Prügelei, Gewicht, Stinkefinger Chimaev wird in 48 Stunden vom UFC-Liebling zum Buhmann
12.09.2022, 15:56 Uhr (aktualisiert)
Lieferte wieder das angekündigte Spektakel im Oktagon: Khamzat Chimaev.
(Foto: USA TODAY Sports)
In der UFC macht Khamzat Chimaev mit seinen Gegnern regelmäßig kurzen Prozess. Auch gegen Kevin Holland ist nach wenigen Minuten Schluss. Im Vorfeld des Kampfes war es jedoch zu chaotischen Tagen gekommen, Backstageprügelei und verpasstes Gewicht inklusive.
Das Wochenende beginnt für die Ultimate Fighting Championship (UFC) mit Chaos. Rund um Superstar Khamzat Chimaev bricht zwei Tage vor der Großveranstaltung UFC 279 in Las Vegas im Backstagebereich eine Prügelei zwischen den Lagern mehrerer Kämpfer aus. Einen Tag später verpasst Chimaev sein Kampfgewicht vor dem Hauptkampf gegen Nate Diaz deutlich - die drei wichtigsten Kämpfe werden daraufhin umgestellt. Trotz seines Sieges gegen Ersatzmann Kevin Holland hat der Tschetschene seine Gunst bei den Fans und in der UFC verspielt.
Backstageauseinandersetzungen zwischen Kämpfern sind in der UFC fast schon ein gewünschtes Stilmittel, um dem Event noch einmal mehr Hype zu verschaffen. Zwei Tage vor der Fight Night nahm die Sache aber überhand. Dutzende Personen aus verschiedenen Lagern der MMA-Kämpfer sollen laut UFC-Boss Dana White beteiligt gewesen sein. Die Pressekonferenz wurde kurzerhand abgesagt. Sanktionen werde es nicht geben, erklärte White anschließend. Es seien schließlich Fighter.
Was sich abgespielt hatte, erläuterte Chimaev-Coach Andreas Michael. Sein Kämpfer und Kevin Holland seien backstage in ein Wortgefecht geraten, ehe Chimaev seinem Gegenüber einen Tritt gegen die Brust verpasst hätte. Die Diaz-Crew sei mit mehr als 50 Personen "aus welchen Gründen auch immer" dazugekommen und die Sache sei eskaliert, so Michael. "Aber niemand wurde verletzt, Gott sei Dank."
Das größere Chaos löste allerdings das Gewichtmachen (Weight Cut) des Tschetschenen aus. Einen Tag vor dem Kampf hätte Chimaev bei 77 Kilogramm einwiegen sollen. Auf die Waage brachte er dann rund 3,5 kg mehr. Die Ärzte hätten den drastischen Gewichtsverlust, den viele Kämpfer vor ihren Duellen hinlegen, aus medizinischen Gründen unterbunden, hieß es später. Chimaev sei bei dem Kräfte zehrenden Prozess "von Krämpfen geschüttelt" worden.
Ferguson übernimmt Main-Event-Platz
Trotz medizinischem Einschreiten liegt die Schuld aber in erster Linie beim 28-Jährigen und seinem Team. In der Regel wird der Weight Cut über die gesamte Woche vorbereitet und ist darauf ausgelegt, dass die Kämpfer möglichst unbedenklich auf ihr Kampfgewicht kommen. Kontrahent Diaz schwitzte sich auf die vorgegebenen 77 Kilo runter, ein Kampf der beiden hätte Vorteile für Chimaev bedeutet.
Die UFC musste quasi alles umstellen. UFC-Veteran Tony Ferguson rückte in den Hauptkampf gegen Diaz, Fergusons eigentlicher Gegner Li Jingling trat gegen Daniel Rodriguez an im Catchweight - also außerhalb der gesetzten Gewichtsklassen. Unter dem gleichen Kriterium fand der Kampf zwischen Chimaev und Holland statt.
Beim öffentlichen Wiegen, einer reinen Showveranstaltung, hagelte es bereits Buhrufe für Chimaev, der diese mit dem Stinkefinger Richtung Publikum quittierte. Der Einlauf Chimaevs in die T-Mobile Arena wurde infolge der Ereignisse gemischt von den Zuschauern aufgenommen, auch hier dominierten Buhrufe, als der 28-Jährige das Oktagon betrat. In den USA galt Chimaev bis dato aufgrund seiner dominanten Auftritte als absoluter Fan-Liebling. Im Gegensatz zu Europa werden dort seine Verbindungen zu Tschetschenen-Fürst Ramsan Kadyrow nicht weiter hinterfragt.
Bald im Mittelgewicht?

BJJ-Schwarzgurt Kevin Holland konnte sich nicht aus dem Griff Chimaevs befreien.
(Foto: USA TODAY Sports)
Chimaev startete auch noch mit einem schmutzigen Trick in den Kampf. Beim Faceoff gab es noch ein Shakehands, was dann auch zum Rundenbeginn üblich ist. Als Holland seine Hand zum Abklatschen hob, startete Chimaev gleich in einen Takedown-Versuch. Ab da hatte er den US-Amerikaner am Boden im Griff. Bereits nach rund drei Minuten beendete Chimaev den Kampf mit einem Aufgabegriff (D'Arce Choke).
Im Interview nach dem Kampf war von Einsicht keine Spur. Er provozierte stattdessen noch weiter. "Diaz kann Gott danken, dass er heute nicht gegen mich kämpfen musste", so Chimaev. Das verpasste Gewicht interessiere ihn nicht. Nur die Ärzte hätten ihn davon abgehalten, auf das Kampfgewicht zu kommen.
Chimaevs Rolle hat sich damit gedreht: zum Buhmann in nur 48 Stunden. Ein Stolperstein auf dem Weg zum Champion könnte das Wochenende allerdings werden. Sollte der im Weltergewicht an Rang drei positionierte Chimaev um den Gürtel kämpfen und die wirklich fetten Gagen einstreichen wollen, muss er das Gewicht machen. Der 28-Jährige betonte zwar, dass er in Weltergewicht und Mittelgewicht um den UFC-Titel kämpfen will, laut White erschwere sein Fehlverhalten das Unterfangen jedoch. Man werde sich in dieser Woche zusammensetzen und Chimaev wohl empfehlen, eine Gewichtsklasse höher anzutreten. Im Mittelgewicht hat Chimaev jedoch keinen Rang und müsste noch mehrere Kämpfe bestreiten, um endlich Champion zu werden.
(Dieser Artikel wurde am Sonntag, 11. September 2022 erstmals veröffentlicht.)
Quelle: ntv.de