Stabhochspringer setzen Glanzlicht Unger verliert überraschend
24.02.2008, 17:14 UhrÜber Sindelfingen strahlte die Sonne, doch im Glaspalast gab es für die deutschen Leichtathleten mehr Schatten als Licht: Zwei Wochen vor den Hallen-Weltmeisterschaften in Valencia sahen die insgesamt 5900 Fans am Wochenende nur wenig Glanz. So wurde die Show der Stabhochspringer einmal mehr zum Höhepunkt. Altmeister Tim Lobinger (München) gewann die spannende Konkurrenz mit 5,80 Meter vor seinem höhengleichen Rivalen Danny Ecker (Leverkusen) - sein sechster Hallentitel. Gar der "siebte Streich" glückte Dreisprung- Oldie Charles Friedek (Leverkusen) und 3000-Meter-Läufer Jan Fitschen (Wattenscheid). "Es waren wenig Zuschauer, und das ist schade", meinte Lobinger.
Eine überraschende Niederlage kassierte Sprinter Tobias Unger (Kornwestheim/Ludwigsburg) ausgerechnet auf seiner Spezialstrecke: Über 200 Meter musste sich der Schwabe am Sonntag in ganz schwachen 21,19 Sekunden dem Frankfurter Stefan Kuhlee (21,00) und Alexander Kosenkow (Wattenscheid/21,15) geschlagen geben und wurde nur Dritter. "Es ist physikalisch einfach nicht möglich, auf Bahn drei mit 2,70 Meter Schrittlänge zu laufen", erklärte sein Trainer Micky Corucle. "Tobias hat ausgangs der Zielkurve schon aufgegeben." Am Vortag hatte der Olympia-Siebte Unger als Meister über 60 Meter (6,62 Sekunden) noch überzeugt, er wird aber auf Valencia verzichten.
Bei den Frauen hatte sich Verena Sailer (Fürth/München) über 60 Meter in 7,23 Sekunden den Titel geholt und die WM-Norm erfüllt. Stabhochspringerin Julia Hütter (Bruchköbel) verteidigte ihren Titel mit 4,60 Meter. Danach scheiterte sie dreimal am deutschen Hallenrekord (4,71). 800-Meter-Olympiasieger Nils Schumann (Erfurt) war gegen das unwiderstehliche Finish des 19-jährigen Robin Schembera (Leverkusen) machtlos. Der Youngster gewann in 1:49,20 Minuten vor dem verblassenden Star (1:49,73).
Angriff der Jugend abgewehrt
Die Stabhochsprung-Routiniers Lobinger und Ecker wehrten den Ansturm der Jugend um Fabian Schulze, Alexander Straub und Raphael Holzdeppe ab und buchten das Ticket für Valencia. Der DLV wird wieder ein Mini-Team zur Hallen-WM schicken. "15 + wenig x" verkündete Jürgen Mallow als Formel. Der Leitende Bundestrainer des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) hatte "nur wenige Disziplinen gesehen, mit denen ich gar nicht zufrieden war". Dass der Wert von Hallenstarts in einem Olympia-Jahr umstritten ist, weiß auch Mallow. Was wirklich zählt, ist der Sommer. "Ich hoffe und erwarte", meinte der Chefcoach, "dass wir im Mai, Juni, Juli einen weiteren Aufwärtstrend erleben".
Vier Monate nach seiner Leistenoperation springt Lobinger wieder so konstant wie zu seinen besten Zeiten. Der Hallen-Weltmeister von 2003 wird am Freitag noch in Chemnitz starten und dann seine Koffer für die WM packen. "Ich freue mich wirklich auf Valencia", sagte der Vollprofi. Im Glaspalast überflog Lobinger zum 98. Mal seit 1996 mindestens 5,80 Meter. Doch davon sahen die Zuschauer im ZDF- Sportstudio nichts - die olympische Kernsportart war am Samstagabend eine "Nullnummer", was Mallow gar als "böswillig" empfand.
Dass man die "Oldies" noch nicht abschreiben darf, bewies Dreispringer Friedek: Der Ex-Weltmeister aus Leverkusen gewann zwar mit schwachen 16,44 Meter, fühlte sich aber stark für weitere Taten: "Jetzt stürze ich mich hochmotiviert in die Olympia-Vorbereitung."
Quelle: ntv.de, Von Ralf Jarkowski und Ulrike John, dpa