtigere Dinge im Leben", berichtete Wiegert.

Kristjansson beißt sich durch

Es kam anders, das Spiel wurde fortgesetzt und Magdeburg rang Kielce nieder. Trotz der tragischen Umstände natürlich ein Grund zum Feiern für die Magdeburger. Schon auf der nächtlichen Heimfahrt auf der Autobahn feierte das Team den zweiten Triumph in der Handball-Champions-League nach 2002, ehe am Nachmittag in Magdeburg ein großer Empfang für das Team um den MVP Gisli Kristjansson ansteht. "Ich gehe mit allem, was jetzt hier passiert, total demütig um. Und es tut mir unheimlich leid. Meine Trauer, mein Beileid ist bei dem verstorbenen Journalisten aus Kielce. Es tut mir unheimlich leid. Mehr kann ich dazu nicht sagen", betonte Wiegert.

Vor der Abfahrt mit dem Siegerpokal erklärte er zum sportlichen Erfolg: "Es wird noch Wochen oder gar Monate dauern, alles zu realisieren, was an diesem Wochenende in Köln passiert ist. Ich werde das nie in meinem Leben vergessen, das weiß ich. Ich kann den Charakter der Mannschaft nicht hoch genug loben."

"Ich kann mir nur im Ansatz vorstellen, was in den nächsten Tagen in Magdeburg los sein wird", sagte Bundestrainer Alfred Gislason, der den Traditionsverein vor 21 Jahren zum ersten Triumph in der Champions League geführt hatte. Der SCM sei derzeit "die effektivste Mannschaft der Welt" und habe "zu Recht den Titel gewonnen". Das empfand auch Wiegert so, der die Spieler in höchsten Tönen lobte. "Jeder hat Geschichte geschrieben. Diese Mannschaft ist einfach fantastisch", sagte der 41-Jährige, der beim ersten Königsklassen-Sieg im Jahr 2002 noch als Spieler dabei war.

"Wille in mir war so stark"

Mehr zum Thema

Exemplarisch für die Mentalität des Teams stand das Blitz-Comeback von Kristjansson, der sich am Vortag im Halbfinale gegen den FC Barcelona die Schulter des Wurfarms ausgekugelt hatte und trotzdem 24 Stunden später im Finale sechs Tore zum Sieg beitrug. "Als es passiert war, habe ich gedacht, dass ich bis Januar kein Handball mehr spielen werde. Aber der Wille in mir war so stark. Ich wollte einfach dabei sein und der Mannschaft helfen, egal für wie lange", erzählte der 23 Jahre alte Rückraumspieler und fügte schmunzelnd hinzu: "Isländer geben niemals auf. Das ist einfach unsere Mentalität."

Der Auftritt von Kristjansson ließ auch Wiegert emotional werden, zumal der isländische Nationalspieler nun wohl für längere Zeit ausfallen wird. "Ich freue mich so sehr für ihn, denn ich weiß, welch anstrengende Zeit jetzt vor ihm liegt", sagte der Magdeburger Erfolgstrainer und fügte hinzu: "Hätten wir das Spiel verloren, dann hätte ich für ganz lange Zeit getrauert, einen so guten Spieler für ganz lange Zeit zu verlieren. Mit dem Pokal tut es ihm nicht so weh."

Quelle: ntv.de, ara/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen