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WM-Finale gegen Champion Anderson Van Gerwen pulverisiert Darts-Superlative

Unstoppable? Zumindest spielt Michael van Gerwen bei der Darts-WM bisher so gut wie noch nie ein Spieler zuvor.

Unstoppable? Zumindest spielt Michael van Gerwen bei der Darts-WM bisher so gut wie noch nie ein Spieler zuvor.

(Foto: imago/Action Plus)

Michael van Gerwen gegen Gary Anderson, Nr. 1 der Darts-Welt gegen Nr. 2, Rekordmann gegen Phänomen - mehr Traumfinale geht nicht bei der Darts-WM. Ein Spektakel scheint gewiss, denn in Topform sind beide.

"Es war eine phänomenale Performance." Der Mann, der den Auftritt Michael van Gerwens im gestrigen Halbfinale gegen Landsmann Raymond van Barneveld mit diesen Worten beschreibt, ist: er selbst. In der Tat stellt sich nach der Halbfinalpartie die Frage, wer dem 27-jährigen Darts-Superstar derzeit das Wasser reichen kann. Eine letzte Chance, ihn zu stoppen, gibt es noch. Die hat Titelverteidiger Gary Anderson in der großen Finalschlacht am Abend im Alexandra Palace (ab 21 Uhr im Liveticker bei n-tv.de).

Mit einem Rekordschnitt von 114 Punkten pro Aufnahme degradierte van Gerwen seinen Landsmann Raymond van Barneveld zum besten Verlierer der WM-Geschichte. Denn der kam auf 109 Punkte im Schnitt.

Mit einem Rekordschnitt von 114 Punkten pro Aufnahme degradierte van Gerwen seinen Landsmann Raymond van Barneveld zum besten Verlierer der WM-Geschichte. Denn der kam auf 109 Punkte im Schnitt.

(Foto: dpa)

Doch ob das möglich ist? "Mighty Mike" warf im Halbfinale so phänomenal, dass sein Kontrahent van Barneveld selbst mit einem Drei-Wurf-Schnitt von 109 Punkten und einer herausragenden Checkout-Quote von 68 Prozent schlicht chancenlos war und sich am Oche demütig mit 2:6 geschlagen geben musste. Immerhin kann "Barney" sich mit einem Rekord trösten: Noch nie hat ein Spieler bei einer WM mit einem höheren Schnitt ein Spiel verloren.

Das Spiel geht aber auch vor allem deshalb als eines der besten – um nicht zu sagen, das beste – in die Geschichte der Darts-WM ein, weil Michael van Gerwen mit einem Drei-Wurf-Schnitt von 114,05 Punkten den 15-Jahre alten Rekord von Phil Taylor aus dem Jahr 2002 brach. "The Power" brillierte damals mit 111,2 Punkten pro Aufnahme und gewann am Ende den Titel. Kommentar dazu (wieder van Gerwen über van Gerwen): "Ich habe wirklich Klasse gezeigt und eine richtig gute Leistung. Ich habe einen 15 Jahre alten Rekord gebrochen, und das ist wirklich was Besonderes."

Der 27-Jährige strotzt vor dem Finale nur so vor Selbstbewusstsein. Er fühle sich, "als ob alles möglich sei", sagte er nach dem historischen Match. Es gebe nur ein Ziel, nämlich am Ende "die Trophäe in die Höhe zu heben". Angst vor dem Titelverteidiger? Hat er nicht. Wer zwischen den Zeilen liest, merkt, dass er sich dem "sehr guten Spieler Anderson" (O-Ton van Gerwen) derzeit eine Klasse überlegen fühlt. Für van Gerwen wäre es der zweite WM-Titel, seinen ersten gewann er 2014.

Anderson: "Ich bin bereit"

Gary Anderson präsentiert sich im Alexandra Palace wie ein echter Champion.

Gary Anderson präsentiert sich im Alexandra Palace wie ein echter Champion.

(Foto: imago/Action Plus)

Aber Angst kennt auch der "Flying Scotsman" Gary Anderson nicht, der 2015 und 2016 den Titel holte. Der Weltmeister zeigte in seinem Halbfinale ebenfalls eine phänomenale Leistung gegen seinen schottischen Landsmann Peter "Snakebite" Wright. Die nackten Zahlen zeigen jedoch, dass sich die Partie der beiden Schotten auf einem anderen Level abgespielt hat als die zwischen van Gerwen und van Barneveld. Die durchschnittlichen Punktzahlen pro drei Pfeile lagen mit 103.45 und 99.8 ziemlich genau zehn Punkte niedriger.

Anderson war trotzdem hochzufrieden. "Aus irgendeinem Grund fühle ich mich wohl hier", sagte er nach dem Match mit Blick auf die Darts-Bühne im Alexandra Palace. Seit 17 Spielen ist er dort ungeschlagen. Eines davon – das Halbfinale vor zwei Jahren – gewann der Schotte auch gegen seinen diesjährigen Finalkontrahenten van Gerwen.

Dass Anderson sich zutraut, den übermächtigen Niederländer zu stoppen, sagt er selbst: "Über das Jahr hinweg war Michael der beste Spieler. Und er wäre vielleicht auch derjenige, der es am meisten verdient, dieses Turnier zu gewinnen. Aber leider trifft er im Finale auf mich – und ich bin bereit für ein gutes Spiel."

Heißlaufen, wenn der Gegner Weltklasse spielt

Das dürfte eine bescheidene Untertreibung des "Flying Scotsman" sein. Denn er selbst wird am besten wissen, dass ein "gutes Spiel" nicht reichen wird, um den Titel gegen den bulligen Niederländer zu verteidigen und damit als erster Spieler nach Phil Taylor drei Mal in Folge die WM zu gewinnen. Und auf mehr als ein "gutes Spiel" dürfen auch die Fans hoffen, wenn der Weltranglistenerste auf den Weltranglistenzweiten und Titelverteidiger trifft – ein würdigeres Endspiel man sich nicht wünschen.

Auch wenn van Gerwen als klarer Favorit in die Partie geht – Anderson ist alles andere als chancenlos. Es ist kaum denkbar, dass der Niederländer seine Form noch steigert, und es wird für ihn auch eine enorme Herausforderung, das Niveau aus dem Halbfinale beizubehalten. Hinzu kommt, dass beide Kontrahenten eines gemeinsam haben: Sie laufen dann besonders heiß, wenn ihr Gegner sie unter Druck setzt. Die beiden Halbfinalpartien haben das eindrucksvoll bewiesen. Die beiden werden auf der Bühne im Duell also gleichermaßen zu Jägern und Gejagten.

Anderson muss konstant sein bestes Spiel ans Oche bringen und es dabei zugleich schaffen, van Gerwens Fehler zu bestrafen. Denn das ist die derzeit einzige Achillesferse von "Mighty Mike": Kommt der emotionale Niederländer etwa durch verpasste Chancen aus der Konzentration, zeigt er Schwächen. Die muss der Schotte eiskalt nutzen. Dass es seine Stärke ist, in solchen Situationen die Fassung zu bewahren, hat er oft genug bewiesen. Gerade auch die langen Spieldistanzen und das Satz-System kommen Gary Anderson da entgegen. Denn da können einige wenige, konzentriert gut gesetzte Darts zum Satzgewinn entscheidender sein, als wenn jedes einzelne Leg zählt.

Egal, wie das Finale am Ende ausgeht, zweifelsohne ist und bleibt van Gerwen der derzeit beste Darts-Spieler der Welt. Unschlagbar ist er nicht, und wenn ihn im Moment ein Mann schlagen kann, dann: Gary Anderson.

Quelle: ntv.de

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