
Viele der größten MMA-Stars sind bei UFC 300 dabei, der ganz große Name fehlt jedoch.
Die UFC steht für Spektakel - die Champions League des Kampfsports feiert seine 300. Großveranstaltung mit prominent besetzten Kämpfen. MMA-Ikone Sobotta erlebte die Organisation als Fighter selbst. Für ntv.de wirft er einen Blick auf das "Megaevent" der UFC und erklärt, wie sich der Branchenprimus verändert hat.
"Die größte Nacht des Kampfsports" verspricht Dana White für UFC 300. Die Jubiläumsveranstaltung der einflussreichsten MMA-Organisation der Welt (Sonntag, 14. April/2 Uhr auf DAZN) ist mit Superlativen gespickt: 13 amtierende und ehemalige UFC-Champions, Hall of Famer des Boxens und Olympiasieger. Die Käfigkämpfe in Las Vegas sind ein Who-is-Who der Kampfsportszene. Zusammen mit Ex-UFC-Fighter Peter Sobotta hat ntv.de vorab auf die Kämpfe des historischen Events geschaut und darauf, wie sich die Organisation in den vergangenen Jahren entwickelt hat - in einigen Bereichen nicht zum Positiven.
Auch wenn Sobotta seine aktive Karriere im Käfig im Juli 2020 beendet hat, steht er weiter in engem Kontakt zum amerikanischen Vorzeige-Veranstalter. Der 37-Jährige aus Balingen in Baden-Württemberg betreute in den vergangenen Jahren viele Fighter in der UFC als Coach, zuletzt Ende Februar den Ukrainer Denys Bondar bei dessen Kampf in Mexiko. Dazu ist er Experte für die Pay-per-view-Events der UFC beim Streamingdienst DAZN. Mehr Einblick vor und hinter die Kulissen geht kaum.
Für Sobotta ist UFC 300 zwar "nicht das Megaevent", aber zumindest die beste Besetzung an Kämpfen in diesem Jahr. "Was vielleicht ein bisschen fehlt, ist dieser ganz große Name. Ich glaube, viele haben sich gewünscht, dass Conor McGregor kämpft, dass Israel Adesanya zurückkommt oder zwei Champions gegeneinander antreten. Also dieser eine Megafight, der die MMA-Galaxie zum Beben bringt." Wie gut die Ansetzungen letztlich seien, sehe man an den Prelims - also den Vorkämpfen. Beispielsweise ist das Duell des Tschechen Jiří Procházka gegen den Österreicher Aleksandar Rakić nicht unter den fünf Hauptkämpfen angesiedelt. "Dieser Kampf würde in Europa wahrscheinlich ein Stadion vollmachen", urteilt Sobotta.
"Lieblingskampf" um die europäische Krone
"Das ist mein Lieblingskampf an diesem Abend, auch aus emotionaler Verbundenheit. Beide Fighter kommen aus der europäischen Szene und man kennt sich", so der Chef des Balinger Planet Eater Gym. Dem methodisch vorgehenden Rakić stehe ein gänzlich unberechenbarer Procházka gegenüber. "Dieser chaotische und sehr riskante Kampfstil ist seine größte Stärke und seine größte Schwäche zugleich. Wenn ich einen Tipp abgeben müsste, würde ich mit Procházka gehen. Sagen wir mal so: Rakić muss da schon verdammt viel richtig machen, um seinen Gegner dreimal fünf Minuten dominieren und kontrollieren zu können. Das wird nicht einfach."
Der Gewinner dieses "King of Europe"-Duells wird dann auch als Anwärter auf einen Titelkampf aus der Veranstaltung gehen. Wer den Gürtel im Halbschwergewicht dann innehat, klärt sich im Hauptkampf zwischen Alex Pereira und Jamahal Hill. In Erwartung des von Sobotta betitelten Megafights hatten die Fans zum Zeitpunkt der Verkündung des Hauptkampfs eher verhalten reagiert. "Das sind beide sehr gute Kämpfer", räumt Sobotta ein. Spannung erwarte er aber nicht bei diesem Duell. "Jamal kommt aus einer sehr schweren Verletzung und einer langen Pause. Pereira steht im Saft, ist aktiv und hat in den letzten Kämpfen abgeliefert. Es ist MMA, alles kann passieren, keine Frage. Aber ich habe da schon Alex Pereira deutlich vorne."
Ein echtes Highlight dagegen sei der Titelkampf, der eigentlich keiner ist. Der Gürtel des "Baddest Motherfucker" ist aus der Idee entstanden, den Fighter mit den eindrucksvollsten K.-o.-Siegen zu würdigen. Es gibt kein Ranking wie in den anderen Gewichtsklassen und bislang wurde er auch nur zweimal ausgekämpft. Mit Justin Gaethje wird der BMF-Titel derzeit zumindest von einem der spektakulärsten Fighter der UFC gehalten. Keiner hat mehr Boni kassiert für seine vorzeitigen Siege. Herausforderer ist Max Holloway. Er hält den Rekord für die meisten signifikanten Treffer in der Organisation - keiner teilt mehr aus.
"Das wird eine Knallerei", verspricht Sobotta beim Duell der beiden Leichtgewichte und erwartet einen offenen Schlagabtausch. "Das sind beides Kämpfer, die gerne nach vorne gehen, die beide gut einstecken können, aber auch viel austeilen. Holloway ist gefühlt unzerstörbar, Gaethje für seine harten Hände bekannt. Bei ihm frage ich mich sowieso, wie lange das noch gehen kann. Diese Materialschlachten, die er sich jedes Mal liefert, sind nicht gut für die Gesundheit." Deshalb müsse man dankbar sein für jeden Kampf, den man vom US-Amerikaner noch sehen könne.
MMA-Sport boomt dank UFC
Das klingt insgesamt nach einer Menge Spektakel. Dafür stand die UFC schon immer. Keine Sportorganisation profitierte so stark von der Pandemie wie die UFC, die als erste wieder Live-Sport anbot. Im vorigen Geschäftsjahr verbuchte die UFC Einnahmen von mehr als einer Milliarde Dollar, der Großteil kommt aus dem TV-Deal mit ESPN. Die MMA-Organisation bleibt in einigen Bereichen ihren Prinzipien treu, hat sich über die Jahre aber auch verändert.
"Von den Abläufen ist die UFC das Nonplusultra. Da habe ich noch nie etwas Besseres erlebt. Vom Geschäftsmodell hat sich in der UFC in den vergangenen Jahren dafür sehr viel getan." Sobotta hatte bei UFC 99 vor knapp 15 Jahren in Köln sein Debüt in der Organisation gegeben. "Es gab deutlich weniger Veranstaltungen, aber auch weniger Kämpfer auf dem Roster. Das waren damals um die 200 Kämpfer. Ich glaube, jetzt sind wir bald bei 1000."
Die enorme Zahl der Athleten sorgt nun auch dafür, dass die UFC rigoros aussiebt. So musste es Sobotta auch bei seinem ukrainischen Schützling Bondar erleben, der in der zweiten Runde gegen den Mexikaner Ronaldo Rodriguez unterlegen war - Bondars dritte Niederlage in der UFC. "Dienstags nach dem Kampf kam dann der Anruf vom Matchmaker der UFC, dass Denys raus ist. Da war egal, ob der Kampf ein enges Ding war." Mit noch einem ausstehenden Kampf im Vertrag sei Sobotta sogar unmittelbar nach der Niederlage proaktiv auf die Organisation zugegangen und wollte, dass sich sein Schützling schnellstmöglich wieder unter Beweis stellen kann. Das half aber alles nichts.
"Die UFC ist halt eine Saftpresse. Die pressen, solange da Saft rauskommt. Und wenn sie meinen, da kommt nicht mehr genug, dann wird man entsorgt", sagt der 37-Jährige über die Organisation, die in seinen Augen zwar Konkurrenz bekommen hat, was die Bezahlung der Kämpfer angeht, rein sportlich aber noch das Ziel jedes MMA-Fighters sein sollte.
Muss Deutschland bis UFC 400 warten?
Laut Sobotta präsentiert sich die UFC auch nicht mehr ganz so mutig, wenn es darum geht, in neue Märkte vorzudringen. "Ich glaube, das ist auch der Pandemie geschuldet", so der Grappling-Spezialist. In dieser Zeit habe die UFC mit dem Apex eine Art Trainingszentrum inklusive TV-Studio errichtet, wo regelmäßig Veranstaltungen durchgeführt werden - vor relativ kleinem Publikum. "Mit den TV-Deals verdienen sie halt eine Menge Geld. Und einem Sender wie ESPN ist es da nicht ganz so wichtig, ob die jetzt in Mexiko City die Veranstaltung machen oder im Apex. Da geht es überwiegend um regelmäßigen Content." Persönlich findet es der 37-Jährige schade, dass es nicht so viele UFC-Veranstaltungen in Europa gibt. Entsprechend hätten europäische Kämpfer eine geringere Chance, den Sprung zu schaffen und gebucht zu werden.
In Deutschland wartet man nun bereits seit mehr als sechs Jahren auf die Rückkehr des Branchenprimus. Bis UFC 400 werde es aber nicht dauern, ehe der "Zirkus" noch einmal in der Bundesrepublik aufschlägt. Es brauche Lokalmatadoren und die seien derzeit in der Entwicklung, meint Sobotta. "Wenn ich die Szene im Land beobachte, haben wir derzeit viele junge Kämpfer, die in den Startlöchern stehen. Es gibt die nötigen Trainingsstrukturen und die Kontakte, um die Jungs da hinzuführen." Aber da stecke auch viel Arbeit dahinter. "Die Generation an Kämpfern, die jetzt zwischen 18 und 25 sind, da könnte es schon der eine oder andere schaffen, dass er auch in der UFC mitkämpfen kann. Aber das wird noch ein bisschen dauern."
Main Card:
Halbschwergewicht: Alex Pereira (c) besiegt Jamahal Hill durch TKO in Runde 1.
Frauen Strohgewicht: Zhang Weili (c) besiegt Yan Xiaonan nach Punkten.
Leichtgewicht: Max Holloway besiegt Justin Gaethje (c) durch Knockout in Runde 5.
Leichtgewicht: Arman Tsarukyan besiegt Charles Oliveira durch Punktentscheidn (Split Decision).
Mittelgewicht: Bo Nickal besiegt Cody Brundage durch Submission in Runde 2.
Prelims:
Halbschwergewicht: Jiří Procházka besiegt Aleksandar Rakić durch TKO in Runde 2.
Federgewicht: Aljamain Sterling besiegt Calvin Kattar nach Punkten.
Frauen Bantamgewicht: Kayla Harrison besiegt Holly Holm durch Submission in Runde 2.
Federgewicht: Diego Lopes besiegt Sodiq Yussuf durch TKO in Runde 1.
Leichtgewicht: Renato Moicano besiegt Jalin Turner durch TKO in Runde 2.
Frauen Strohgewicht: Jessica Andrade besiegt Marina Rodriguez nach Split Decision.
Leichtgewicht: Bobby Green besiegt Jim Miller nach Punkten.
Bantamgewicht: Deiveson Figueiredo besiegt Cody Garbrandt durch Submission in Runde 2.
Quelle: ntv.de